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Magdalenas Garten

Titel: Magdalenas Garten
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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trostreiche Mohnblume … vielleicht hatte sie ein schweres Schädeltrauma und ahnte nichts davon. Die Sekunden vergingen, eine Fliege setzte sich auf ihr blutiges Bein. Nina scheuchte sie davon.
    Â»Wie heißt du denn noch, außer Frau Kirsch?«
    Â»Magdalena. Magdalena Lucia.«
    Â»Magdalena Lucia«, wiederholte Nina, »klingt sehr italienisch.« Nina schaute sie fragend an. Italienerin? Deutsche? Oder beides? Magdalena nickte. Mit ihrer hellen Haut, den blassen Augenbrauen und den dunkelbraunen Haaren konnte sie alles sein.
    Â»Meine Mutter …«, begann sie zu erklären und sprang sogleich entsetzt hoch, um dann, wie nach einem Schwinger in den Magen, wieder zusammenzuklappen.
    Â»O nein, wo ist das Foto!?« Ihre Stimme kippte.« Wo ist das Foto von meiner Mutter, wo ist meine Tasche?« Sie stemmte sich erneut hoch und hinkte über den kleinen Platz, bückte sich, um unter den hohen, altmodischen Jeep zu schauen, unter dem sie gelegen hatte, »Lada« stand hinten drauf. Nirgends konnte sie ihre Tasche entdecken. Als sie den Müllcontainer umrundete, fand sie ihren linken Turnschuh und ihre Sonnenbrille, hob beides auf, schlüpfte vorsichtig in den Schuh und schaute in das steil abfallende Buschwerk hinab, das hinter der Mauer begann. Die Tasche war spurlos verschwunden - und mit ihr das Foto. Magdalena sank auf der Mauer zusammen, Tränen schossen ihr in die Augen. Nina kam herüber, umarmte sie und reichte ihr ein Taschentuch.
    Â»Wir werden alles finden, die Tasche, das Foto, deine Mutter, alles, ganz bestimmt.«
    Â»Nein«, schluchzte Magdalena, »das kann ich mir nicht vorstellen.«

2
    A uf dem Rückweg vom Krankenhaus schaukelten sie erneut durch die Kurven, diesmal bergauf, der Lada-Jeep wirkte auch von innen nicht besonders modern oder schnittig und hatte auch keine guten Stoßdämpfer. Magdalena tat alles weh: ihr Kopf, ihre Pobacke, in die der Arzt seine Spritze gejagt hatte, ja selbst das Atmen. Sie strich das OP-Hemd glatt, das sie sich wie einen Rock um die Hüften geknotet hatte, ein angenehm luftiges Gefühl, dachte sie, vielleicht sollte ich doch irgendwann mal ein Kleid tragen. Den hilfsbereiten Rollerfahrer hatten sie gleich dabehalten, er hieß Giorgio und hatte sich Schienbein und Handgelenk gebrochen. Sie aber hatte der Arzt mit einer leichten Gehirnerschütterung, ohne Hosen und mit einem dick mit Mullbinden und Leukoplast verpackten Bein entlassen.
    Â»Ihr habt Glück gehabt! Hättet ja auch unter ein entgegenkommendes Fahrzeug geraten können.« Matteo trommelte mit beiden Händen auf das Lenkrad und haute kurz auf die Hupe, als ihm ein Cinquecento weit auf seiner Fahrbahn entgegenkam. Wieder sah sie auf seinen Nacken, der gut zu erkennen war und nicht wie bei einigen Bodybuildern vor lauter Muskelsträngen zwischen Kopf und Schultern verschwand. Sein schwarzes Haar wurde an einigen Stellen schon etwas dünn.

    Â»Es ist doch gar nicht viel passiert«, meinte Nina, die neben ihm saß und ermunternd zu Magdalena nach hinten schaute.
    Â»Na ja, wenn du meinst«, murmelte Matteo. Ob sie sich sonst wohl auf Italienisch unterhalten und nur meinetwegen dieses seltsam gesungene Deutsch sprechen?, fragte sich Magdalena. Immer weiter ging es den Berg hinauf, die Kurven waren eng, fast streiften sie die gelb blühenden Hängepflanzen und die ohrenförmigen Auswüchse der Kakteen.
    Â»Dieser Dottore Gavassa, wie der dich angeschaut hat, Nannini!«
    Â»Ach, Matteo, der hat geschaut wie alle .«
    Â»Ja eben! Er hat dich ja schon mit den Augen ausgezogen!«, knurrte er.
    Â»Ohne ihn wären wir nicht schon wieder draußen. Wir haben noch nicht mal eine Stunde gebraucht, das war rekordverdächtig.« Nina wandte sich an Magdalena. »Jetzt finden wir erst mal deine Tasche. Und wohin sollen wir dich danach bringen? In welchem Hotel wohnt deine Reisegruppe?«
    Matteo fuhr rasant in eine Linkskurve, Magdalena presste die Lippen zusammen und klammerte sich noch stärker an den Griff über der Tür. Sie wollte nicht mehr weinen, ihre Augen waren von ihrem Tränenausbruch in der Parkbucht noch geschwollen.
    Â»Elba war nur ein Tagesausflug, unser Hotel ist in Forte dei Marmi, oben an der Versilia-Küste, dahin müssen wir noch heute Abend zurück. Der Bus fährt in einer knappen Stunde wieder auf die Fähre, also eigentlich in fünfzig Minuten. Schaffen wir
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