Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit

Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit

Titel: Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit
Autoren: Bernd Perplies
Vom Netzwerk:
Falten in seine hohe Stirn gegraben, doch in seinen Augen lag eine unerschütterliche Entschlossenheit, die Lionida immer wieder inspirierte, nicht weniger als ihr Bestes zu geben, wenn sie für diesen Mann arbeitete.
    »Lionida, treten Sie näher. Es ist schön, Sie mal wieder zu sehen.« Lächelnd umrundete Castafiori den Schreibtisch und hielt ihr die Rechte mit dem Siegelring seines Amtes hin.
    »Die Freude ist ganz meinerseits, Exzellenz«, sagte Lionida, machte einen Knicks und küsste den Ring. Es war eine der wenigen Gesten der Unterwerfung, bei der sie keinen inneren Widerwillen verspürte.
    »Benötigt Ihr meine Dienste noch?«, fragte Araldo von der Tür her.
    »Nein, vielen Dank, Signore Araldo«, erwiderte Castafiori.
    Lionidas Führer nickte und zog sich zurück, wobei er die Tür hinter sich wieder schloss.
    Lionida faltete die Hände vor dem Körper. »Also, was führt mich zu Euch?«, wollte sie wissen.
    Das Lächeln auf Castafioris Miene verschwand. »In den letzten Tagen wurde die magische Sphäre auf bisher nicht da gewesene Weise erschüttert«, sagte er ernst.
    Lionida neigte in gelinder Verwunderung den Kopf. »Ich nehme nicht an, dass Ihr von dem Machtwechsel sprecht, zu dem es innerhalb des Order of the Silver Circle kam.«
    »Araldo hat Ihnen schon davon erzählt?«, fragte Castafiori.
    »Was er eben darüber wusste«, erwiderte Lionida mit einem Schulterzucken. »Es war nicht viel.«
    »Viel wissen wir leider auch nicht. Aber das wenige ist erschreckend genug.« Der Leiter der Magierabwehr verschränkte die Hände hinter dem Rücken und begann langsam im Raum auf und ab zu gehen. »Vor nicht einmal zwei Stunden kam es, wie Sie selbst sagten, zu einem Machtwechsel. Lordmagier Victor Mordred Wellington hat die Macht an sich gerissen und die alte Führungsriege, sofern sie nicht ohnehin bereits zu seinen Mitverschwörern zählte, eingesperrt. Zuvor hat es bereits mehrere Tote gegeben. Unter anderen wurde der ehemalige Erste Lordmagier Albert Dunholm ermordet, und auch sein Stellvertreter Lord Cheltenham ist tot.«
    Diese Eröffnung veranlasste Lionida, die Augenbrauen zu heben. Dabei erstaunte sie weniger die Schnelligkeit, mit der die Neuigkeiten die Entfernung von London bis nach Rom überbrückt hatten – das O.C.M. war bereits seit einem halben Jahr dabei, seine Spione durch ein magisch verstärktes, drahtloses Telegrafienetz zu verbinden, dessen Grundkonzept es vor zwei Jahren von einem italienischen Wissenschaftler namens Marconi erworben hatte. Doch das Gesagte selbst gab durchaus Anlass zur Verwunderung – und zur Sorge. »Das klingt alles ungewöhnlich radikal für unsere englischen Nachbarn. Ich hielt den Orden bislang eher für eine Teerunde alter Herren.«
    Castafiori warf ihr einen bedeutungsvollen Blick zu. »Offensichtlich hat sich das in jüngster Zeit geändert. Über gewisse Spannungen waren wir schon eine ganze Weile im Bilde. Aber dass sich die Dinge dermaßen überschlagen könnten … Damit hat wohl niemand gerechnet. Und es kommt noch schlimmer.«
    »Inwiefern?«
    Schweigend ging Castafiori zu der aufgeschlagenen Bibel hinüber, senkte den Blick und legte eine Hand auf den Einband. »Und ich sah ein Tier aus dem Meer steigen, das hatte zehn Hörner und sieben Häupter und auf seinen Hörnern zehn Kronen und auf seinen Häuptern lästerliche Namen …«, las er vor. Er hob den Kopf und sah Lionida an. In seinen Augen flackerte ein dumpfes Grauen, das sie noch nie zuvor so bei ihm gesehen hatte, während er auswendig fortfuhr: »Und es wurde ihm ein Maul gegeben, zu reden große Dinge und Lästerungen, und ihm wurde Macht gegeben, es zu tun zweiundvierzig Monate lang. Und es tat sein Maul auf zur Lästerung gegen Gott, zu lästern seinen Namen und sein Haus und die im Himmel wohnen. Und ihm wurde Macht gegeben, zu kämpfen mit den Heiligen und sie zu überwinden; und ihm wurde Macht gegeben über alle Stämme und Völker und Sprachen und Nationen. Und alle, die auf Erden wohnen, beten es an …«
    »Die Offenbarung des Johannes«, murmelte Lionida verwirrt. »Was wollt Ihr mir damit sagen?«
    »Den Berichten unseres Spions zufolge hat Wellington das Tier aus dem Meer gerufen, und wenn wir nicht eingreifen, wird es die Welt verschlingen.«
    »Ich verstehe nicht.« Sie glaubte nicht, dass Castafiori von einem Seeungeheuer sprach.
    Ihr Gegenüber nahm die Hand von der Bibel und legte sie wieder hinter den Rücken. »Wir haben erfahren, dass Lordmagier Wellington mitten im
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher