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Magical

Magical

Titel: Magical
Autoren: Alex Flinn
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nicht so recht.«
    »Warst du das?«
    »Natürlich nicht, du Dummkopf.« Ich lachte gezwungen. Es war besser für ihn, wenn er nichts davon wusste.
    »Du hast das gemacht«, beharrte Charlie. »Du hast mit dem Löffel gesprochen und er hat aufgehört. »Wie hast du …?«
    »Hab ich gar nicht.«
    »Hast du wohl.«
    »Hör auf, das zu sagen.«
    »Kannst du uns auch losbinden?«
    Ich schüttelte wieder den Kopf. Dann bebte mein ganzer Körper – nicht nur vor Hunger und Angst, sondern ob der Ungeheuerlichkeit dessen, was ich getan hatte. Charlies Heilung hätte noch ein Zufall sein können. Das hier nicht. Ich hatte Magie heraufbeschworen, und sie war gekommen. Ich war eine Hexe.
    Aber war es das, was Hexen taten? Kinder fangen? Lebkuchen aus ihnen backen? Wenn es so war, wollte ich keine sein. Lebkuchenduft stieg mir in die Nase und bereitete mir Übelkeit. Ich wusste, sollte ich überleben, würde ich niemals davon essen, würde ich nie mehr Magie einsetzen. Charlie zu retten war genug. Aber hatte ich überhaupt eine Wahl? Ich war mir nicht sicher.
    Vielleicht konnten Hexen ihre Kräfte auch nur zum Guten einsetzen, um denjenigen zu helfen, die es nötig hatten, und um Übeltäter zu bestrafen. Diese Art von Hexe wollte ich sein. Ich schwor, dass ich diese Art von Hexe sein würde, wenn Charlie und ich überlebten.
    Doch alles, was ich bisher über Hexen gehört hatte, war, dass sie böse waren, dass sie die Töchter Satans, die Dirnen des Teufels waren. So wollte ich nicht sein.
    »Kannst du uns jetzt losbinden oder nicht?«
    Ich wollte keine böse Hexe sein. Aber ich wollte Charlie befreien. Was für eine Wahl hatte ich?
    Keine. Ich hielt den Kopf so starr ich konnte und flüsterte: »Ja, ja, mein Lieber. Aber erst heute Nacht, wenn sie uns nicht hören kann. Jetzt sollten wir lieber still sein, für alle Fälle.«
    »Ich will nach Hause!« Seine Stimme zitterte, als würde er sich anstrengen, nicht zu weinen.
    »Ich weiß, ich weiß.« Mir wurde ganz kalt ums Herz, als ich mich an den trostlosen Ort erinnerte, der unser Zuhause zuletzt gewesen war. »Bald. Aber jetzt sei ein guter Junge. Heute Nacht werden wir fliehen.«
    »Kendra!« Er machte eine Kopfbewegung zu den verwaisten Löffeln und Schüsseln hin. Ich würde sie irgendwie leer bekommen müssen, bevor die Hexe sie sah.
    »Ich weiß. Lass uns ein Spiel spielen. Das, bei dem wir herausfinden, wer am längsten schweigen kann. Da gewinnst du doch immer.«
    Das stimmte nicht, aber ich konnte es ja mal versuchen.
    Er sah sich kurz um und sagte dann: »Na schön. Los!«
    Wir waren still, sehr still, aber meine Gedanken waren nicht so einfach zum Verstummen zu bringen. Mein Blick wanderte auf der Suche nach einer Fluchtmöglichkeit durch den Raum. Die einzigen Fenster waren die aus gesponnenem Zucker, die wir von draußen gesehen hatten, aber sie waren ziemlich nah an der Decke. Immerhin waren die Wände aus Lebkuchen. Wir konnten uns hindurchknabbern.
    Das Schwierige war, dass das Zimmer abgesehen von den Löffeln und den Schüsseln leer war. Die Hexe hatte uns wenig Mittel zur Flucht dagelassen. Vielleicht konnte man die Löffel zum Graben verwenden, wenn es mir gelang, einen davon zu verstecken. Ich konzentrierte mich auf die Schüsseln und fragte mich, ob ich wohl auch ohne Worte einen Zauberspruch zustande bekäme, wenn ich ausreichend Geduld bewies. Ich erinnerte mich an nichts von dem, was ich gesagt hatte, als ich William entkommen war. Ich würde es versuchen. Ich lauschte auf Schritte. Da waren keine. Ohne direkte Gefahr fühlte sich der spinnennetzartige Kokon beinahe sicher an – wie eine Decke oder die Arme meiner Mutter.
    Mutter.
    Wäre sie böse, wenn sie wüsste, dass ich jetzt eine Hexe war, oder wäre sie dankbar, weil ich Charles gerettet hatte?
    Sie hätte Angst, so wie ich.
    Allmählich gewöhnte ich mich an den Lebkuchengeruch. Ich beobachtete, wie sich das Licht änderte, und warf Charlie jedes Mal, wenn er es wagen wollte zu sprechen, einen strengen Blick zu. Ich musste mich konzentrieren.
    Schließlich blendete ich sein Quengeln aus und starrte die Schüssel an. Die bedeutungslosen Worte, die ich zuvor gesprochen hatte, konnte ich eher spüren, als dass ich sie dachte. Nach einigen Sekunden, die mir endlos vorkamen, verschwamm mir die Sicht, dann wurde alles schwarz. Das Zimmer schien irgendwie zu kippen, und ich schloss die Augen, damit mir nicht schlecht wurde. Aber dadurch wurde es nur schlimmer, weil sich der Raum zu drehen schien.
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