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Magma

Magma

Titel: Magma
Autoren: Thomas Thiemeyer
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vernichtende Beben würde alle Spuren verwischen.
    »Na los. Vorwärts jetzt! Ich habe nicht die ganze Nacht Zeit. Helène, du gehst voran.« Weizmann war an den Rand der Glaskammer getreten, mit der einen Hand die Waffe auf sie gerichtet und mit der anderen eine Zahlenkombination ins Panel eintippend.
    »Du mieser kleiner …«
    »Spar dir deine Vorträge.« Ein zischendes Geräusch ertönte, als das Unterdruckventil sich öffnete und einen Schwall Luft ansaugte. Ella konnte den Luftzug auf ihrer Haut spüren. Dann schwang die Tür auf.
    »Auf jetzt, oder soll ich euch zum Andenken noch eine Kugel verpassen? Macht, dass ihr da reinkommt.« Seine Augen hatten einen unnatürlichen Glanz. Seine Bewegungen waren hektisch und nervös. Ella schoss durch den Kopf, dass Weizmann höchstwahrscheinlich unter Drogeneinfluss stand. Vielleicht begann die Wirkung gerade nachzulassen, ein Zustand, der den Radiologen noch unberechenbarer machen würde. Sie zweifelte keine Sekunde daran, dass er seine Drohung wahrmachte, sollten sie nicht gehorchen.
    »Ich gehe voran«, sagte sie mit einem mulmigen Gefühl im Magen. »Wir werden tun, was Sie verlangen, nur nehmen Sie endlich die Pistole runter.«
    »Vorwärts«, sagte Weizmann ungeduldig. »Machen Sie schon!«
    Ella nahm ihren ganzen Mut zusammen und betrat die Kammer. Helène und Konrad folgten ihr. Das Gesicht der ehemals so stolzen und unnachgiebigen Frau war kreideweiß. Sie schien erst jetzt begriffen zu haben, dass dies alles nicht nur ein böser Traum war. Ihre Bewegungen wirkten matt, und ihr Kampfeswille schien erloschen. Konrad hingegen wirkte erstaunlich gefasst. Fast konnte man meinen, dass er sich mit seinem bevorstehenden Tod bereits abgefunden hatte. Mit einem schwer zu deutenden Ausdruck im Gesicht, die Augen zu Boden gerichtet, trat er ein und stellte sich neben sie. Die Tür schloss sich mit einem dumpfen Schlag hinter ihnen. Dann sprang die Unterdruckanlage an. Ella konnte spüren, wie die Luft abgesaugt wurde. Es knackte in ihren Ohren, und das Atmen fiel ihr merklich schwerer. Weizmann verriegelte die Tür und trat einen Schritt zurück. Er griff in die Seitentasche seines Overalls und holte eine elektronische Vorrichtung heraus. Sie sah aus wie eine Fernsteuerung. Unzweifelhaft der Auslöser.
    Konrad Martin packte Ella und Helène und flüsterte: »Egal was geschieht, bleiben Sie jetzt dicht bei mir.«
    »Was? Warum?«
    »Tun Sie einfach, was ich Ihnen sage.« Er trat ganz nahe ans Glas.
    Auf die Gegensprechanlage gerichtet sagte er: »Professor Weizmann, haben Sie sich nie gefragt, warum wir gerade Sie auserwählt haben, unseren Plan in die Tat umzusetzen?«
    Ein geheimnisvolles Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Ein Ausdruck, der bei ihm ebenso ungewohnt wie fremdartig wirkte.
    Weizmann blickte von seiner Fernsteuerung auf und runzelte die Stirn. »Was für einen Plan? Wovon reden Sie?«
    »Dem Plan, den Vorgang zu beschleunigen. Glauben Sie, Sibirien und Kalifornien wären Zufälle gewesen?«
    Der Radiologe ließ die Steuerung sinken. »Was heißt hier Plan? Wessen Plan? Das ist doch Unsinn, was Sie da erzählen.«
    »Die Umformung muss beschleunigt werden«, sagte Konrad mit einem Ausdruck tiefster Überzeugung. »Es gab eine Fehlkalkulation in unseren Berechnungen, die Leitfähigkeit der Erdoberfläche betreffend. Ihre mineralische Struktur leitet die seismischen Wellen sehr viel langsamer, als wir uns das vorgestellt haben. Als Folge davon mussten wir die Berechnungen anpassen, mit dem Ergebnis, dass die Sphären an einigen Stellen neu kalibriert werden müssen. Dies hier ist eine dieser Stellen.«
    In Weizmanns Augen flackerte Argwohn. Er steckte die Steuerung weg und trat näher. Seine Nasenspitze berührte jetzt beinahe das Glas. »Unsinn«, sagte er. »Sie versuchen mich reinzulegen. Das ist doch wieder nur einer Ihrer Tricks. Aber ich werde darauf nicht hereinfallen.«
    »Können Sie es sich leisten, dieses Risiko einzugehen?«
    »Ich kann mir jedes Risiko leisten!« Speicheltröpfchen flogen gegen die Scheibe. Auf dem Glas bildete sich eine Schicht Kondenswasser. »Falls Sie es noch nicht bemerkt haben, Mondari, aber ich sitze jetzt am längeren Hebel!«
    »Sind Sie da ganz sicher?« Konrad hob beide Arme. Die Bewegung erfolgte so schnell, dass Ella sie fast nicht mitbekam. Mit der einen Hand berührte Konrad die Oberfläche der Sphäre und mit der anderen das zentimeterdicke Panzerglas. Aus seinen Fingern schossen Flechten, genau wir damals auf
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