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Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67

Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67

Titel: Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67
Autoren: JazzyBee Verlag Jürgen Beck
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Dich bei sich zu sehen. Bleibe aber immer hübsch auf dem Wege, und gehe nicht in den Wald, da wohnt der garstige Wolf, der könnte Dich beißen.«

     
    Rothkäppchen nahm den Kuchen und das Töpfchen, und machte sich auf den Weg zur Großmutter, die hinter dem Walde wohnte.

     
    Als sie nun unterwegs am Walde vorbeikam, schien die Sonne recht lieblich hinein, und sie sah gar schöne Blumen darin stehen. »Ach, die muß ich mir pflücken!« sagte Rothkäppchen, »so vorn im Walde wird wohl der böse Wolf nicht seyn.« Da ging sie hinein und pflückte die Blumen, und weil sie nun immer schönere Blumen sah, die sie auch gern haben wollte, so gerieth sie immer tiefer in den Wald.

     
    Da kam der Wolf an, und wollte Rothkäppchen fressen; doch getraute er es sich nicht, weil Holzhauer in der Nähe waren. Er nahm also zur List und Verstellung seine Zuflucht, und fragte Rothkäppchen recht freundlich, wo sie denn schon so früh hin wolle?

     
    »I nun, zur Großmutter will ich,« antwortete Rothkäppchen, »die ist krank, und kann nicht aus dem Bette; da bring' ich ihr einen Kuchen und etwas Butter, welches ihr die Mutter schickt.«

     
    »Wo wohnt denn Deine Großmutter?« fragte der Wolf weiter. Und Rothkäppchen antwortete: »Die wohnt nicht mehr weit von hier, dort hinter dem Walde im grünen Hause, unter den drei Eichen, und stehen schöne Haselhecken um den Garten, da wachsen schöne Nüsse d'rauf, die schenkt mir die Großmutter alle.«

     
    »Schön, schön,« sagte der Wolf, »da will ich sie doch auch einmal besuchen!« Und damit lief er quer durch den Wald, so schnell er konnte; Rothkäppchen aber ging ganz gemächlich ihres Weges, und pflückte sich noch manche Blume, und griff nach den bunten Schmetterlingen, die um sie herflatterten.

     
    Der Wolf war bald vor das Haus der Großmutter gekommen. Er pochte an: Poch! poch! –

     
    »Wer ist da?« rief die Großmutter. Und der Wolf antwortete: »Ich bin's, Euer Enkelchen Rothkäppchen; ich bringe Euch einen Kuchen und ein Töpfchen Butter, welches die Mutter Euch schickt; macht auf!« Das Alles aber sagte er so natürlich, und machte Rothkäppchens Stimme so gut nach, daß die Großmutter gar nicht zweifelte, es sey ihr Enkelchen, und hinausrief: »Schieb nur den Riegel weg, mein Kind, dann geht die Thüre von selbst auf.«

     
    Das that auch der Wolf; und wie er nun im Hause war, da stürzte er auf die alte gute Frau los, und verschluckte sie in einem Augenblick ganz und gar: denn er hatte erschrecklichen Hunger, und in mehr als drei Tagen nichts gegessen.

     
    Hierauf machte er die Thüre wieder zu, und zog der Großmutter Kleid an, und setzte ihre Haube tief in's Gesicht; dann legte er sich in's Bette, und zog die Vorhänge zu, damit ihn Rothkäppchen nicht so leicht kenne: denn er wollte sie auch noch fressen.

     
    Nach einem Weilchen kam Rothkäppchen ebenfalls an, und pochte an die Thüre. »Wer ist da?« rief der Wolf mit seiner rauhen Stimme. Darüber erschrack Rothkäppchen ein wenig; doch da sie glaubte, die Großmutter möchte wohl den Schnupfen haben, so faßte sie sich wieder, und sagte: »Ich bin es, Euer Enkelchen Rothkäppchen; ich bringe Euch einen Kuchen und ein Töpfchen Butter, welches die Mutter Euch schickt; macht auf!« – Mit etwas milderem Tone sprach nun der Wolf: »Schieb nur den Riegel fort, mein Kind, dann geht die Thüre von selbst auf.«

     
    Das that Rothkäppchen; und als sie nun in die Stube trat, da kroch der Wolf tiefer in's Bette, und sagte: »Stelle den Kuchen und das Töpfchen mit Butter dort auf den Backtrog, und dann komm ein Bischen zu mir in's Bette: denn ich kann nicht aufstehen.«

     
    Nachdem sich nun Rothkäppchen zu dem Wolfe in's Bette gelegt hatte, wunderte sie sich über das häßliche Aussehen der Großmutter, und sagte ängstlich: »Ach, Großmutter, was habt Ihr für große Ohren?«

     
    »Daß ich Dich besser hören kann!« sagte der Wolf.

     
    »Großmutter, was habt Ihr für große Augen?« fragte Rothkäppchen wieder.

     
    »Daß ich Dich besser sehen kann!«

     
    »Ach, Großmutter,« fuhr Rothkäppchen fort, »was habt Ihr für lange Beine?«

     
    »Die hab' ich, um besser laufen zu können!«

     
    Und wieder sprach Rothkäppchen: »Ach, Großmutter, was habt Ihr für lange Arme?«

     
    »Um Dich besser umarmen zu können!«

     
    »Ach, Großmutter!« rief Rothkäppchen noch ein Mal, »was habt Ihr für lange Zähne?«

     
    »Die hab' ich, daß ich Dich besser verschlingen
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