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Magazine of Fantasy and Science Fiction 23 - Am Tag vor der Ewigkeit

Magazine of Fantasy and Science Fiction 23 - Am Tag vor der Ewigkeit

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 23 - Am Tag vor der Ewigkeit
Autoren: V.A.
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Wände Sprünge und Wasserflecken aufwiesen. In den Rissen wuchs grünlicher Schimmel. Auch der Fußboden zeigte tiefe Spalten, und der einstmals glatte Plastikbelag war kaum noch erkennbar. Das alles sah ich im Lichtstrahl der kleinen Taschenlampe, die Jess schließlich auf eine Tür am anderen Ende des Raums richtete.
    Ich ging darauf zu, drückte die altmodische Klinke herab und betrat ein kleines Büro, dessen Fußboden mit einer zentimeterhohen Staubschicht bedeckt war, in der vergilbte Papiere wie Herbstlaub lagen. In einer Ecke hinter dem Teakschreibtisch lagen die Überreste eines Sessels – Holz, Lederstücke und verrostete Federn. Auf dem Schreibtisch stand eine kleine Schale, die ebenfalls Staub enthielt – und etwas anderes, das früher einmal ein Blumenstengel gewesen sein konnte.
    »Gänseblümchen«, sagte ich. »Weiße Gänseblümchen.«
    »Steve, kennen Sie diesen Raum?« flüsterte Jess.
    »Er gehört zu meiner früheren Fabrik«, erklärte ich ihm. »Hier war mein Büro.«
    Ich trat an den Schreibtisch, zog eine Schublade auf und nahm die Flasche heraus. Auf dem verwitterten Etikett war nur noch EMY MARTIN zu lesen.
    »Woran erinnerst du dich noch, Steve?«
    Ich starrte den Bilderrahmen an, der vor mir an der Wand hing. Das Glas war noch intakt, aber dahinter war nur etwas Asche zu erkennen. Ich nahm den Rahmen von der Wand, so daß die quadratische Stahlplatte mit dem Drehknopf sichtbar wurde. Die Tür des Safes stand jedoch bereits einen Spalt breit offen.
    »Jemand ist vor uns hier gewesen«, behauptete Jess enttäuscht.
    Ich griff in die Öffnung, tastete die Rückwand ab und entdeckte eine Öffnung. »Ich brauche einen Draht«, sagte ich dann. Jess griff in seinen Werkzeugkasten und gab mir ein Stück Draht. Ich schob es in die Öffnung, wartete das Klicken ab und konnte den Wandtresor nun nach vorn kippen. Dahinter war eine Schublade angebracht. Ich zog sie heraus. Sie enthielt jedoch nur einige Flocken getrockneter schwarzer Farbe.
    »Was hast du hier zu finden erwartet?« fragte Jess.
    »Keine Ahnung.« Ich blies die abgeplatzten Farbreste weg und wollte die Schublade bereits zu Boden stellen, als mir auffiel, daß die Farbe nur an einer Stelle abblätterte.
    »Was ist los?« wollte Jess sofort wissen.
    »Das hier ist keine Farbe«, erklärte ich ihm, »sondern schwarzes Karbolineum ...« Ich kratzte die dünne Schicht mit dem Fingernagel ab und las dann, was dort ins Metall geätzt stand: IM ZUGEMAUERTEN FLÜGEL.
     
    ... Frazier warf mir einen mitleidigen Blick zu, als sei ich ein Hund, der eben überfahren worden war. Hinter ihm standen Gatley und Smith und Jacobs und einige Männer aus der Reparaturwerkstatt.
    »Tut gefälligst, was ich euch sage, verdammt noch mal!« brüllte ich und spürte dabei, wie das Blut in meinen Schläfen klopfte. »Ich habe euch gesagt, daß ich diesen Teil zugemauert haben will, und das war mein Ernst! Los, fangt endlich damit an!«
    »Wir wissen alle, wie Ihnen zumute ist, Steve«, sagte Frazier begütigend. »Aber es hat doch keinen Zweck, deshalb ...«
    Hobart drängte sich an den anderen vorbei nach vorn. Sein dickes Gesicht lief rot an, als er erregt sagte: »Hören Sie, Dravek, wir haben schon fünfzigtausend Dollar für dieses Projekt ausgegeben und ...«
    Ich schlug nach ihm, aber dann versuchte mich jemand von rückwärts festzuhalten, und ich brach ihm das Bein. Im nächsten Augenblick wichen sie alle vor mir zurück; nur Frazier nicht, der immer als einziger den Mut hatte, mir offen entgegenzutreten.
    »Er ist übergeschnappt!« kreischte Hobart, und Frazier sah mir ins Gesicht und meinte ganz ruhig: »Klar, Steve, wenn Sie unbedingt wollen ...«
     
    »Wissen Sie, was das bedeutet?« Unterdessen schien eine Ewigkeit verstrichen zu sein, aber Jess stand noch immer neben mir, und ich hielt die Schublade in der Hand. Ich ließ sie achtlos fallen. Die tiefe Staubschicht dämpfte das Poltern.
    »Ja«, murmelte ich fast unhörbar, »ich weiß, was es bedeutet.« Ich ging in den großen Raum zurück. Die Wabendecke war vor Spinnweben kaum noch zu erkennen, und die einst leicht beige getönten Wände waren jetzt schmutzig grün, aber ich fand mich jetzt wieder zurecht. In die gegenüberliegende Mauer war eine Tür eingelassen; sie öffnete sich quietschend, als ich die Klinke hinunterdrückte, und im Lichtschein der Taschenlampe war ein weiterer Raum mit den Überresten eines Schreibtisches und einiger Stühle zu erkennen.
    »Unser Warteraum«,
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