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Magische Insel

Titel: Magische Insel
Autoren: L. E. Modesitt
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seiner Stimme entnahm. »Und wenn ihnen das nicht gelingt?«
    »Dann können sie mit der Ausbildung fortfahren oder in die Verbannung gehen.«
    Ich hatte das Gefühl, dass man ohne Erlaubnis der Meister nicht einfach Recluce verließ, um irgendeine Abenteuerfahrt anzutreten.
    Ehe ich weitere Fragen stellte, nahm ich erst einmal einen kräftigen Schluck und aß von den Blätterteigtaschen, die Vater in mundgerechte Stücke zerteilt hatte.
    Mutter aß ebenfalls zwei. Das war mehr, als sie für gewöhnlich vor dem Abendessen zu sich nahm.
    »Was sind eigentlich die Meister?« fragte ich, obwohl ich diese Frage bereits mehrere Dutzend Male an mehrere Dutzend Menschen gestellt hatte. Üblicherweise lautete die Antwort: »Die Meister sind die Meister, sie sind als Wächter über die Insel Recluce und das Reich der Ordnung bestellt.«
    Diesmal wechselten Vater und Mutter einen raschen Blick, ehe sie mich anschauten.
    »Die Antwort bedeutet wohl nicht ganz das, was sie bedeuten sollte …«
    »In anderen Worten: Ihr werdet es mir nicht sagen.«
    »Nein, ich werde es dir erklären, soweit ich dazu imstande bin. Aber ich bin nicht sicher, dass dir die Antwort gefällt oder dass du sie zu schätzen weißt.« Vater zog sich am Kinn, was er immer tat, wenn er nach den besten Worten suchte, um etwas Unangenehmes zu erklären.
    »Versuch es trotzdem.«
    Er überhörte meine Bemerkung. Seine Augen verschleierten sich, als blicke er in eine weit entfernte Welt.
    Ich nutzte die Gelegenheit und trank den Beerensaft aus.
    Meine Mutter schenkte mir nach. Vater hatte immer noch kein Wort gesagt.
    Schließlich räusperte er sich. »Hmmm … erinnerst du dich … Magister Kerwin … hat dir erzählt, dass die Meister zwischen Recluce und dem Chaos stehen, weil sie die Verteidiger der Ordnung sind.«
    Ich trommelte gegen mein Glas.
    »Hab Geduld … es ist schwierig …«
    Wie schwierig konnte es sein? Jeder hatte eine Rolle im Leben, auch die Meister. Entweder herrschten sie über Recluce oder nicht.
    »Vielleicht sollte ich zum Anfang zurückgehen. Das ist vielleicht leichter …«
    Ich schaffte es nur deshalb, nicht mit den Zähnen zu knirschen, weil ich erkannte, dass Vater mich nicht abwimmeln wollte. Trotzdem sah ich nicht ein, warum eine Erklärung, wer worüber herrschte, so schwierig war.
    »… fundamentaler Konflikt zwischen Ordnung und Chaos – oder einfacher ausgedrückt: zwischen Gut und Böse. Nein, das ist nicht ganz richtig, weil Ordnung und Chaos keine eigenständige moralische Komponente haben. Wichtiger ist die Tatsache, dass fast nie jemand, der sich dem Chaos verschrieben hat, auf der Seite des Guten bleiben kann, obgleich einige Komponenten der Ordnung für das Böse benutzt werden können und einige Komponenten des Chaos für das Gute. Wer sich dem Guten verschrieben hat, findet alles am Chaos abstoßend – außer bei ganz seltener und geringfügiger Benutzung. Dieser Unterschied ist wichtig, weil jemand, der sich der Ordnung – nicht dem Guten – verschrieben hat, auf die andere Seite geraten kann, obwohl alles nach Ordnung aussieht, was er tut …«
    In mir kämpfte die Neugier gegen die Langeweile – und verlor in Windeseile.
    »Nein … ich sehe, du bist jetzt schon gelangweilt, Lerris … diese Erklärung ist zu langatmig. Doch erinnere dich an den Anfang.«
    Meine Mutter schüttelte langsam den Kopf. Schließlich ergriff sie das Wort. »Betrachte es so, Lerris: Um Töpfer zu werden, braucht man Können. Ein Töpfer vermag mit seiner Fertigkeit Behälter herzustellen. Diese Behälter kann man für gute oder böse Zwecke benutzen. Die meisten werden für Zwecke benutzt, die weder richtig gut noch richtig böse sind. Und den meisten Menschen fällt es schwer, eine wirklich schöne Vase für böse Dinge zu benutzen. Genauso ist es viel leichter, eine chaotische oder unordentliche Kreation für das Böse zu benutzen.«
    Das ergab einen Sinn. »Und was hat das mit den Meistern zu tun?«
    »Das ist der schwierige Teil«, sagte mein Vater langsam. »Und vielleicht müssen wir das Gespräch beim Abendessen fortsetzen, weil die Ente beinahe fertig ist.«
    »Den Meistern obliegt die Verantwortung, dafür zu sorgen, dass die Dinge in Recluce so sind, wie sie zu sein scheinen. Sie müssen Selbsttäuschung ausrotten und für die Verteidigung gegen die Nachbarkönigreiche sorgen.«
    »Verteidigung? Magister Kerwin hat gesagt, Recluce hätte kein Heer und keine Flotte, nur die Bruderschaft der Meister.«
    »Du wirst
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