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Magische Insel

Titel: Magische Insel
Autoren: L. E. Modesitt
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gekommen, der Armstuhl könnte dorthin gehören, wo ich aufgewachsen war.
    »Was immer du für das beste hältst.« So oder so – ich würde den Armstuhl eine ganze Zeit lang nicht brauchen.
    »Wir werden gut darauf aufpassen … pass du nur gut auf dich auf, damit du ihn wieder abholen kannst.«
    Wir standen einen Augenblick lang da und hatten einander alles und nichts zu sagen.
    Schließlich räusperte ich mich. »Ich bin kein Schreiner oder Schnitzer, Onkel, aber ich habe viel gelernt.«
    »Das hoffe ich, mein Junge. Ich hoffe, es hilft dir.«
    Ich ließ ihn stehen und holte mein Werkzeug, um es in die Truhe zu legen, die er dafür gemacht hatte.
    Tante Elisabet wartete mit zwei Paketen an der Küchentür.
    »Im größeren Paket sind Blätterteigtaschen, im anderen ist etwas Reiseproviant für dich.«
    Ich nahm den Tornister ab und verstaute den Proviant. Die Blätterteigtaschen schnürte ich oben darauf.
    Sie waren nicht schwer. Es war bewölkt, doch die Wolken bildeten einen Dunstschleier in der Höhe, so dass es nicht besonders warm war, aber auch nicht regnete. In diesem Frühsommer hätten die Bauern gern mehr Nässe gehabt, aber ich war froh, nicht bei Regen nach Nylan marschieren zu müssen. Ich hatte das unbestimmte Gefühl, dass ich noch oft genug bei schlechtem Wetter unterwegs sein würde.
    »Und die sind für dich.«
    Sie reichte mir auf einem Teller zwei riesige Teigtaschen. Die eine war mit Huhn, die andere mit Beeren gefüllt, deren Saft aus einem Ende heraustropfte.
    »Wenn du zum Abendessen zu Hause sein willst, musst du jetzt aber losgehen.«
    »Abendessen?«
    »Ich bin sicher, dein Vater wird etwas Besonderes auf den Tisch stellen.«
    Ich sagte nichts und fragte sie auch nicht, woher sie wusste, dass mein Vater ein besonderes Abendessen bereiten würde, denn sie kannte meine Gedanken ohnehin, und außerdem verschlang ich gerade die Blätterteigtasche mit dem Huhn. Bei der Eile, rechtzeitig nach Nylan zu gelangen, hatte ich gar nicht bemerkt, wie hungrig ich war. Wenn man die Gefahrenbrigade wählte, gehorchte man den Befehlen der Meister – auch ihrem Zeitplan.
    Nachdem ich das letzte Stück Huhn mit einem großen Schluck eiskalten Wassers hinuntergespült hatte, griff ich nach der Teigtasche mit den Beeren.
    »Du hast genug Zeit, Lerris, und brauchst nicht alles auf einmal in den Mund zu stecken.«
    Ich verzehrte die Tasche mit vier Bissen. Dann trank ich nochmals Wasser.
    »Hast du deinen Stab? Dein Onkel wollte, dass du den besten bekommst …«
    Ich hob den Wanderstab. »Scheint bereits ein Teil von mir zu sein.«
    Meine Tante lächelte nur. »Der Stab dürfte dir nützen, vor allem wenn du auf die Meister hörst und deinen Gefühlen folgst … deinen wahren Gefühlen.«
    »Ja, ja … jetzt muss ich los.«
    »Pass auf dich auf, Lerris.«
    Tante Elisabet erteilte mir keine besonderen Ratschläge, und das war gut so, da ich dafür nicht in Stimmung war.
    Als ich auf den präzise verlegten grauen Pflastersteinen der schmalen Straße davonging, spürte ich, dass meine Tante und mein Onkel jeden meiner Schritte verfolgten. Doch als ich mich umdrehte, sah ich niemanden, weder in der Tür noch an den Fenstern. Ansonsten würdigte ich Mattra keines weiteren Blickes, weder der Schenke, wo Koldar die Bretter von der Sägemühle verarbeitete, noch dem Marktplatz, wo ich meine Brotbrettchen verkauft und tatsächlich vier Kupferpfennige dafür eingenommen hatte.
    Die Straße – die makellos zusammengefügten Pflastersteine – war unter den Stiefelsohlen ebenso hart wie damals, als ich Mattra zum ersten Mal mit Sandalen betreten hatte.
    Ich kam lange vor dem Abendessen nach Hause – falls man Wandernicht noch so nennen konnte. Doch Tante Elisabet hatte recht gehabt. Ich roch die gebratene Ente schon, ehe ich den Weg betrat, der beinahe gleich gepflastert war wie der, der zu Onkel Sardits Haus führte. Mattra und Wandernicht unterschieden sich kaum. Es gab einige verschiedene Handwerksbetriebe, und Wandernicht hatte zwei Schenken und das Institut, wo mein Vater gelegentlich seine Philosophien mit anderen Hausbesitzern diskutierte oder – sehr selten – mit Meistern aus anderen Städten Recluces. Aber in Wandernicht ereignete sich nie etwas Außergewöhnliches. Zumindest soweit ich mich erinnerte.
    Meine Eltern saßen auf der breiten offenen Veranda an der Ostseite des Hauses, wo es im Sommer nachmittags immer kühl war. Die Steine der Treppenstufen waren leicht abgerundet, nicht so scharfkantig wie
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