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Magdalenas Garten

Titel: Magdalenas Garten
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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Foto keinen Anhaltspunkt gegeben, sie hatte irgendwo mit ihrer Suche anfangen müssen. Ob im Norden oder im Süden, ganz egal. Die Restaurants interessierten sie, besonders die Beschaffenheit der Wände, beim Anblick von rot-weiß karierten Tischdecken wurden ihre Hände feucht. Das Land war voll davon. Was sie auf den hastigen Städtetouren nicht mitbekam, holte Magdalena sich aus ihren Reiseführern, die sie verschlang wie andere Leute Krimis. Geschichtliche Jahreszahlen, Ortsnamen, Sehenswürdigkeiten und Rubriken wie Kultur & Kulinarisches blieben ohne Anstrengung in ihrem Gehirn haften.
    Â»Diese Touren eben, ach, ihr wisst ja.« Magdalena biss die Zähne zusammen, schon wieder war ihr nach Weinen zumute, anscheinend war sie völlig durcheinander.
    Â»Also ganz ruhig, piano, piano «, beschwichtigte Nina sie. »Warum bleibst du nicht bis morgen, wir suchen in Ruhe noch mal den ganzen Urwald hier ab, und dann fährst du deiner Gruppe hinterher. Was ist das überhaupt für ein G’schäft, und wo sind die denn jetzt? Warten die nicht schon auf dich?«
    Â»Die Firma heißt Treva-Touristik, der Busfahrer Stefan Glink, er macht immer Witze, um die Gruppe bei Laune zu halten.«
    Â»Treva-Touristik, Busfahrer, Stefan Glink«, wiederholte Nina, als ob sie herausfinden wollte, welche Sprache Magdalena spräche. »Na, der macht sich doch bestimmt fürchterliche Sorgen, dass du nicht kommst. Los, telefonier ihn an!« Wieder hielt sie ihr das Handy vor das Gesicht. Aber Magdalena schüttelte den Kopf und wischte sich ihre Nase mit dem Handrücken ab. Das Taschentuch von Nina hatte sie irgendwo im Krankenhaus verloren.
    Â»Soll der sich doch Sorgen machen, der hat mich vergessen, ist einfach ohne mich weggefahren!«
    Matteo sah sie an und nickte, als ob er Stefan gut verstehen könnte.
    Â»Vielleicht, weil ich ein paar Minuten zu spät war. Ich … ich habe nach jemandem gesucht.«
    Â»Aber was machen die jetzt ohne dich, als Reiseleiterin?«
    Â»Ich bin keine Reiseleiterin«, wehrte Magdalena ab, »ich fahre nur im Bus mit, zähle zehnmal am Tag die Gäste durch, damit wir keinen verlieren, koche Kaffee, schmiere Brötchen und mache Gulaschsuppe in der Mikrowelle warm.«
    Auf dem Tagesausflug nach Elba hatte sie außerdem die Tickets für die Überfahrt im Hafenbüro in Piombino kaufen und die Gruppe durch die große Verladeluke auf die Fähre führen müssen, wo sie aufgescheucht umherirrte, bis jeder ein Plätzchen auf dem Sonnendeck gefunden hatte. Am Hafen von Portoferraio hatte dann die deutsche Reiseleiterin auf sie gewartet. Eine braun gebrannte Susanne, die jeden zweiten Satz mit »ja, meine lieben Herrschaften, sehen Sie mal genau hin« begann. Auch bei Panoramafahrten durch das Tiroler Land oder an der sizilianischen Küste entlang kamen Reiseleiterinnen an Bord. Sie saßen vorne beim Busfahrer auf dem drehbaren Beifahrersitz
mit dem Mikrofon in der Hand und trugen den Gästen im oberen Stock die Geschichte des Landes vor. »Stefan hat ja Resi an Bord, die Neue, die ich gerade einarbeite. Die kann schon alles, was sie als Bord-Stewardess können muss.«
    Resi war mindestens zwanzig Jahre älter als sie und hatte vorher in einem Café gearbeitet. Bereits beim Beladen des Busses hatte sie die kleinen Mineralwasserflaschen geschickt einsortiert (mit Kohlensäure, ohne Kohlensäure, gekühlt, ungekühlt) und die Schränke und Hohlräume unter den Bänken vorher ganz ohne Aufforderung mit einem feuchten Lappen ausgewischt. Sie plauderte gern mit den Gästen, kannte schon bald einige Vornamen und hatte sogar einen selbst gebackenen Käsekuchen dabei, der am ersten Tag der Fahrt schon kurz hinter Düsseldorf für 1,20 Euro pro Stück verkauft war. Sie hatten sich mit einem kleinen Augenverdreher zugelächelt, als Stefan mit seinem Spruch »oben reisen, unten speisen« auf den ersten Metern der Autobahn kurz hinter Rheine die Vorzüge des Bordbistro-Busses anpries. Resi würde Stefan nicht hängen lassen.
    Â»Bord-Stewardess! So nennt man euch?«, fragte Nina und ließ sich das Wort noch einmal auf der Zunge zergehen. Bei ihr klang es lustig, wie alles, was sie sagte.
    Â»Und dazu die schönen Uniformen … wie eine Schaffnerin schaust du darin aus, leider ist nur noch die Hälfte erhalten.«
    Magdalena nestelte an ihrer blau-rot gestreiften
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