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Maedchenlose

Titel: Maedchenlose
Autoren: Brigitte Augusti
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höchste Ideal meines Strebens – anzusetzen, als bis ich mir die nötigsten praktischen Kenntnisse erworben habe, damit, wenn ich einmal heiraten sollte, ich im stände sei, meinem Hause mit Umsicht und Verständnis vorzustehen. Lebt wohl, ihr guten Menschen, unter denen ich so viel Liebe und Edelsinn gefunden habe; an euch habe ich gelernt, wie man mit seinenHänden arbeiten und rastlos schaffen, und sich doch dabei ein warmes empfängliches Herz für alles Edle und Schöne bewahren kann! – – –
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    Erna v. Westheim an Rose Grund.
    M., den 10. August.
    Meine liebe Rose!
    Gestern sind wir zu Hause angekommen, nachdem wir eine wunderschöne kleine Reise gemacht haben. So überglücklich ich war, mit meinen Eltern vereint zu sein, so herrliche Eindrücke ich auf der Reise empfangen habe, so sind meine Gedanken doch oft in dem lieben Lindenhorst eingekehrt und haben Euch alle in dem wohlbekannten Kreise mit inniger Liebe und treuem Gedenken aufgesucht. Heute komme ich mit einer Anfrage zu Dir, liebe Rose, mit einem Plan, der mich schon in Lindenhorst lebhaft beschäftigte und der die volle Billigung meiner Mutter gefunden hat. Du sagtest mir einmal, Du wolltest zum Herbst eine Stelle zur Stütze der Hausfrau suchen – könntest Du Dich entschließen, sie in unserm Hause anzunehmen? Unsere alte Haushälterin kann ihr Amt nicht mehr versehen und hat schon lange gebeten, es niederlegen zu dürfen; ohne eine Hilfe aber möchte Mama ihre Wirtschaft nicht führen, und die meinige reicht doch nicht aus. Alles Nähere würde Mama selber mit Dir verabreden, ich möchte nur anfragen, ob Du überhaupt Neigung hättest, diesen Vorschlaganzunehmen, und Dich versichern, daß neben den Pflichten, die Du zu übernehmen hättest, meine Eltern immer meine Freundin in Dir sehen und daß Du vollen Anteil an dem Leben in unserm Hause nehmen würdest. Ich male es mir verlockend aus, unser Zusammensein in Lindenhorst hier fortzuführen, mit Dir zu studieren und zu musizieren und all die praktischen Künste von Dir zu lernen, in denen ich so weit hinter Dir zurück bin.
    Ich reiche Dir mit herzlicher Liebe die Hand; schlage ein, liebe Rose, und gieb bald einen günstigen Bescheid
    Deiner
    Erna.
    Rose Grund an Erna v. Westheim.
    Lindenhorst, den 15. August.
    Liebe süße Herzens-Erna! Als ich Deinen Brief gelesen hatte, habe ich mich hingesetzt und geweint, wie noch kaum in meinem ganzen Leben; es ging mir wie Frau Neßler, als sie die Kuh sah, ich konnte mich vor Freuden gar nicht beruhigen. Und dann habe ich an Tante Emmas weise Worte gedacht: dankt dem lieben Gott dafür, aber mit frohem Herzen und nicht mit Thränen, und ich bin herumgesprungen in der Wonne meines Herzens und habe es im Triumph dem ganzen Hause verkündet, welch ein Glück mir zu teil geworden wäre. O lieber Gott, wie gut bist Du, daß Du so für ein armes Waisenkind sorgst! – O Erna, wie einzig von Dir, so an mich zu denken und Deine Mama für Deinen liebreichen Plan zu gewinnen!Ich will arbeiten und schaffen, daß es eine Lust sein soll; ich will nur für Euer Wohl und Bestes sorgen und meine ganze Befriedigung darin suchen, die treueste, gewissenhafteste, anspruchsloseste Stütze zu sein, die es je gegeben hat. Daß Du auch künftig in mir Deine Freundin sehen willst, dafür segne Dich Gott und schenke Dir das höchste irdische Glück, denn Du verdienst es.
    Liebe süße Erna, wie haben wir alle uns nach Dir gesehnt, und wie vermissen wir Dich noch heute! Es ist mit Worten nicht zu sagen, welch einen Riß Deine Abreise machte. Alle Poesie schien mir mit einem Schlage aus der Welt geschafft zu sein. Lache mich nur aus, daß ich hausbackenstes aller Wesen von Poesie spreche; ich glaube, ich habe erst durch Dich eine Ahnung von diesem Artikel erhalten. Jetzt scheint mir alles trocken und nüchtern, es ist niemand mehr da, der die wirtschaftlichen Vorgänge mit großen, erstaunten Augen betrachtet, niemand, der wie aus einer andern Welt in all unser Treiben hineinschaut. Bruno sieht noch viel trüber und bleicher aus, seit er seine gelehrte Freundin verloren hat; Dr. Kron findet kein Ohr mehr für seine litterarischen Untersuchungen; die Kinder langweilen sich ohne Deine Geschichten, und Herr v. Rothenburg – doch ich schweige ja schon still, da Du über manche Punkte leicht böse wirst. Alle senden Dir die zärtlichsten Grüße, manche auch nur warme oder respektvolle, je nach ihrer Stellung. Ich mache Deiner verehrten Mutter meine tiefste Reverenz und sehe
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