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Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit

Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit

Titel: Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit
Autoren: Bernd Perplies
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verschiedenen Staaten weltweit geheime Orden und Gesellschaften von Magiekundigen gebildet hatten – zum Teil gar mit dem Wissen und Segen der jeweiligen Obrigkeit. Außerdem hatten einzelne Streiter des Officiums, die sich besonders intensiv dem Studium magischer Phänomene verschrieben hatten, begonnen, Gaben zu entwickeln, die beunruhigend nach Magie aussahen.
    Um mit dieser neuen Situation angemessen umgehen zu können, hatte das Officium – eigenmächtig und ohne seine Vorgesetzten mit Einzelheiten zu belästigen – einen Paradigmenwechsel eingeläutet, mit dem weitreichende Reformen seines Aufgabenfelds einhergegangen waren. So hatte man entschieden, dass es bloß eine Möglichkeit gab, mit etwas umzugehen, das man nicht bezwingen konnte: Man musste versuchen, es zu beherrschen. Und so hatte das Officium, während es nach außen weiterhin seiner Arbeit als Bekämpfer der Magie nachgegangen war, im Verborgenen enorme Anstrengungen unternommen, nicht nur alle bekannten Magiervereinigungen zu unterwandern, sondern zugleich wenn schon nicht zum größten, so doch zum kundigsten und bestausgestatteten Orden des ganzen Erdballs aufzusteigen. Natürlich gab es in den Reihen der Streiter des Ewigen Lichts keine Magier. Stattdessen bezeichnete man jene, die sich veränderten – und gezielt verändert wurden – als Berührte, als beseelt vom Heiligen Geist.
    Was für eine Heuchelei , dachte Lionida spöttisch, während ihre Kutsche die Engelsbrücke verließ, ungehindert zwei Wachposten passierte und vom Portal der Engelsburg, einem finsteren Loch in der meterdicken Außenmauer, verschluckt wurde. Doch auch wenn sie die Versuche einiger Mitarbeiter des Officiums, ihren Umgang mit der Magie religiös zu verbrämen, innerlich belächelte, hätte sie die Aufgabe und Daseinsberechtigung der Magieabwehr selbst niemals infrage gestellt. Macht war ein gefährliches Spielzeug und gehörte in die Hände jener, die genügend moralisch gefestigt waren, sie verantwortungsvoll und zum Besten der Menschheit einzusetzen. Außerdem wurde Lionida – eine alleinstehende, unabhängige Frau mit gewissen Ansprüchen ans Leben – vom Officium für ihre Mitarbeit fürstlich bezahlt. Das war weiß Gott keine Selbstverständlichkeit, und sie empfand gegenüber Monsignore Donatello Castafiori, dem gegenwärtigen Leiter des Officiums, tiefe Dankbarkeit, dass er ihr in einer schwierigen Phase ihres Lebens eine helfende Hand geboten und im Folgenden ihre besonderen Begabungen stets höher gewichtet hatte als ihren in den Augen mancher Gottesmänner fragwürdigen Lebenswandel. Diese Güte belohnte sie ihm mit einer Treue, die sie sonst keinem Mann in ihrem Leben hatte zuteilwerden lassen. Sie würde tun, was Castafiori von ihr verlangte – dazu zählte auch, ihn aufzusuchen, wann immer er nach ihr rufen ließ.
    Die Kutsche fuhr eine breite, spiralförmig innerhalb der Mauern verlaufende Rampe hinauf in den Innenhof der Burg. Dort kam sie zum Stehen, und Pietro Araldo, der Lionida die ganze Fahrt über ein schweigender Begleiter gewesen war, erhob sich, um die Tür zu öffnen und ihr beim Aussteigen zu helfen. Es handelte sich um eine Geste der Höflichkeit, nicht der Notwendigkeit. Lionida mochte eine Frau sein, aber schwach oder hilfsbedürftig war sie deshalb keineswegs. In der Tat hätte es sie gewundert, wenn es innerhalb der Engelsburg auch nur einen Mann gegeben hätte, der ihr körperlich ebenbürtig gewesen wäre. Die Agenten ausgenommen , schränkte sie in nüchterner Selbsteinschätzung ein.
    Unter der Führung Araldos überquerte sie den Hof, doch statt sich dem Hauptgebäude zuzuwenden, das die Kommandantur der kleinen, hier stationierten Garnison beherbergte und auf dessen Dach die wehrhaft mit gezogenem Schwert wachende Bronzefigur des Erzengels Michael stand, wandte sich der Bote einem Nebentrakt zu, in den man durch ein Portal gelangte, auf dem das Wappen der Inquisition prangte.
    Offiziell gehörte dieser Trakt einer eher unbedeutenden und einzig aus historischen Gründen in der Engelsburg beheimateten Außenstelle der Kongregation der römischen und allgemeinen Inquisition. In Wahrheit dienten die bescheiden eingerichteten Kammern jedoch bloß als Fassade für die eigentlichen Räumlichkeiten des Officiums, die man über einen in die Tiefe der Engelsburg führenden Geheimgang erreichte. Außer den zehn Geistlichen der Kongregation, die alle auch für das Officium arbeiteten, kannten Lionidas Wissen nach nur der
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