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Magma

Magma

Titel: Magma
Autoren: Thomas Thiemeyer
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der
Shinkai
. Sie verteilten sich über das Glas auf einer Fläche von schätzungsweise zwei Quadratmetern.
    Ein Strom reiner blauer Energie strömte aus der Sphäre in seinen Körper und von dort ins Glas. Dort, wo die Flechten sich verteilt hatten, begann die durchsichtige Masse aufzuleuchten. Es gab einen zischenden Laut und einen Knall, dann war das Glas verschwunden. Buchstäblich im Bruchteil einer Sekunde hatte es sich aufgelöst. Weizmann, der in unmittelbarer Nähe gestanden hatte, wurde vom Unterdruck angesaugt, taumelte und kippte nach vorn. Ella wich ihm aus und ließ ihn der Länge nach zu Boden stürzen.
    »Raus mit euch, schnell«, keuchte Konrad. Die Anstrengung der Materieveränderung machte ihm sichtlich zu schaffen. »Ich kann das Tor nicht mehr länger aufhalten.
Rennt!«
    Ella packte Helène beim Arm und stürmte hinter die Barriere. Keine Sekunde zu früh, denn mit einem Heulen und Flackern erlosch der Energiestrom und spie die Glasmoleküle an ihren ursprünglichen Platz zurück.
    Konrad sackte in sich zusammen. Sein Gesicht war aschfahl. Er keuchte wie nach einem Hundertmeterlauf. Trotzdem schien er noch genug Energie zu haben, es mit Weizmann aufzunehmen. Mit dem Fuß trat er dem am Boden liegenden Mann die Pistole aus der Hand, dann packte er ihn und zog ihn auf die Füße. Der Radiologe schrie und strampelte, während er versuchte, sich Konrads eisenharter Umklammerung zu entwinden. Vergeblich.
    »Lassen Sie mich los!«, hörte Ella ihn kreischen. »Sie Monster, Sie Ausgeburt der Hölle. Sie werden mich nicht aufhalten!« Er versuchte, an die Steuerung in seiner Jackentasche zu kommen, doch der hagere Geologe hatte diese Bewegung vorausgesehen. Mit einer blitzschnellen Bewegung schlug er Weizmann den Sender aus der Hand. Das elektronische Gerät flog einige Meter durch die Luft, dann zersplitterte es auf dem harten Betonboden. Eine Zeitlang starrte Weizmann ungläubig auf den elektronischen Schrott zu seinen Füßen, dann gab er auf. Sein Widerstand erlahmte, sein Kampfeswille war gebrochen. Konrad schleifte den kleinen Mann an den Rand der Sphäre. Dann berührte er die riesige Kugel an einigen Punkten und trat zurück.
    Ella erschrak. Sie ahnte, was er vorhatte. Obwohl ihr dieser Mann immer noch fremd war, schien ein unsichtbares Band zwischen ihnen zu bestehen. Ein Band, das sie zumindest einen Teil seiner Gedanken erkennen ließ.
    »Konrad,
nein!«
    Der Kopf des Wissenschaftlers drehte sich in ihre Richtung. Auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck, den Ella bei ihm noch nie bemerkt hatte – tiefer Frieden.
    »Es ist schon in Ordnung so, Ella«, sagte er. Ein zaghaftes Lächeln umspielte seinen Mund. »Glaub mir, es ist der einzige Weg.«
    »Aber du musst das nicht tun«, sagte sie. »Bleib bei uns. Es gäbe so viel, was du uns beibringen könntest, so viel, was wir voneinander lernen könnten.
Bitte.«
Ihr Flehen konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie selbst nicht überzeugt war.
    »Das haben wir doch bereits.« Er berührte seine Lippen mit den Fingerspitzen. »Leb wohl, Ella. Und danke für alles.«
    Die Kugel leuchtete auf.
    Es gab einen blendenden Blitz, und ein Donnerschlag ließ den Boden unter ihren Füßen erzittern. Dann war es still.
    Nach einer Weile wagte Ella die Hände von den Augen zu nehmen. Was sie sah, erfüllte sie mit tiefer Trauer. Die Kugel hatte sich wieder geschlossen. In ein übernatürliches Licht getaucht, hing sie zwischen den Magnetfeldern, ein tiefes Summen von sich gebend.
    Ella ging langsam um den Glaszylinder herum. Bis auf den Sphäroiden war die Kammer leer. Von den beiden Männern fehlte jede Spur. Lediglich eine schwarze Brille lag auf dem Boden.
    Eine Brille mit zerbrochenem Glas.

[home]
    Teil  6 Ausklang
    55
    D er Bug des Schiffes neigte sich sanft nach vorn, dann hob er sich wieder, als die nächste Welle unter ihm hindurchglitt. Möwen stießen hinab auf das Wasser und stiegen wieder in die Höhe, die Luft mit ihren spitzen Schreien erfüllend. Vom Wind getragen, umrundeten sie die
Yokosuka
. Die Vögel sahen aus wie Schaumkronen, die über den Himmel glitten. Schaumkronen auf einem Meer aus Blau.
    Was für ein Panorama. Das wussten auch die Fernsehteams, die sich für diese Pressekonferenz versammelt hatten – nach über einem Monat.
    Ella hatte sich entschieden zu warten, bis wirklich verlässliche Messergebnisse vorlagen. Der Zeitpunkt war jetzt gekommen. Die Reporterin von CNN , eine gutaussehende Frau namens Sarah Connelly, wirkte
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