Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Magische Insel

Titel: Magische Insel
Autoren: L. E. Modesitt
Vom Netzwerk:
niemand würde sie beantworten.
    »Wie geht’s Tamra?« Ich wechselte das Thema.
    »Frage sie selbst. Ich werde sie gleich heraufschicken.« Er lächelte. »Sie wird dich beschimpfen. Jedenfalls hat sie mir gesagt, dass sie das tun würde.«
    Ich ließ ihn gehen. Er würde keine meiner Fragen beantworten, auch nicht die, die ich nicht laut stellte. Also wartete ich.
    Und wartete.
    Und wartete. Dann erinnerte ich mich, dass Tamra nie pünktlich gewesen war.
    Klick. Das war die Tür. Tamra hatte auch noch nie angeklopft.
    Tamra trug wieder Dunkelgrau und ein leuchtendblaues Tuch. Als sie auf den Balkon trat, musterte sie mich mit den tiefblauen kalten Augen scharf. Ihr rotes Haar schimmerte im Sonnenlicht. Sie hatte es mit zwei Kämmen seitlich hochgesteckt.
    »Guten Morgen, Lerris.«
    »Guten Morgen, Tamra.«
    Ich trat vor. Aus Gewohnheit stellte ich mich weder zu nahe ans Geländer noch zu nahe an Tamra. Dann blickte ich auf Kyphrien hinab.
    Wir schwiegen eine Weile. Eine weiße Wolke schob sich vor die Sonne, so dass der Balkon kurz im Schatten lag, wo wir ein Fleckchen von Recluce errichtet hatten. Dieses Fleckchen musste über die schwarzen Mauern der Bruderschaft ausgedehnt werden, hinaus über die schwarzen Mauern Nylans und den Hohen Tempel.
    »Ich sollte dir danken.« Ihre Stimme war völlig ausdruckslos.
    »Nein, Justen verdient Dank.«
    Sie legte die Hand vor den Mund, blickte mich aber nicht an.
    »Wenn Justen mir nicht die Hinweise gegeben und mich gezwungen hätte, selbst die Antworten auf meine Fragen zu finden, wären weder du noch ich jetzt hier.« Mein Magen drehte sich leicht.
    »Glaubst du das wirklich? Oder spielst du nur wieder den armen kleinen Lerris?«
    Gute alte Tamra! Unwillkürlich musste ich grinsen. »Selbstverständlich, eher den armen kleinen Lerris. Aber erinnere dich. Ein klein bisschen hatte ich schon mit deiner Rettung zu tun.«
    »Erwartest du tatsächlich, dass ich dir zu Füßen falle und ewige Dankbarkeit schwöre? Um dein strahlendes Licht widerzuspiegeln?«
    Ich grinste noch immer. Jetzt klang sie wie die Tamra, die ich in Erinnerung hatte. »Nun … ewige Dankbarkeit wäre ganz schön.«
    »Du bist immer noch unmöglich.«
    »Nur manchmal. Während der übrigen Zeit strebe ich nach Vollkommenheit.«
    Tamra schwieg lange. »Ich meine es ernst. Ich werde dir nicht zu Füßen fallen«, sagte sie schließlich.
    »Das weiß ich. Am liebsten würdest du mich mit deinem Stab kräftig verdreschen.«
    »Kann ich nicht – und du hast deinen Stab zerbrochen.« Dann senkte sie ihre Stimme. »Wir würden zuviel streiten. Wenn wir das nicht täten, würde ich dich hassen, und wenn wir es täten, würdest du mich hassen.«
    Tamra hatte recht, aber das war eine der wenigen Antworten, die ich bereits herausgefunden hatte. Südlich von Kyphrien gab es Berge, nicht allzu weit entfernt, mit Wasser und Bäumen, sogar mit den richtigen Baumarten. »Du hast recht. Das war schon klar, als wir uns auf dem Schiff unterhielten. Ich war nur zu begriffsstutzig, und jetzt ist es wohl zu spät.«
    »Was wirst du tun?« Sie überging meine unausgesprochene wahre Frage.
    »Ich habe da eine Idee. Aber ich weiß nicht, ob die Sub-Kommandantin von Kyphros an einem schlichten Schreiner interessiert ist, der sich gelegentlich mit Ordnung befasst.«
    Diesmal war Tamra verblüfft.
    »Oder dass er auf einem Hügel ein Haus baut, das nicht zu weit entfernt ist, und wo sie ihrer Arbeit nachgeht.«
    Tamra stand mit offenem Mund da.
    »Oder dass ein Rotschopf, der mir wie eine Schwester ist, gelegentlich zu Besuch kommt.«
    Jetzt war Tamra in der Tat einen Augenblick lang sprachlos.
    »Du bist immer noch … unmöglich. Du glaubst tatsächlich …«
    »Nein, aber ich kann hoffen.«
    Als ich auf dem Nebenbalkon die Gestalt in grünem Leder, mit schwarzem Haar und schwarzen Augen sah, wandte ich Tamra den Rücken zu.
    »Du hattest Erfolg, wie ich hörte.« Die Musik war immer noch da, eingebunden in die Ordnung, die sie gefunden hatte.
    »Du ebenfalls, richtig?«
    Sie blickte über meine Schulter. »Wie geht es Tamra?«
    »Dank Justen ist sie boshaft wie immer.«
    »Mach ihm die Hölle heiß, Krystal!« rief Tamra und verließ meinen Balkon.
    »Sie scheint sich wirklich erholt zu haben.« Um Krystals Mundwinkel zuckte es. Wir standen über eine Armeslänge voneinander entfernt und schauten uns nur an.
    »Ja, sie hat sich erholt«, sagte ich und verfluchte mich, weil ich ständig um den heißen Brei
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher