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Magna Mater - Roman

Magna Mater - Roman

Titel: Magna Mater - Roman
Autoren: C. Bertelsmann
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dich. Denn du …« Es klang feierlich, als er es sagte, »… du warst dazu ausersehen, die zukünftige Magna Mater zu gebären. Du bist gebenedeit unter den Weibern.«
    Mein Kind trägt die goldene Maske!
    Wie kann das sein? Mein Sohn als höchste Autorität des Ordens? Nein, das kann nicht sein! Ist es auch nicht, denn die höchste Gewalt liegt nicht in den Händen der Magna Mater, sondern bei den Skarabäen. Ihr Großmeister ist nun der leibliche Vater der Magna Mater.
    Er ist der Allmächtige, der seinen Sohn zu den Menschen schickt, damit er ihnen in seinem Namen das Heil bringt. Mit mir als Mutter und dem kleinen Gott als heiligem Geist wäre die heilige Dreifaltigkeit fast perfekt.
    Es gibt Ereignisse, die zu unwirklich sind, um wahr zu sein, und gleichzeitig zu unwahrscheinlich, als dass man sie erfinden könnte.
    Karras musste sich verlieben, um ausgesetzt und von mir gefunden zu werden. Mir musste es gelingen, was noch keiner Ordensfrau gelungen war: ein Kind zu gebären, ein Kind von so unglaublicher Ausstrahlung, dass selbst die Delfine um sein Leben bangen und die Skarabäen ihn zu sich holen. Attea musste sich verweigern und zu mir flüchten, damit ich nach Arkadia gesandt wurde, um ein weiblicher Skarabäus zu werden.
    So eine Häufung von Zufällen gibt es nicht.
    Selbst das Meer schien im Wellenschlag innezuhalten. In dem dunklen Schlund des aufgesperrten Portals erstrahlte im ersten Licht der Sonne die goldene Maske. Ein Schrei aus tausend Kehlen stieg zum Himmel. Trommeln wurden geschlagen. Die Menge begann in die Hände zu klatschen, zu tanzen und zu singen. Unbeschreiblicher Jubel hatte die Menschen ergriffen. Seeland hatte eine neue Magna Mater.
    Ich stand oben auf der steinernen Treppe vor dem Portal und blickte auf die Maske, die jeder kennt und doch keiner kennt. Mir ist sie so vertraut, als wäre sie ein Teil von mir, denn sie ist ein Teil von mir, nicht die Maske, sondern der Mensch, der sie trägt.
    Es ist nicht die ehrfurchtsvolle Scheu, die alle anderen empfinden, sondern der Schauder vor dem Geheimnis aller Geheimnisse, vor dem Verrat. Die höchste Verkörperung unserer vernunftbedingten Ordnung ist in Wahrheit ein Rückfall in finstere Barbarei, Verrat an der reinen Vernunft.
    Mein Kind trägt die goldene Maske. »Mein Kind«, ein Begriff, den es in unserer Welt nicht gibt, nicht geben darf und niemals geben wird.
    Ich bin eine Schachfigur auf dem Brett des Schicksals. Ob Bauer oder König, die Züge erledigt ein anderer, und der sitzt nicht als großer Gott im Himmel, sondern als Virus in deiner Lunge oder als Schmarotzer in deinem Blut. Dort sorgt er dafür, dass du dir selbst dein Schicksal bereitest.
    Ob unser Herr an einem Kreuz hängt oder in einer Schafsleber, ist im Grunde gleichgültig, denn auch Golgatha und Mekka waren Gehirnmanipulationen. Wer das als ketzerisch empfindet, hat das Wesen der Schöpfung nicht begriffen, denn das Göttliche offenbart sich in allen Kreaturen, in einer kleinen Mikrobe wie in der Magna Mater, die ich geboren habe.
    Gott war gestern. Welch ein Aberwitz! Er war, ist und wird immer sein. Ob frei erfunden oder wissenschaftlich bewiesen, ändert nichts an seiner Allmacht.
    Ich bin wie eine Bernsteinschnecke, die von dem köstlichen Kot gekostet hat. Er hockt in meinem Hirn. Ich spüre seine Allmacht. Gott ist ein Parasit. Die himmlischen Heerscharen sind Schmarotzer. Wir aber sind ihr Nährboden, ihre Opfer.
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