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Magazine of Fantasy and Science Fiction 10 - Wanderer durch Zeit und Raum

Magazine of Fantasy and Science Fiction 10 - Wanderer durch Zeit und Raum

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 10 - Wanderer durch Zeit und Raum
Autoren: V.A.
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der einen Seite verehrten sie den Grafen, denn er war als Förderer der Künste bekannt und hatte vielen jungen Leuten den Weg zur Akademie geebnet und Stipendien vergeben. Auf der anderen Seite reizte sie natürlich die Aussicht, den gestohlenen Leonardo wiederzufinden und einen Teil des Ruhmes einzuheimsen.
    George und ich verloren schließlich die Geduld. Wir versprachen dem Inspektor, rechtzeitig zurück zu sein, wenn der fahrplanmäßige Düsenklipper von Paris in Barcelona landete. Mit ihm wurde Graf Danilewicz wahrscheinlich eintreffen, falls er nicht, wie George leise bemerkte, eine andere Art des Transportes vorzöge. Wir nahmen einen der Polizeiwagen und fuhren nach Port Lligat.
    Ich überlegte unterdessen, wie wir Spaniens berühmtestem Maler unsere Anwesenheit erklären sollten. Vielleicht würde ihn eine Ausstellung in London oder Paris reizen, wenn sie allein für ihn veranstaltet würde. Mir würde schon etwas einfallen.
    Schon war die weiße Villa in der Ferne zu erkennen, direkt am Strand und dicht neben der Straße, als uns ein schwerer Wagen entgegenkam. Sicherlich brachte er einen späten Gast in die Stadt zurück.
    An dieser Stelle war die Straße sehr eng, und für einen Augenblick waren die beiden Autos so dicht beieinander, daß jede Einzelheit zu erkennen war. George lehnte sich plötzlich vor. Seine Hand verkrallte sich in meinen Arm.
    »Dort, Charles! Das ist er!«
    Schnell kurbelte ich das Fenster herab. Die beiden Fahrer riefen sich unverständliche Schimpfworte zu, aber ich achtete nicht darauf. Ich suchte nur das Gesicht des Mannes, der im Fond des anderen Wagens saß. Es verschwamm im Halbdunkel, aber ich erkannte die Züge sofort. Er trug einen schwarzen Anzug mit weißen Aufschlägen. Der goldene Knopf des Rohrstocks, den er zwischen den Knien hielt, leuchtete mir entgegen. Dann erkannte ich das Gesicht besser, als er sich vorbeugte, um nach der Ursache des Lärms zu forschen. Es war das Gesicht, das ich schon so oft auf den Gemälden der alten Künstler gesehen hatte. In den schwarzen Augen glühte ein fanatisches Feuer, die Augenbrauen waren dick und geschwungen, der dichte Bart verdeckte das Kinn und stand ein wenig nach vorn, kurz und energisch.
    Unsere Blicke begegneten sich für eine Sekunde – und es war ein Blick, den ich nie in meinem Leben vergessen werde. Er sah durch mich hindurch, als existierte ich überhaupt nicht. Vielleicht suchten seine Augen den Hüge, der weit im Osten unter dem Horizont lag, an jenem Ort, an dem sein zeitloses Schicksal begann. Ein unbedachtes Wort nur war es gewesen, aber er hatte es büßen müssen. In seinen Augen erkannte ich Verzweiflung und trostlose Leere, trotz des Feuers das in ihnen brannte. Er hatte das Gesicht eines Verfluchten, Gehetzten und ewig Gejagten.
    »Anhalten!« rief George den beiden Fahrern zu, während die Wagen aneinander vorbeiglitten. »Charles, warne ihn!«
    Ich streckte den Kopf aus dem Fenster. Der Wagen war bereits vorbei, aber ich brüllte so laut, daß meine Stimme den Motorenlärm übertönte:
    »Ahasver! Ahasver!«
    Sein Kopf kam zurück. Er stand halb auf und sah mir nach. Ein Arm lag auf der Fensterlehne. Er erinnerte mich an einen verkrüppelten Engel, der nicht mehr fliegen kann. Die Staubwolke nahm mir die Sicht. Wind kam plötzlich auf. Ich fror.
    Unser Wagen wendete an der nächsten Ausweichstelle und raste den Weg zurück, aber die große Limousine war spurlos verschwunden.
     
    Wir fanden den gestohlenen Leonardo in der Villa d'Est. In seinem vergoldeten Bronzerahmen hing er an der Wand des Speisesaals. Das Haus selbst war leer. Die beiden Diener, die in der Stadt gewesen waren, versicherten immer wieder, vor wenigen Stunden sei das noch nicht der Fall gewesen. In allen Räumen hatten die Möbel gestanden, und die Wände waren voller Bilder gewesen. Aber nur der Leonardo war geblieben. George nickte mir zu und wiederholte seine These, daß der Geheimnisvolle seine eigene Art des Transportes pflege.
    Das Gemälde war unbeschädigt, aber wir wußten ja wo wir zu suchen hatten. Das Gesicht des Mannes in der schwarzen Robe sah wieder zum Kreuz empor, voller Mitgefühl und erwartungsvoller Hoffnung. Die Farbe war trocken, aber ein wenig Lack klebte noch.
    Wir hielten einen triumphalen Einzug in Paris aber sowohl George wie auch ich empfahlen dem Direktor des Louvre, das Gemälde nun so zu belassen, wie es sei. Er gab uns recht. Er hätte noch mehr getan, uns zufriedenzustellen, denn er war überglücklich,
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