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Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67

Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67

Titel: Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67
Autoren: JazzyBee Verlag Jürgen Beck
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und fleißig seyn.

     
    Da sprach die Frau Holle: »Ei, ein so fleißiges und geschicktes Mädchen, als Du bist, kann ich wohl gebrauchen!« und gab ihr zu essen und zu trinken, schöner, als sie es zu Hause gehabt hatte. Sie stellte ihr ein weiches Bettchen in die Kammer, und hielt sie, als ihr eigen Kind. Gretchen aber war fleißig in Stub' und Kammer, in Küch' und Keller, auf Hof und Boden, im Feld' und im Garten, und wenn sie nicht zuweilen Heimweh nach Hause gehabt hätte, so würde ihr gar nichts gefehlt haben.

     
    Einmal aber, als die Mutter Holle gegen Mittag nach Hause kam, früher, als Gretchen sie vermuthet hatte, fand sie dieselbe mit Thränen in den Augen. Da fragte die Frau Holle, was ihr denn fehlte, und ob sie es nicht gut bei ihr hätte. Gretchen antwortete, daß sie es sich niemals besser wünschen könnte, und daß sie sich vollkommen glücklich fühlen würde, wenn sie nicht zuweilen ein zu großes Verlangen nach Hause zu ihren Aeltern hätte, daß ihr das ganze Herz in Wehmuth zerflösse.

     
    Da sagte die Frau Holle: »Du sollst wieder zu Deinen Aeltern, mein gutes Kind! Aber es würde unbillig seyn, wenn ich Dich ohne Lohn entließe, da Du mir so treulich geholfen, und lange Zeit ehrlich und fleißig gedient hast. Komm mit mir in den Garten!«

     
    Hier stand ein schöner Baum, dessen Blüthen waren Goldblätter, und seine Knospen Perlen. Unter diesen mußte sich Gretchen stellen, indeß die Frau Holle ihn schüttelte. Da fielen Goldblätter und Perlen auf Gretchens Kleid, daß es glänzte, wie der Himmel mit tausend Sternen. Kaum war dies geschehen, so fiel Gretchen in einen tiefen Schlaf, und als sie daraus erwachte, so war sie wieder in ihres Vaters Garten, und stand dicht neben dem Brunnen, wo sie in das Wasser gefallen war. Da sie niemanden in dem Garten sah, so ging sie nach der Gartenthüre, die nach dem Hause ihrer Aeltern führte, und trat auf den Hof. Auch hier war kein Mensch zu sehen, denn es war gerade Mittag, und sie saßen Alle bei Tische und aßen. Aber der Haushahn stand auf dem Zaun, und als der Gretchen kommen sah, erkannte er sie, schlug freudig seine Flügel zusammen, und krähete:

     
      Kikeriki,

      Unser fleißiges Gretchen ist wieder hie!

     
    Das wiederholte er wohl drei Mal mit lautem Geschrei, so daß der Vater drinnen es hörte, vom Tische aufsprang, und sagte: »Kommt hinaus, und laßt uns sehen, was draußen mit dem Hahn ist, der kräht ja, als wenn er Wunder was zu verkündigen hätte!«

     
    Als sie nun auf den Hof kamen, siehe, da war es Gretchen, welche weinend vor Freude ihrem Vater entgegenflog, und ihn umarmte, und so Alle vom Kleinen bis zum Großen. Da sahen sie Alle verwundernd an, vornehmlich die Mutter und Gretchens Schwester, und fragten, woher sie das schöne, gold- und perlenbesetzte Kleid erhalten hätte. – Nun erzählte Gretchen die ganze Geschichte, wie es ihr gegangen wäre, vom Anfang bis zu Ende.

     
    Das erweckte Liesens Neid, und sie sagte zu ihrer Mutter, ein so schönes Kleid müßte sie auch haben, es möchte kosten, was es wolle. Da gab ihr die Mutter den Rath, sie sollte nur auch in den Garten gehen, und sich mit Fleiß in den Brunnen stürzen; dann würde sie ebenfalls in der Frau Holle Reich kommen, wo sie sich dann ein solches Kleid verdienen könnte. Das ließ sich Jungfer Lieschen gefallen, und stürzte sich mit Fleiß in den Brunnen. Da verlor sie ihre Sinne, und als sie wieder zu sich kam, da war sie richtig in dem Reiche der Frau Holle, gerade so, wie es mit ihrer Schwester geschehen war. Auch ihr zischten aus dem Backofen die Brote entgegen:

     
      Wer kommt, uns zu holen!

      Sonst brennen wir zu Kohlen!

     
    Die faule Liese aber sagte: »Ich werde mich hüten, daß ich meine Hände in den Backofen stecke! Da könnte ich mir die Finger verbrennen!« und ging weiter.

     
    Als sie an den Pflaumenbaum kam, unter welchem die heruntergefallenen Früchte im Grase lagen, mochten diese noch so viel rufen:

     
      Werden wir nicht aufgenommen,

      So müssen wir umkommen! –

     
    Die faule Liese kehrte sich nicht daran, sondern sprach: »Liegt ihr nur, bis ihr verfault, ich werde mir um euretwillen keinen krummen Rücken machen!« – und ließ sie liegen.

     
    Als sie an das Nelkenbeet kam, riefen ihr die verdorrenden Blumen entgegen:

     
      Wer kommt, uns zu sprengen!

      Sonst wird uns die Sonne versengen! –

     
    Sie aber sagte höhnisch: »Das wäre mir gerade recht, daß ich mir die Kleider naß
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