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Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67

Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67

Titel: Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67
Autoren: JazzyBee Verlag Jürgen Beck
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machte!« und ging vorbei. Als sie an das Haus der Frau Holle kam, ging sie ganz dreist durch Hausflur, Küche, Stube und Kammer, und da sie niemand darin fand, so legte sie sich auf das Bett der Frau Holle, um sich auszuruhen.

     
    Als diese nun nach Hause kam, verwunderte sie sich, ein fremdes Mädchen auf ihrem Bette liegen zu sehen, und fragte sie, wer sie wäre? Da sagte sie, sie wäre in den Brunnen gefallen, und als sie wieder zu sich gekommen, so hätte sie sich in diesem fremden Garten befunden. Sie möchte ihr doch sagen, bei wem sie wäre? Da antwortete ihr die Alte, daß sie die Mutter Holle wäre, die den Reif auf die Erde streute, und die Schneeflocken fallen ließe.

     
    »Kann ich wohl bei Euch bleiben?« fragte hierauf das faule Lieschen; und als es ihr die Frau Holle unter der Bedingung erlaubte, daß sie gut und fleißig wäre, so gelobte sie Alles. Aber sie hielt ihr Wort schlecht. Denn wie sie es zu Hause angefangen hatte, so setzte sie es hier fort. Des Morgens wollte sie nicht aus dem Bette; zu jeder Arbeit mußte sie getrieben werden; die Stube fegte sie nur halb rein; die Betten schüttelte sie nicht auf; das Geschirr, das sie scheuerte, blieb blind und schmutzig; einen Topf über den andern warf sie entzwei, und bei Allem, was sie that, verunreinigte sie dermaßen ihre Kleider, daß man sich vor ihr ekeln mußte. Dazu war sie noch naseweis, und als einmal die Frau Holle sie wegen ihrer großen Unordentlichkeit und Faulheit ausschalt, sagte sie ganz trotzig, sie möchte sie nur zu ihrer Mutter zurückschicken, wenn sie es ihr nicht recht machte.

     
    »Lieber heute, als morgen!« antwortete ihr Frau Holle. »Mache nur, daß Du fortkommst: denn ich habe von Dir mehr Schaden als Vortheil, und mehr Verdruß als Freude gehabt.«

     
    Da sprach die verzogene Liese: »Ich bitte mir aber zuvor meinen Lohn dafür aus, daß ich so lange bei Euch gedient, und das Haus in Ordnung gehalten habe.«

     
    »Den sollst Du haben!« erwiederte die Frau Holle. »Komm nur mit in den Garten!« – Da freute sich Lieschen, und meinte, daß nun der Gold-und Perlenregen auf sie fallen würde.

     
    Als sie nun in den Garten gekommen waren, befahl ihr die Frau Holle, daß sie sich unter einen Baum stellen sollte, den sie ihr anzeigte. Als sie dies gethan hatte, schüttelte sie den Baum; aber keine Goldblätter oder Perlen fielen herab, sondern – Pech und Koth; der setzte sich so fest und dick um ihr Kleid, wie ein Mantel, und nachdem dies geschehen war, fiel sie in einen tiefen Schlaf. Als sie erwachte, befand sie sich richtig wieder in ihres Vaters Garten, dicht neben dem Brunnen, in welchen sie sich mit Fleiß gestürzt hatte. Sie sah sich nach allen Seiten um; da sie aber keinen Menschen erblickte, so nahm sie ihren Weg nach dem Hause ihrer Aeltern. Durch die Gartenthüre trat sie jetzt auf den Hof; aber auch hier sah sie niemand, denn sie saßen Alle in der Stube, und aßen Mittagbrot.

     
    Der Hahn aber, als er sie kommen sah, erhob ein großes Geschrei, wie die Hähne zu thun pflegen, wenn sie eine Eule oder sonst etwas Ungewöhnliches erblicken, flog auf den Zaun, schlug die Flügel zusammen, und krähete so laut, daß die ganze Nachbarschaft es hörte:

     
      Kikeriki,

      Unsere faule Liese ist wieder hie!

     
    Und das that er wohl drei Mal hinter einander, so daß der Vater und die Mutter und das Gesinde das Krähen hörten, und herausstürzten, weil sie gleich vermutheten, daß Lieschen zurückgekommen seyn würde. So war es auch! Aber wie erschrak und erstaunte die Mutter, als sie ihr Töchterchen erblickte, welches kein Kleid von Gold und Perlen, sondern einen stinkenden Pechmantel um sich hatte. Der Hahn aber krähete immer fort:

     
      Kikeriki,

      Unsere schmutzige Liese ist wieder hie!

     
    so daß sie in der ganzen Gegend zum Gespötte wurde.

     

     
2. Rothkäppchen.

     

     
    Es war einmal ein kleines Bauermädchen, das alle Leute lieb hatten, weil es so hübsch, so freundlich und so zuthulich war. Vorzüglich aber liebte die Mutter das holde Kind, und fast noch mehr die Großmutter. Diese ließ ihr ein niedliches rothes Käppchen machen, und das stand der Kleinen so allerliebst, daß man sie von der Zeit an nur immer Rothkäppchen nannte.

     
    Nun hatte eines Tages die Mutter Kuchen gebacken; da rief sie Rothkäppchen zu sich, und sagte: »Geh, Kind, zur Großmutter, und bringe ihr den Kuchen und dies Töpfchen Butter: denn Großmutter ist krank, und sie wird sich freuen,
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