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Mädchen und der Leibarzt

Mädchen und der Leibarzt

Titel: Mädchen und der Leibarzt
Autoren: S Beerwald
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Gelegenheit gegeben haben könnte, bei ihrem Leibarzt in die Lehre zu gehen. Als Vorbild für seine Person diente mir Dr. Johann Nepomuk zum Tobel, der Leibarzt der Fürstäbtissin zu Buchau, dem neben seiner eigentlichen Aufgabe eine freie Praxis zugebilligt wurde, um die Stiftsangehörigen zu betreuen. Außerdem oblag ihm die Aufsicht über die Hebammen sowie die Anfertigung von medizinischen Gutachten in Kriminalfällen. Über seine genauen Lebensdaten ist nichts bekannt, auch nichts über seinen Verbleib nach der Stiftsauflösung. Das eigentümliche Refugium des Äskulap, seine spezielle Art der Rechnungslegung, kurz, die gesamte Persönlichkeit des Monsieur Dottore Tobler entstammen dem Reich meiner Erfindungen.

    Sebastian von Moltzer hingegen befand sich ab 1787 tatsächlich als Stiftskanzler in Diensten der Fürstäbtissin. Von ihm existiert ein Gemälde, so dass ich mir seine Person gut vorzustellen vermochte, ebenso von Borginino, dem stets lächelnden Leibdiener der Fürstäbtissin, über den sich die Quellen weiterführend jedoch ausschweigen. So bekam Borginino von mir die Gelegenheit, zusammen mit Ernestine und Lukas, die in der Welt des Romans mit ihm leben, das Kirchensilber vor dem König zu retten.
    Als eigentlicher Vater der Blatternimpfung gilt der englische Chirurg Edward Jenner (1749 – 1823). Trotz zahlreicher Widerstände und Argumente seiner zeitgenössischen Kritiker – im Roman führt hier stellvertretend der Äskulap das Wort – wagte er es, am 14. Mai 1796 nach langjährigen Aufzeichnungen den Beweis anzutreten. Er impfte dem achtjährigen James Phipps die Flüssigkeit aus den Melkerknoten einer Milchmagd. Als Edward Jenner ihn nach einigen Wochen den Blattern aussetzte, war der Junge vor der Krankheit geschützt. Jenner benannte das Verfahren Vakzination (nach dem lateinischen vacca = Kuh). Die Royal Society weigerte sich jedoch, die Entdeckung eines unstudierten Landarztes anzuerkennen, die von ihrem damaligen Wissensstand derart abwich und deshalb für irrig erklärt wurde. Doch die Angst der Bevölkerung vor den Blattern war um einiges größer als die Bedenken vor der Vakzination. Und somit kennen wir Schutzimpfungen mit abgeschwächten Krankheitserregern bis heute.

BEGRIFFSERKLÄRUNGEN
    ÄSKULAP: Griech.-röm. Gott der Heilkunde. Bildliche Darstellung mit einem von einer Schlange umwundenen Stab. Der Äskulapstab gilt als Zeichen der Ärzteschaft und in Verbindung mit einer Schale als Standessymbol der Apotheker.
    BEMÄNTELUNG: Aufnahme ins Stift
    BESITZERGREIFUNGSPATENT: In der frühen Neuzeit musste jeder Besitzwechsel von Grund und Boden schriftlich bekanntgemacht werden. Die bis heute zahlreich in den Archiven erhaltenen Besitzergreifungspatente der Säkularisation sind jedoch nicht nur reine Verwaltungsdokumente – sie sind Zeugen eines nachhaltigen Umbruchs.
    BLANKSCHEIT: Vom franz. blanchet abgeleitet. Ein dünnes Holzstück, auch Quälholz genannt, das vorne senkrecht im Mieder steckend der Frau zu einer geraden Silhouette verhalf. Berühmt berüchtigt sind solche mit eingeschnitzten Liebesschwüren eines Mannes, der der Angebeteten auf diese Weise nahe sein durfte.
    BLASENPFLASTER: Das Gift der Spanischen Fliege (Cantharidin) wurde mittels eines Pflasters auf die Haut aufgebracht.
Es bildeten sich Blasen, und man nahm an, den Körper so von krankhaften Flüssigkeiten zu befreien.
    BLATTERN: Blasen, auch Pocken genannt. Ihren Höhepunkt erreichte die Seuche in Europa im 18. Jahrhundert. Rund 60 Millionen Menschen fielen ihr zum Opfer. Erst 1980 wurde die Krankheit von der Weltgesundheitsorganisation für ausgerottet erklärt.
    CHEMISE (FRZ.): Ein langes Unterhemd aus Leinen, das unter dem Mieder getragen wurde und auch als Nachthemd verwendet werden konnte.
    CHINARINDE: Auch als Jesuitenpulver bezeichnet, weil sich die Jesuiten um die Verbreitung dieses fiebersenkenden Mittels verdient gemacht haben. Das im Rindenpulver des in Südamerika beheimateten Chinabaums enthaltene Chinin wurde bald zum Allheilmittel gegen Fieber und Schmerzen. Noch heute wird dieser Wirkstoff zur Malariabehandlung angewandt.
    CUL DE PARIS (FRZ.): Mit Hilfe entsprechender Polster wurde das weibliche Gesäß betont, der Rock gehoben und gleichzeitig die Taillenweite optisch verkleinert. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts kam das »französische Hinterteil« außer Mode.
    EPILEPSIE: Früher auch als Heilige Krankheit bezeichnet.
    ESSIG DER VIER RÄUBER: Der Name geht zurück auf die Legende von vier
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