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Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67

Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67

Titel: Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67
Autoren: JazzyBee Verlag Jürgen Beck
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Kugeln schenken? Du hast ja noch eine.«

     
    »Ach, ja!« sagte klein Grasmückchen, und flog hin zum Käfig, und legte die eine Kugel in's Nestchen. Dann flogen sie fort zu dem Knaben, der klein Grasmückchen gepflegt hatte, und dies warf ihm die andere Kugel zum Fenster hinein. Als sie aber auf den Boden fiel, zerbrach sie in zwei Stücke, und es fiel aus der Höhlung ein Diamant heraus, der glänzte wie Feuer. Den fand der Knabe, und sein Vater trug ihn in die Stadt, und verkaufte ihn für vieles Geld, so daß der Knabe sehr reich wurde.

     
    Der andere Knabe hatte unterdessen auch seine Kugel gefunden, und betrachtete sie lange, und hielt sie für ein Ei. »Das will ich ausbrüten lassen,« sagte er, »darin muß ein sonderbarer Vogel stecken!«

     
    Während er nun so die Kugel in der Hand betrachtete, hörte er an dem Busch, der mit Vogelleim bestrichen war, ganz gewaltig schreien. Er lief schnell hinaus, um zu sehen, was es dort gäbe; und siehe da! es hatte sich ein großer Kuckuck in dem Vogelleim festgeklebt. Das war derselbe, der die junge und die alte Grasmücke aus dem Nest getrieben hatte. Da nahm ihn der Knabe, und setzte ihn auf das Nest in seinem Käfig, und sagte: »Jetzt brüte mir einmal das Ei aus!« Der Kuckuck aber, weil er sonst gar nichts zu thun hatte, brütete und brütete in einem fort; da zerplatzte endlich auf ein Mal das Ei. Statt eines Vögelchens kam aber eine junge Schlange heraus, die wickelte sich um seinen Hals und erwürgte ihn; darauf schlüpfte sie zum Käfig hinaus, und verkroch sich in die Erde.

     
    Die beiden Grasmücken aber bauten sich ihr zerrissenes Nestchen, und lebten noch lange in Friede und Eintracht bei einander.

     

     
4. Schneeweißchen und Rosenroth.

     

     
    Eine arme Wittwe lebte in einem kleinen Hüttchen, und vor dem Hüttchen war ein Garten, darin standen zwei Rosenbäumchen, wovon das eine weiße und das andere rothe Rosen trug. Und sie hatte zwei Kinder, die glichen den Rosenbäumchen, und das eine hieß Schneeweißchen und das andere Rosenroth. Sie waren aber beide so fromm und so gut, so arbeitsam und unverdrossen, als noch jemals zwei Kinder auf der Welt gewesen sind. Schneeweißchen war nur stiller und sanfter als Rosenroth; das sprang lieber in den Wiesen und Feldern nach Blumen und Sommervögeln, während Schneeweißchen daheim bei der Mutter saß, und ihr etwas vorlas, oder ihr im Hauswesen half. Sie hatten aber doch einander sich so lieb, daß, wenn sie zusammen gingen, sie sich an den Händen faßten, und sagten: »Wir wollen uns niemals verlassen!« Und die Mutter sprach dann: »Was die Eine hat, das soll sie mit der Andern theilen.«

     
    Oft waren sie allein im Walde, wenn sie rothe Beeren sammelten; aber kein Thier that ihnen etwas zu Leide, sondern war ganz vertraulich mit ihnen. Manches Häschen nahm ein Kohlblatt aus ihren Händen, das sie ihm mitgetheilt hatten, und manches Rehkälbchen kam, und wollte bei ihnen grasen. Kein Unfall betraf sie, und wenn sie sich verspäteten, und die Nacht sie überfiel, so faßten sie sich einander an, und schliefen, bis der Morgen kam, und die Mutter wußte das, und hatte keine Sorge um sie.

     
    Einmal, als sie so im Walde erwachten, sahen sie ein fremdes, schönes Kind, schneeweiß gekleidet, das sich vor sie hingesetzt hatte, damit sie in der Dunkelheit ja keinen Schritt weiter thäten, weil sie sonst in einen Abgrund hinabgefallen wären. Es stand auf, sah sie freundlich an, sprach aber nicht, und ging dann in den Wald hinein. Als sie nach Hause kamen, erzählten sie der Mutter von dem lieblichen Kinde, das sie gesehen hätten; die Mutter aber sagte ihnen, das wäre der Engel gewesen, der sie behüte und für sie wache.

     
    Die beiden Mädchen halfen der Mutter, so viel sie konnten, und machten ihr manche stille unverhoffte Freude. Sie hielten das Hüttchen so rein, daß es eine Lust war, anzusehen. Im Sommer besorgte Rosenroth das Haus, und alle Morgen, wenn die Mutter aufwachte, stand ein schöner Blumenstrauß vor ihrem Bette, und von jedem Bäumchen eine Rose. War es weiter, so zündete Schneeweißchen das Feuer auf dem Heerde an, und hing den Kessel an den Feuerhaken; der Kessel aber war von Messing, und so rein, daß er wie Gold glänzte. Abends, wenn die Flocken fielen, sagte die Mutter: »Geh' hin, Schneeweißchen,   und schieb' an der Hausthür den Riegel vor!« und dann setzten sie sich an den Heerd; die Mutter nahm die Brille, und las aus einem großen Buche vor, und die
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