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Magic Girls 01 - Der verhängnisvolle Fluch

Titel: Magic Girls 01 - Der verhängnisvolle Fluch
Autoren: Marliese Arold
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fühlen wie vor der Verwandlung oder war er ganz und gar Tier geworden? Elena schluckte.
    Sie strich mit dem Zeigefinger über seinen Rücken, ganz sanft. »Iss, Papa«, murmelte sie. »Das sind saftige Löwenzahnblätter. Ich habe sie extra für dich gepflückt, obwohl es draußen noch immer regnet.«
    Wieder zeigte der Leguan keinerlei Reaktion. Elena seufzte. Ihre Brust schnürte sich zusammen. Vor ein paar Monaten hatte sie alles mit ihrem Vater besprechen können, er hatte ihr bei den Hausaufgaben geholfen und ihr versprochen, sie bald in die Geheimnisse der höheren Zauberei einzuweihen. Und jetzt? Jetzt lag er stundenlang reglos in diesem Glaskasten und starrte stumm vor sich hin. Nur manchmal, wenn er gut drauf war und draußen die Sonne schien, schob er sich dichter an die Glasscheibe und nickte heftig mit dem Kopf. Elena nickte dann zurück, und so kam eine Art Unterhaltung zustande – auch wenn Elena nie verstand, worüber sie eigentlich redeten.

    Es war so traurig!
    Elena schloss den Deckel des Terrariums und ging ins Bad, um sich die Hände zu waschen.
    Die Wasserspülung der Toilette war kaputt und der Kunststoffkasten an der Wand rauschte genauso wie der Regen draußen. Das Bad besaß kein Fenster, die Fliesen hatten die Farbe eines Kanaldeckels – schwarzgrau.
    Elena betrachtete sich im Spiegel: rote Locken, blassgrüne, wache Augen, eine kleine Nase und unzählige Sommersprossen, die immer noch deutlich zu sehen waren, obwohl es hier doch kaum Sonne gab. Sah so die Tochter eines Verbrechers aus? Eines Hexers, der sich auf die falsche Seite der Magie geschlagen hatte?
    »Nein, so was macht Papa nicht«, murmelte Elena und schüttelte den Kopf. Alles musste ein riesiger Irrtum sein!
    Gerade, als sie wieder ins Wohnzimmer zurückging, klatschte etwas gegen die große Fensterscheibe. Elena zuckte erschrocken zusammen. Dann öffnete sie vorsichtig die Terrassentür.
    Eine weiße Taube hockte etwas benommen auf dem Fußabstreifer und ließ die Flügel hängen. Elena sah noch, wie in der Luft ein großer grauer Raubvogel davonschoss. In den roten Augen der Taube stand deutlich die Angst.
    »Du Arme«, sagte Elena und bückte sich, um die Taube in die Hand zu nehmen und nachzusehen, ob sie verletzt war.
    Doch da schüttelte sich die Taube, ihre Umrisse verschwammen, die Federn zerflossen zu einem wirbelnden Ball. Gleich darauf erschien vor Elena ein etwa gleichaltriges Mädchen.
    »Miranda!«
    »Wegen des Habichts hätte ich mir fast das Genick gebrochen!«, stieß Miranda Leuwen aus und rieb sich den Nacken. »Er hat mich auf dem letzten Stück verfolgt. Es hätte nicht viel gefehlt und er hätte mich erwischt. – Verdammte
Outsider!
Wenn hier auch Kannibalen leben, dann besuche ich dich nie mehr!«
    »Vielleicht war es ja ein echter Habicht«, meinte Elena und schaute zum wolkenverhangenen Himmel, aber der Vogel war nicht mehr zu sehen. Dann wandte sie sich wieder ihrer Freundin zu. »Warum bist du denn als Taube hergeflogen?«
    »Ich wollte üben«, antwortete Miranda. »Wir hatten nämlich gestern zum ersten Mal
Metamorphose.
«
    Elena seufzte.
Metamorphose.
Die Verwandlung in ein Tier. Das war höhere Zauberei, von der sie ausgeschlossen war.
    »Jetzt sei doch nicht gleich neidisch«, sagte Miranda. »Es ist total schwer. Und du siehst ja, was fast passiert wäre.« Sie bewegte ihre Arme und verzog das Gesicht. »Wahrscheinlich habe ich morgen einen schrecklichen Muskelkater vom Fliegen.«
    »Ich bin aber neidisch«, meinte Elena. »Du kannst dir nicht vorstellen, wie schlimm es für mich ist, dass ich bei
Metamorphose
nicht mitmachen darf. Und bei vielen anderen Fächern auch nicht. Und ich verabscheue dieses Haus, diese miese Wohngegend und überhaupt alles, was sich verändert hat, seit Papa …« Sie beendete den Satz nicht.
    Miranda legte tröstend den Arm um Elena. »Ich kann dich wirklich gut verstehen. Und ich würde dir so gerne helfen, glaub mir.«
    Die beiden Mädchen betraten das Wohnzimmer und Elena schloss die Terrassentür. Miranda trat gleich auf das Terrarium zu und pochte mit ihrem Fingerknöchel an die Scheibe. »Hallo, Herr Bredov, ich bin’s, Miranda. Wie geht’s Ihnen?«
    Aber der Leguan hatte nur Interesse für seine Löwenzahnblätter.
    »Ach, lass doch«, sagte Elena müde. »Es hat keinen Sinn, Papa versteht sowieso kein Wort.«
    »Das kann man nicht wissen«, widersprach Miranda. »Als Taube kann ich zwar fliegen, aber ich bin trotzdem noch Miranda und ich fühle wie
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