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Magdalenas Garten

Titel: Magdalenas Garten
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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größeren haben sie in der Bar an der Wand entlang aufgereiht. Eine kleine Armee von Büsten, Köpfen, Speerwerfern und sogar ein einzelner Fuß, groß wie ein Kinderdreirad.
    Â»Ich finde es sehr charmant, auch mit der Fensterwand als Abtrennung zur Bar, aber vielleicht hemmt es ihn, dass man ihm beim Arbeiten zuschauen kann? Ich habe ja keine Ahnung von Künstlern und Bildhauerei.«
    Â»Es wird ihn schon stören, dass er manchmal nicht laut arbeiten darf. Aber da muss er sich einrichten.«
    Matteo zieht Magdalenas Rücken an sich und küsst sie in den Nacken. »Vielleicht hättest du den Teil des Erbes ablehnen sollen«, raunt er in ihr Ohr, »oder die Werkstatt verkaufen und Antonellos Stiftung für junge Bildhauer in eine Förderung für gehörlose Makramee-Künstler umwandeln sollen.«
    Â»Super Idee! Aber mal im Ernst, einen Teil der Skulpturen zu verkaufen war in Ordnung, aber die Werkstatt … das hätte ich nie übers Herz gebracht.«
    Er dreht sie um und küsst sie wieder, diesmal auf den Mund.
    Â»Ich weiß. Mach dir keine Sorgen, der kleine Pole wird schon arbeiten können. Außerdem bestimmen wir ja die Öffnungszeiten, wir machen auf, wann wir wollen.«
    Â»Wir wollten keine Touristenbusse!«
    Â»Wir brauchen Gott sei’s gedankt auch keine Busse. Erstens können sie hier oben sowieso nicht richtig parken, und zweitens schaffen wir’s, auch ohne Touristengruppen in den ersten Jahren zu überleben.«
    Magdalena nickt. Das haben sie der Säule mit den Flügeln von Wajda zu verdanken, die im Atelier zwischen den anderen Werken stand. Der Verkaufserlös hat ihnen den Umbau des POLO erst ermöglicht. Edmondo, der ihnen im Laufe des letzten Jahres ein guter Freund geworden war, hatte Antonellos handschriftliche Testamentsänderung zu keiner Zeit angezweifelt.
    Â»Wir müssen unbedingt nach Bologna und uns die Säule auf dem Platz, auf dem sie jetzt steht, anschauen! Wie hieß der noch mal?«
    Â»Hab’s vergessen. Jetzt schauen wir uns erst mal an, wie unser erster Sommer so läuft. Und vielleicht vergeben wir die Stipendien demnächst nur noch im Winter, wenn wir in Rom bei Nina wohnen. Dann können sich die jungen Polen, Franzosen und Deutschen hier ohne uns austoben.«
    Magdalena drückt seine Hand.
    Â»Meinst du, sie kommt?«
    Â»Nina? Sicher! Vielleicht wird sie nicht lange bleiben können, heute in einer Woche hat sie schon Abgabe.« Magdalena zieht die Augenbrauen hoch. Nina arbeitet endlich wieder, die Übersetzung eines französischen Kochbuchs ist ihr erster Auftrag seit drei Jahren.
    Â»Ab diesem Wochenende wird sie alleine in der Wohnung sein.«

    Â»Ich glaube, das schafft sie jetzt. Und außerdem weiß sie, dass das eine Gästezimmer hier oben immer für sie reserviert ist.«
    Â»Natürlich!«
    Während Nina das Jahr nach ihrem Zusammenbruch in einem Kloster verbracht hat, sind Matteo und Magdalena in ihre Wohnung gezogen, haben die Zimmer umverteilt und neu eingerichtet und immer darauf geachtet, dass Nina bei ihren kurzen Besuchen nie allein dort war. Während der ersten Wochen hinter den Klostermauern beschwerte sie sich häufig über das frühe Aufstehen, die Meditationen und die Gesprächsgruppen.
    Â»Kühe, die im Kreis sitzen, ihre Probleme wiederkäuen und sich dabei entweder heilig oder beschissen fühlen. Was soll mir das bringen?« Doch in den vergangenen Monaten hat sich ihre Einstellung langsam geändert. »Erst dachte ich, die hindern mich am wahren Leben, doch irgendwann habe ich kapiert, dass sie mir im Gegenteil dabei helfen. Ich glaube jetzt an das, was mir guttut.« Und das Kloster hat ihr gutgetan, Magdalena kann es an Ninas Augen sehen, sie sind nicht mehr auf der Suche, sondern schauen nach innen, auf sich selbst.
    Â 
    Magdalena pflückt ein gelbes Blatt von einem der Pomeranzenbäumchen, die um die Tische in ihren Töpfen verteilt sind, und plötzlich kommen ihr die Tränen, einfach so. Weil Matteos Geruch so köstlich an ihrer Haut haftet, weil die Sonne scheint, weil sie Tizianos leise Schritte unter den Pinien kommen hört, weil sie in diesem Moment, der gleich vorbei sein wird, so vollkommen glücklich ist. Sie muss an Heidi denken, auch sie weinte angeblich schnell vor Rührung und Glück, wenn ihr etwas gefiel. Durch Tizianos Schilderungen hat sich Heidi in Magdalena
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