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Magdalenas Garten

Titel: Magdalenas Garten
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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tief Luft, als sie ihre eigene Ansage auf dem Anrufbeantworter hörte, »Guten Tag, wir sind im Moment nicht zu Hause …« Mensch, Rudolf, wollte sie am liebsten schreien, du musst doch von Elba gewusst haben, du musst gewusst haben, dass es hier passiert ist. Warum hast du nie etwas gesagt, wenn ich dich danach gefragt habe? Doch ihr fehlten mit einem Mal die Worte, und sie stotterte nur etwas von ihrem verlorenen Handy, der verpassten Fähre und dem Plan, am nächsten Tag dem Bus mit dem Zug hinterherzufahren. »Morgen früh rufe ich dich an, und am Sonntagabend bin ich ja schon wieder zu Hause. Bis dann.« Sie legte auf. Wunderbar, sie hatte es wieder einmal geschafft, Italien aus ihrem Telefonat auszuklammern - keine Ortsnamen, keine italienischen Begriffe, sie befand sich in einem Niemandsland, das sie vor ihrem Großvater nicht erwähnte.
    So, und weil es so großartig lief, könnte sie doch bei Florian gleich weitermachen mit dem Lügen. Aber nein, keine Nachricht für Florian. Sie hatten sich für den Zeitraum von einer Woche ein SMS-Verbot auferlegt, Funkstille, eine Pause zum
Überlegen für sie beide. Florian hatte sich bis jetzt auch daran gehalten, und irgendwie kränkte sie das. Sie hätte ihm sofort zurückgeschrieben. In was für einen Schlamassel war sie da nur reingeraten. Sie war so verdammt schwach, was Männer anging. Aber die haben selbst Schuld, dachte sie zum tausendsten Mal. Ihre Freundin Sandra hatte sich bei ihr ein ganzes Jahr lang über ihren Freund Florian ausgeheult, und Florian wiederum beschwerte sich bei ihr über Sandra. Magdalena hörte zu, erteilte Ratschläge, kicherte und schimpfte mit Sandra über alle Männer, während sie Red Bull mit Wodka tranken, und wurde mit Florian an seinem Küchentisch bei Southern Comfort still und schwermütig. Am Ende dieses Jahres stellte sie fest, dass sie Southern Comfort wesentlich lieber mochte als Red Bull, dass Florian ziemlich gut küssen konnte und sie zu solch ehrlosen Handlungen tatsächlich fähig war. Sie rief Sandra immer seltener an und schämte sich nun schon seit zehn Monaten für ihre Affäre. So konnte es einfach nicht weitergehen.
    Â 
    Nina kam mit einer Tablettenschachtel, einem Glas und einer Rotweinflasche zurück. Das hatte sie also mit Alkohol gemeint. Magdalena hatte schon befürchtet, sie wollte ihre Schürfwunden mit einem Wattebausch und irgendeiner brennenden Flüssigkeit behandeln - eine Vorstellung, die ihr Bein sogleich noch stärker hatte schmerzen lassen.
    Â»Trink!« Nina goss ihr ein. Magdalena nahm einen Schluck und spürte, wie der Rotwein warm ihre Kehle hinunterrann.
    Â»Und hier, die zwei nimmst du noch, dann kannst du gut schlafen. Das ist doch alles Quatsch, von wegen keine Tabletten mit Alkohol … grad dann kommen die gut!« Magdalena spülte die beiden grünen Pillen widerspruchslos mit einem weiteren Schluck Wein hinunter.

    Â»Also?« Die Hände locker an der rechten Hüfte ineinanderverschränkt, lehnte Nina in ihrem rosa Kleidchen am Schrank. Magdalena starrte gedankenverloren auf Ninas Brüste, die sich unter dem dünnen Stoff abzeichneten. Sie wusste natürlich, was Nina meinte: Sie wollte etwas über das Foto aus der Handtasche hören. War das der Deal, Ninas Bett gegen ihre Geschichte? Das »Also?« hing auffordernd in der Luft.
    Â»Na ja, ich weiß gar nicht so recht, wo ich anfangen soll«, sagte Magdalena ausweichend. »Meistens erzählen die Leute eher mir etwas, und ich höre zu. Ich scheine diese Menschen irgendwie anzuziehen, die aus der Reisegruppe, aber auch im Supermarkt oder auf der Straße, da erzählen die mir einfach mal so eben ihr Leben. Passiert dir das auch?«
    Nina schüttelte den Kopf. »Heute ist es einmal andersrum, und ich höre dir zu«, sagte sie. »Wie war das also mit deiner Mutter?«
    Magdalena seufzte. »Meine Mutter.« Dann schwieg sie einen Augenblick, nahm einen weiteren Schluck Wein und biss fest auf den Rand des Glases. Es ging seltsamerweise nicht kaputt.
    Â»Das Foto habe ich ungefähr vor zwei Jahren gefunden«, begann sie, »in einem Schrank in Opa Rudis Holzwerkstatt. Da waren auch andere Fotos von ihr und eben dieses einzige mit dem Mann neben sich, so ein ganz junger, sie war ja selbst noch keine zwanzig, und … ich weiß es ja nicht genau, und das hört sich für dich jetzt
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