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Magazine of Fantasy and Science Fiction 10 - Wanderer durch Zeit und Raum

Magazine of Fantasy and Science Fiction 10 - Wanderer durch Zeit und Raum

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 10 - Wanderer durch Zeit und Raum
Autoren: V.A.
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eingefädelt«, gab ich zu.
    »Ich bin deiner Meinung«, lächelte er. »Eine richtige Falle, in die er prompt hineinstolperte. Er begann das Gemälde zu verteidigen, obwohl ein Mann mit seinem Kunstverständnis nicht die Hälfte der Summe geboten hätte. Er führte Van Goghs drittrangige Farbqualität an, die Sorte der von ihm gebrauchten Leinwand und andere Einzelheiten. Von der Leinwand kannte er besonders gut die Rückseite, Charles. Bedenke, die Rückseite! Also die Seite, die ein Modell am besten kennen sollte. Ich gab zu, zur Hälfte überzeugt zu sein, und er versprach, heute wiederzukommen. Immerhin gab er mir seine Adresse.« George nahm eine Visitenkarte aus der Tasche und las laut vor: »Graf Enrique Danilewicz, Villa d'Est, Cadagues, Costa Brava. Quer über die Karte geschrieben steht: Hotel Ritz, Paris.«
    »Cadaques«, wiederholte ich. »Ganz in der Nähe lebt Dali, bei Port Lligat. Merkwürdiger Zufall.«
    »Mehr als nur ein Zufall. Weißt du, was der Meister aus Katalonien im Augenblick tut? In der neuen Kathedrale von St. Joseph? Er führt einen seiner größten Aufträge durch – eine Kreuzigung! Unser Freund Ahasver ist und bleibt wachsam.« George griff nach einem ledergebundenen Buch, das in der Schreibtischschublade lag. »Hör dir das an. Ich habe mich ein wenig um die Modelle für Ahasver gekümmert, meist Adelige oder reiche Kaufleute. Das Modell von Leonardo ist leider unauffindbar, weil er sein Haus offenhielt und jedermann Zutritt hatte, auch Bettler und Herumtreiber. Jeder kann ihm Modell gestanden haben. Bei den anderen Malern stehen die Dinge anders. Holbein zum Beispiel nahm sich einen gewissen Sir Henry Daniels als Vorbild für seinen Ahasver, einen führenden Bankmann und Freund Heinrichs des Achten. Veronese stand ein Mitglied des Zehnerrates Modell, der Doge Enri Danieli. Rubens' Modell war der dänische Botschafter in Amsterdam, Baron Henrik Nielson. Bei Goya taucht der Name Enrico Da Nella auf, während Poussins Modell den Namen Henri, Duc de Nile, trug.« George schloß das Buch. Ich sagte:
    »Wirklich bemerkenswert.«
    »Du untertreibst, mein Lieber. Danilewiczt Daniels, Danieli, Da Nella, de Nile und Nielson. Alias Ahasver. Weißt du, Charles, ich habe nicht wenig Angst, aber ich glaube, der vermißte Leonardo ist nun in greifbare Nähe gerückt.«
    Die Enttäuschung war daher um so größer, als unser Mann an diesem Nachmittag bei der Versteigerung nicht auftauchte. Sein Stuhl in der ersten Reihe blieb leer. Ungeduldig wartete ich, daß der Wanderer durch Zeit und Raum endlich kam, aber auch als der Van Gogh angeboten wurde, materialisierte er nicht. Der Stuhl blieb leer.
    Der Van Gogh wurde nicht verkauft. Georges gestrige Zweifel an seiner Echtheit machten sich bemerkbar, niemand wollte das Bild haben. Als die Auktion beendet war, saßen wir allein hinter dem langen Tisch mit dem übriggebliebenen Lockvogel.
    »Er muß Verdacht geschöpft haben«, flüsterte George mir zu, nachdem er durch die Saaldiener erfahren hatte, daß ein Graf Danilewicz sich auch nicht in den anderen Räumen der Galerie aufhielt. Wir riefen im Ritz an, wo man uns bestätigte, daß Graf Danilewicz das Hotel in südlicher Richtung verlassen hatte.
    »Kein Zweifel, daß er ausgerückt ist«, sagte ich. »Was nun?«
    »Cadaques!«
    »Du bist verrückt, George!«
    »Durchaus nicht. Wir haben nur diese eine Chance, und wir werden sie uns nicht entgehen lassen. Inspektor Carnot wird uns eine Maschine besorgen, wenn ich eine Geschichte erfinde, die ihm gefällt. Komm schon, Charles. Ich wette, daß wir den Leonardo in der Villa des Grafen finden.«
    Kurze Zeit darauf landeten wir in Barcelona. Carnot und Jurgens von Interpol begleiteten uns. Drei Stunden später fuhren einiges Polizeiautos in Richtung Cadaques aus der Stadt. Die schnelle Fahrt an der bizarren Küste entlang, wo die Felsen wie schlafende Ungeheuer in der See lagen, erschien mir wie eine passende Einleitung zum letzten Akt des Abenteuers. Zeitlos war dieser Strand, genauso zeitlos wie der Mann, den wir aufsuchen wollten.
    Die Villa d'Est stand auf dem dreihundert Meter hohen Gipfel eines Vorgebirges hoch über der Stadt. Die Mauern und verschlossenen Fensterläden glitzerten in der Sonne wie Quarz. Die großen schwarzen Tore waren verriegelt. Wir läuteten, aber niemand kam, um uns einzulassen.
    Zwischen Jurgens und den einheimischen Polizisten begann eine Debatte. Die braven Beamten sahen sich vor eine schwere Entscheidung gestellt. Auf
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