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Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67

Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67

Titel: Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67
Autoren: JazzyBee Verlag Jürgen Beck
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ihr zur Bedingung, daß sie ihn nicht vergessen, sondern in Kurzem zu ihm zurückkehren möchte, weil er ohne sie nicht mehr leben könnte.

     
    Das versprach sie auch, und fuhr darauf, prächtig geschmückt, in einer glänzenden Kutsche, und von einer zahlreichen Dienerschaft begleitet, nach dem königlichen Schlosse. Die ganze Versammlung erhob bei ihrem Anblick ein großes Freudengeschrei, und alle drängten sich zu ihr, um sie in der Nähe zu sehen und zu bewundern.

     
    Niemand aber war vergnügter, als der König. Er wandte kein Auge von ihr, und befahl sogleich, alle Thüren fest zuzuschließen, damit sie nicht wieder entkommen könnte. Als die Trauhandlung zu Ende war, und die Lustbarkeiten beginnen sollten, stand die Prinzessinn eilig auf, um sich unter der Menge zu verlieren, und dann sich heimlich zu entfernen; aber wie bestürzt war sie, als sie alle Thüren verschlossen fand!

     
    Der König näherte sich ihr mit der größten Freundlichkeit, und bat sie sehr ehrerbietig und herablassend, ihm das Vergnügen, sie zu sehen, nicht so schnell zu entziehen, sondern das Fest, welches er den Prinzen und Prinzessinnen gebe, durch ihre Gegenwart zu verschönern. Hierauf führte er sie in einen prächtigen Saal, wo der ganze Hof versammelt war, nahm ein goldenes Waschbecken, und ein Gefäß mit Wasser, und reichte es ihr dar, um sich die Hände zu waschen. In diesem Augenblick war sie ihrer Empfindungen nicht mehr mächtig; sie warf sich zu des Königs Füßen, umfaßte seine Knie, und sagte: »Mein Traum ist erfüllt, Ihr habt mir an dem Hochzeittage meiner Schwester Waschwasser angeboten, ohne daß Euch ein Unglück widerfahren wäre.«

     
    Ohne Mühe erkannte jetzt der König seine Tochter Hulda, deren Züge ihm noch lebhaft vor Augen schwebten. »Ach, meine geliebte Tochter!« rief er aus, indem er sie umarmte, und ihr Gesicht mit seinen Thränen benetzte; »kannst Du meine Grausamkeit vergessen? Ich wollte Deinen Tod, weil ich mir einbildete, Dein Traum bedeute mir den Verlust meiner Krone. Und das soll er auch bedeutet haben. Deine beiden Schwestern sind verheirathet; jede trägt eine Krone, die meinige soll für Dich seyn!« Mit diesen Worten nahm er sie von seinem Haupte, und setzte sie seiner Tochter auf. »Es lebe die Königinn Hulda!« rief er aus, und der ganze Hof stimmte mit ein. Ihre Schwestern eilten herbei, und umarmten sie. Alles war voll Freude und Jubel. Nur Prinzessinn Hulda war, mitten im Genusse ihres Glücks, nicht ganz heiter: denn sie dachte an den Hauptmann, dem sie ihr Leben zu danken hatte, erfuhr aber auf ihr Befragen nach ihm, daß er schon todt sey.

     
    Als man sich zu Tische setzen wollte, gab die Prinzessinn zu verstehen, daß sie nicht länger verweilen dürfe, indem sie um den König Widder in Sorge war, der sich wegen ihres Ausbleibens beunruhigen möchte. Man bat sie aber so herzlich und dringend, daß sie dem allgemeinen Wunsche nachgab, und sich mit der Gesellschaft an der Tafel niederließ.

     
    Nun begehrte der König zu erfahren, was für Abentheuer seiner geliebten Tochter seit dem Tage begegnet wären, an welchem er den grausamen Befehl, sie zu tödten, gegeben hatte. Er gab Hulda seinen Wunsch zu erkennen, und diese erzählte sogleich Alles, was sich mit ihr zugetragen hatte, worüber der König und sämmtliche anwesende Gäste in große Verwunderung geriethen.

     
    Als sie eben von dem Widder erzählte, der sie so bereitwillig und zuvorkommend aufgenommen, und dabei seine Güte und Treue rühmte, und die Zärtlichkeit, mit welcher er ihr zugethan sey, da trat auf ein Mal ein schöner, stattlicher Prinz in den glänzenden Saal, verneigte sich ehrerbietig, und sprach zum Könige: »Verzeihet die Dreistigkeit, mit welcher ich hier eingetreten bin; ich liebe Eure schöne Tochter, die Prinzessinn Hulda, und komme, um ihre Hand zu werben.« Darauf ging er zur Prinzessinn, und sagte: »Reizende Prinzessinn, nicht mehr in der Gestalt eines Widders, sondern in meiner wahren Gestalt stehe ich jetzt vor Euch. Der Zauber, welcher mich gebunden hielt, ist gelöst in demselben Augenblick, wo ich aus Schmerz über Euer Ausbleiben mein Leben aufzugeben dachte. Jetzt hegt mein Herz keinen heißeren Wunsch, als daß Ihr mir Eure Hand reichen, und mir in mein Königreich folgen möget.«

     
    Die Prinzessinn trug kein Bedenken, seinem Wunsche Gehör zu geben, und auch ihr Vater nahm ihn sogleich zu seinem Schwiegersohn. Die Freuden des Festes wurden durch dieses frohe
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