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Magna Mater - Roman

Magna Mater - Roman

Titel: Magna Mater - Roman
Autoren: C. Bertelsmann
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ihren Bau schleppt, wo die gelähmten Larven dann bei lebendigem Leib von der ausschlüpfenden Brut zerfleischt werden.«
    »Warum befasst du dich mit solchen Grausamkeiten?«, wollte ich wissen, und Karras erklärte mir, dass man herausfinden wolle, wie die Natur arbeite. Im Fall der Mordwespe ginge es ihnen um die Konservierung von Lebensmitteln und um natürliche Methoden der örtlichen Betäubung.
    »Befasst ihr euch alle mit Insekten?«
    »Nein. Estragon arbeitet mit Fledermäusen und Rufus mit Schlangen. Sein Serum rettete Jakaranda vermutlich das Leben. Seitdem ist sein Anspruch auf den Jungen noch größer als zuvor.«
    »Was für ein Anspruch?«, wollte ich wissen und erfuhr, dass Jakaranda von Rufus entdeckt worden war, als der für ein Jahr der Magna Mater seine Stimme geliehen hatte. »Er war so vernarrt in den Jungen, dass er ihn nach Arkadia holte, um ihn stolz wie seinen eigenen Sohn vorzuführen. Er kann es nicht verkraften, dass ich Jakarandas Vater sein soll, ausgerechnet ich. Er hasst mich und natürlich auch dich. Er vertritt bei jeder sich bietenden Gelegenheit den Standpunkt: Frauen haben auf Arkadia nichts anderes zu suchen als den Tod.«

33. KAPITEL
    A m Abend sagte Estragon: »Die Skarabäen versammeln sich heute Nacht im Sanktuarium.« Er sagte das so, als wäre es die selbstverständlichste Sache von der Welt, dass ich mitzöge.
    Nach Sonnenuntergang liefen wir zu der Höhle, die ich schon kannte. Auf dem Weg durch die enge Schlucht wehte der Wind vom Meer so stark, dass er unsere Fackeln auslöschte. Auch ich war jetzt eingehüllt in eine Kutte, wie sie die Skarabäen bei kaltem Wetter tragen.
    In der Höhle türmten wir die Fackeln zum Scheiterhaufen. Eine Wolke von Fledermäusen flatterte aufgeregt davon. Abt Estragon warf Kienspan in die Flammen und rief: »Gott ist klein.«
    »Gott ist klein«, antworteten die Männer, und dann sangen sie mit ihren tiefen Stimmen. Unheimlich dröhnten die Bässe durch die dunkle Höhle.
    Ein lang gewachsener Mensch mit afrikanisch dunkler Haut erhob sich und begann die Andacht mit den Worten: »Wer Ohren hat zu hören, der höre! Nehmt zur Kenntnis, was ich bei meinen Experimenten in Erfahrung gebracht habe. Der Erreger der Taxoplasmose bewirkt, dass Mäuse fett und träge werden und alle Angst vor Katzen verlieren. Warum ist das so?«
    Er blickte sich fragend um, als erwartete er eine Antwort, und fuhr dann fort: »Weil die Maus, in deren Gehirn sich der Parasit festgesetzt hat, nur ein Zwischenwirt des Parasiten ist. Fortpflanzen kann sich der nur in der Katze. Um zu ihr zu gelangen, muss er dafür sorgen, dass die Maus von der Katze gefressen wird. Und genau das erreicht er damit.
    Darwin hatte unrecht. Nicht der Zufall, die Mikroben verändern und erschaffen neue Arten.
    Lernt im Kleinen das Große zu sehen!
    Die Scholastiker des christlichen Mittelalters haben ihre Welt nicht erfahren, sondern zerdacht. Mit pedantischem Eifer haben sie darüber gestritten, ob Adam und Eva einen Bauchnabel hatten und wie viele Engel auf einer Nadelspitze Platz finden.
    Aristoteles, den man bis zum Hochmittelalter für den größten Denker aller Zeiten hielt, lehrte, Männer hätten mehr Zähne als Frauen, Schwalben hätten keine Füße, und die Zugvögel würden sich bei Herbstbeginn im Schlamm vergraben.
    Nicht seine Fehlschlüsse sind besorgniserregend, schlimm ist, dass ihm jegliches Maß für Mitleid fehlt. Kriege sind gut zur Gewinnung von Sklaven, ohne die es keine höhere Kultur gibt. Das Leid der Menschen lässt ihn unberührt.
    René Descartes, ein anderer großer Denker, hielt die Körper der Menschen und Tiere für Automaten, die ausschließlich von physikalischen Gesetzen gesteuert würden und kein Gefühl oder Bewusstsein besäßen.
    Die Wissenschaftler der Atomzeit waren davon besessen, alle Dinge zu zerlegen und zu spalten bis hinab zum Atom und noch darüber hinaus. Selbst den Grundbaustein des Lebens, die Zelle, haben sie in Gene und Chromosomen zerschnibbelt. Vor lauter Sezieren sind ihnen die großen Zusammenhänge abhanden gekommen. Mit Hilfe von Elektronenmikroskopen konnten sie Viren betrachten, kleiner als die Wellen des Lichtes. Die göttliche Allmacht der Mikroben aber vermochten sie nicht zu erfassen.«
    »Gott ist klein«, tönten die Männerstimmen.
    »Das meiste Denken verläuft ohne unser Zutun. Mit der Beziehung zwischen Bewusstsein und Unbewusstsein verhält es sich wie bei einem Eisberg. Man sieht nur die Spitze. Bei schwierigen
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