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Magma

Magma

Titel: Magma
Autoren: Thomas Thiemeyer
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in die Mitte des Raums.
    »Wie oft habe ich Ihnen schon gesagt, dass Sie mich nicht so nennen sollen.«
    »Ich …«
    »Überrascht, mich zu sehen?«
    »Das kann man wohl sagen.«
    Weizmann deutete auf die tropfende Flasche. »Sieht nach einer kleinen Feier aus. Darf ich den Anlass erfahren?«
    »Was tun Sie denn hier?« Colins Überraschung kannte keine Grenzen. Völlig entgeistert starrte er auf seinen Mentor. Er hatte bisher angenommen, ihn nie mehr wiederzusehen. »Wie sind Sie hier hereingekommen? Was wollen Sie? Wissen Sie nicht, dass alle Welt nach Ihnen sucht?«
    Elias Weizmann lächelte mild. »Nur keine Aufregung«, sagte er und griff nach der Flasche und nahm das Glas vom Tisch. Mit einer geübten Handbewegung schenkte er ein und reichte es Colin. »Solange Sie mich nicht verraten, sehe ich kein Problem. Ich werde nur kurz bleiben, so dass niemand etwas von meiner Anwesenheit erfährt.
Noch
nicht«, fügte er mit einem schwer zu deutenden Blick hinzu. »Es gibt nur noch eine Kleinigkeit zu erledigen, dann bin ich schon wieder weg. Etwas, bei dem ich Ihre Hilfe benötige.«
    Eine Kleinigkeit? Schwer vorstellbar, dass Weizmann sich deswegen einem solchen Risiko aussetzte. Colin warf ihm einen argwöhnischen Blick zu. Etwas lag in Weizmanns Stimme, was ihm nicht geheuer war. Etwas Kaltes, Böses.
    »Was wollen Sie von mir?«
    »Warum so unterkühlt, Colin? Sie haben keinen Grund, sich vor mir zu fürchten. Ich werde Ihnen nichts tun, im Gegenteil.« Weizmann ließ ein angedeutetes Lächeln aufblitzen und entblößte dabei seine Zähne. »Ich bin hier, um Sie zu beglückwünschen.«
    »Mich? Ich verstehe nicht …«
    »Mein Junge, stellen Sie Ihr Licht doch nicht so unter den Scheffel. Sie haben Großes vollbracht.« Er fing an, langsam auf und ab zu gehen. Sein Weg führte dabei hinter Colins Rücken vorbei. Der verspürte den unwiderstehlichen Drang aufzustehen, doch er zwang sich zur Ruhe. Möglicherweise war der Oberst bewaffnet.
    »Sie haben die Kugel geöffnet, schon vergessen?« Weizmann war von hinten an ihn herangetreten. Sein Mund befand sich nur wenige Zentimeter von Colins Ohr entfernt.
    »Ja, und …?«
    »Sie haben mir damit einen unschätzbaren Dienst erwiesen. Sie haben das fehlende Puzzleteil gefunden. Verraten Sie mir, wie Sie es angestellt haben.«
    »Das werde ich nicht tun. Ich
kann
es nicht. Die Information ist
top secret,
und Sie sind nicht mehr Angestellter dieses Instituts.«
    Weizmann zuckte zurück. Er wirkte, als habe er eine Ohrfeige erhalten. Der Ausdruck in seinem Gesicht hatte sich schlagartig geändert. Für einen Sekundenbruchteil konnte Colin in den Abgrund einer wutverzerrten Seele blicken, die von abgrundtiefem Hass getrieben wurde. Einer Seele, deren zerstörerische Kraft nur mühsam im Zaum gehalten werden konnte. Dann bekam der Professor sich wieder in den Griff. Ein gezwungenes Lächeln erschien auf seinem Gesicht, und er zuckte die Achseln. »Wie schade, dass Sie mir nicht vertrauen. Glauben Sie mir, wenn ich Ihnen versichere, dass sich alles zur gegebenen Zeit aufklären wird. Die ganze Angelegenheit beruht nur auf einem Missverständnis. Sobald mir die Mittel zur Verfügung stehen, werde ich es aus der Welt schaffen, glauben Sie mir. Bis es aber so weit ist, benötige ich Ihre Hilfe und Mitarbeit.« Seine Stimme bekam etwas Flehendes, als er sich vorbeugte und Colin zuflüsterte: »Sie haben erreicht, wozu ich nicht in der Lage war. Sie haben den Code geknackt und die Kugel geöffnet. Eine herausragende Leistung. Wir beide, Sie und ich, wir könnten diese verfluchten Dinger ein für allemal zerstören.
Von innen heraus
, verstehen Sie? Denn nur so geht es.« Er atmete schwer, als wäre das Sprechen eine gewaltige Anstrengung. »Was Sie entdeckt haben, ist der Schlüssel, auf den ich so lange gewartet habe«, fuhr er fort. »Schade, dass Sie ihn erst gefunden haben, als ich schon auf der Flucht war. Gemeinsam wäre es uns vielleicht gelungen, Helène umzustimmen.« Beim letzten Satz hatte Weizmann einen Anflug von Trauer in der Stimme. Colin bekam den Eindruck, dass hier wieder sein alter Freund sprach, der Mann, der ihn gefördert und dem er vertraut hatte. Er ließ sich jedoch nicht blenden, denn so schnell wie der Geist seines alten Mentors erschienen war, so rasch verschwand er auch wieder.
    »Nun, was geschehen ist, ist geschehen«, sagte Weizmann und richtete sich wieder auf. »Wir können das Rad nicht zurückdrehen. Entscheidend ist, dass wir sofort
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