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Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit

Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit

Titel: Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit
Autoren: Bernd Perplies
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Geste prostete sie Pietro zu. In ihren Augen glitzerte es wie in denen einer Katze, die mit einer Maus spielen will. »Dann erzählen Sie mal, Pietro, was Sie um diese späte Stunde zu mir geführt hat. Es wird wohl nicht die Sehnsucht gewesen sein, oder?« Wie beiläufig fuhren die Finger ihrer linken Hand über den Seidenstoff ihres Dekolletés. Um ihre Mundwinkel zuckte es.
    Pietro zwang sich, seine unbeteiligte Miene aufrechtzuerhalten. Es war ein Spiel, das sie schon seit Jahren spielten. Diodato wollte einfach nicht verstehen, dass es Gottesmänner gab, für die Zölibat und Askese mehr als nur scheinheilige Worte waren. Bislang hatte er ihren Verführungsversuchen immer widerstanden – auch wenn sie es ihm gelegentlich alles andere als leicht gemacht hatte.
    Am heutigen Abend wirkte ihr Tun eher wie eine Neckerei unter Freunden. Daher enthielt er sich einer tadelnden Antwort und schüttelte bloß den Kopf. »Ich bedaure, Signora. Ich bin gekommen, um Sie abzuholen. Der Monsignore möchte Sie sehen.«
    Diodato hob eine geschwungene Augenbraue. »Es ist reichlich spät für einen Ausflug in die Stadt.«
    »Es sind ungewöhnliche Umstände, die ihn dazu bewogen haben, nach Ihnen schicken zu lassen, obwohl der Abend schon fortgeschritten ist«, erklärte Pietro.
    Ihrem Blick nach zu urteilen, erwartete sie eine etwas ausführlichere Erklärung.
    »Er hat mich selbstverständlich nicht in Einzelheiten eingeweiht. Ich bin lediglich ein Werkzeug der Kongregation. Aber er ließ durchblicken, dass es zu einer besorgniserregenden Verschiebung der Machtverhältnisse in England gekommen sein soll.«
    Gedankenvoll nippte Diodato an ihrem Wein. »Was Sie nicht sagen …«, murmelte sie. »Ist es möglich, dass Dunholm vom Thron gestürzt wurde?«
    Sie hatte die Frage nicht an ihn gerichtet, daher enthielt sich Pietro einer Antwort.
    Einen Augenblick lang herrschte Schweigen zwischen ihnen.
    »Also gut«, sagte Diodato. Sie nahm noch einen Schluck Wein, stellte das Glas anschließend neben sich auf den Tisch und stand auf. »Ich ziehe mich rasch um und komme dann zur Kutsche. Finden wir heraus, was ich für die Magieabwehr seiner Heiligkeit tun kann.«
    Trutzig erhob sich der steinerne Koloss der Engelsburg am Ende der Engelsbrücke, die Rom über den Tiber hinweg mit dem Vatikan verband. Vor fast zweitausend Jahren als Mausoleum des Kaisers Hadrian errichtet, war die Burg im Laufe der Jahrhunderte immer weiter zur Festung ausgebaut worden und hatte zwischenzeitlich sowohl als Zuflucht wie auch als Gefängnis der Päpste gedient. Vor knapp dreißig Jahren war sie dem italienischen Staat überantwortet worden, der sie ebenfalls als Militärstützpunkt und Gefängnis genutzt hatte. Im Augenblick mehrten sich unterdessen die Bestrebungen, die Feste der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und Teile ihres Inneren in ein Museum zu verwandeln.
    Kaum jemand wusste, dass die Engelsburg bereits seit mehr als vierhundert Jahren zugleich einem weiteren, weitaus geheimeren Zweck diente. 1484 war – zunächst als Teil der päpstlichen Inquisition – unter der Ägide Papst Innozenz VIII . eine besondere Einrichtung ins Leben gerufen worden, das Officium contra Magiae , allgemein auch als Magieabwehr bezeichnet. Der bedeutende Unterschied zur gewöhnlichen Inquisition lag darin, dass der ausgewählte Zirkel der Mitarbeiter dieses Officiums sehr wohl wusste, dass es tatsächlich Dinge zwischen Himmel und Erde gab, die gefährlicher waren als junge, allzu widerspenstige Frauen und alte Kräuterweiblein, denen man aus unterschiedlichsten Gründen – meist Missgunst oder Verfolgungswahn – einen Pakt mit dem Teufel andichtete.
    Während sich in den ersten, radikalen Jahrzehnten die Aufgabe der Magieabwehr, ihrem Namen entsprechend, vor allem darin erschöpft hatte, echte Hexen und Zauberer aus dem Weg zu räumen, um diesen als widernatürlich empfundenen Makel vom Angesicht der Erde Gottes zu tilgen, war das Interesse der Streiter des Ewigen Lichts, wie die Mitarbeiter des Officiums sich mitunter selbst nannten, an diesem außergewöhnlichen Phänomen mit der Zeit immer größer geworden.
    In den letzten zwei Jahrhunderten hatte sich das Officium schließlich nicht nur von der gewöhnlichen Inquisition gelöst, sondern auch die Verfolgung magischer Phänomene durch das Studium selbiger ergänzt. Denn man hatte erkannt, dass es einerseits unmöglich sein würde, die Magie als Ganzes zu besiegen, und dass sich andererseits bereits in
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