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Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67

Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67

Titel: Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67
Autoren: JazzyBee Verlag Jürgen Beck
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beiden Mädchen spannen und näheten; neben ihnen aber lag auf dem Boden ein Lämmchen, und hinter ihnen auf einer Stange saß ein weißes Täubchen, und hatte seinen Kopf unter die Flügel gesteckt.

     
    Nun begab es sich eines Abends, als sie beisammen saßen, daß jemand an die Thüre pochte, als wollte er eingelassen seyn. Da sprach die Mutter: »Mach auf, Rosenroth, es wird ein Wandrer seyn, der Obdach sucht!« Rosenroth ging, und schob den Riegel weg; aber es war kein Mensch, der eintrat, sondern ein schwarzer Bär streckte seinen dicken Kopf zur Thüre herein. Rosenroth schrie laut auf, und sprang zurück; das Lämmchen blökte, das Täubchen flatterte auf, und Schneeweißchen versteckte sich hinter der Mutter Bette. Aber der Bär fing an zu sprechen, und sagte: »Fürchtet euch nicht, ich thue euch nichts zu Leide, ich will mich nur ein wenig an eurem Feuer wärmen!« – »So leg' dich nur da hin!« antwortete die Mutter, und rief die Kinder, und sprach: »Schneeweißchen! Rosenroth! kommt nur her, der Bär thut euch nichts, er meint's ehrlich.« Da kamen die Kinder herbei, und das Lämmchen und das Täubchen verloren auch die Furcht, und näherten sich. Nach einem Weilchen sagte der Bär: »Seyd doch so gut, ihr Kinder, und klopft mir den Schnee aus meinem Pelzwerk heraus.« Sie holten den Besen, und kehrten den Bär ab, der streckte sich hin, und brummte ganz vergnügt. Sie wurden endlich recht vertraulich mit einander; sie zauseten sein Fell mit den Händen, oder setzten ihre Füßchen auf ihn, und walgerten ihn hin und her; oder holten eine Gerte, und schlugen damit auf ihn los. Der Bär ließ sich dies Alles gefallen, nur wann sie's gar zu arg machten, rief er: »Laßt mich nur am Leben,

     

     
      Schneeweißchen, Rosenroth,

     
      Schlägst dir den Freier todt!«

     

     
    Als Schlafenszeit war, und die Mutter mit den Kindern zu Bette ging, sagte jene zum Bär: »Du kannst in Gottes Namen da am Heerd liegen bleiben, so bist du vor dem Wetter geschützt.« Am andern Morgen, als es Tag war, ließen ihn die Kinder wieder hinaus, und er trabte, über den Schnee fort, in den Wald.

     
    Von nun an kam der Bär jeden Abend zu der bestimmten Stunde, und legte sich an den Heerd, und sie waren so gewöhnt an ihn, daß des Abends nicht eher zugeriegelt wurde, als bis der schwarzbraune Gast angelangt war.

     
    Als das Frühjahr herangekommen, und draußen Alles grün war, sagte der Bär eines Morgens: »Nun muß ich fort, und darf den ganzen Sommer nicht wieder kommen.« Da fragte Schneeweißchen: »Wo gehst du hin?« – Und der Bär antwortete: »Ich muß in den Wald, und meine Schätze vor den Zwergen hüten; im Winter, wenn die Erde hart gefroren ist, müssen sie unten bleiben, und können nicht durchbrechen; aber jetzt steigen sie heraus, suchen und stehlen, und was sie einmal in ihre Höhlen getragen haben, das kommt so leicht nicht wieder an den Tag.«

     
    Da öffnete ihm Schneeweißchen die Thüre, und als der Bär sich hinausdrängte, blieb er an einem Thürhaken hangen, und ein Stück von seiner Haut riß auf, und da war es Schneeweißchen, als hätte es Gold durchscheinen gesehen; aber es wußte es nicht recht, weil der Bär eilig fortgelaufen war.

     
    Nach einiger Zeit sagte die Mutter: »Geht, Kinder, und sammelt Reisig, unser Vorrath ist bald zu Ende.« Da gingen die Kinder, und als sie draußen im Walde waren, sahen sie einen großen Baum, der gefällt auf der Erde lag, und an dem Stamme, zwischen dem Grase, sprang etwas auf und ab; sie konnten aber nicht unterscheiden, was es war. Sie traten näher hinzu, und sahen einen Zwerg mit einem alten und verwelkten Gesicht und einem ellenlangen Bart, der schneeweiß war. Aber das Ende des Barts war in eine Spalte des Baumstammes eingeklemmt, und der Kleine sprang hin und her, wie ein Hündchen an einem Riemen, und wußte nicht, wie er sich helfen sollte. Er glotzte die Mädchen mit seinen rothen, feurigen Augen an, und rief: »Was steht ihr da; könnt ihr nicht herbeikommen, und mir Beistand leisten?«

     
    »Was hast du denn angefangen, du kleines Männchen?« fragte Rosenroth.

     
    »Neugierige Geschöpfe!« antwortete der Zwerg. »Den Baum habe ich mir spalten wollen, um kleines Holz zum Kochen zu holen, bei einem dicken Klotz verbrennt gleich das Bischen Speise, das unser einer braucht. Ich hatte einen Keil hineingetrieben, aber das verwünschte Holz muß zu glatt gewesen seyn, da sprang er wieder heraus, und der Baum fuhr wie der Blitz
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