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Mädchen und der Leibarzt

Mädchen und der Leibarzt

Titel: Mädchen und der Leibarzt
Autoren: S Beerwald
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nicht.«
    Borginino kniete sich neben sie. »Was ist los mit dir? Du zitterst ja …«
    »Es ist alles zu viel. Ich fühle mich so schwach. Ich kann nicht mehr.« Kaum hatte sie es ausgesprochen, liefen ihr auch schon die Tränen über die Wangen.
    Borginino streichelte unbeholfen über ihre Hand. »Das sind die Nerven, Helena. Ist auch kein Wunder … Warte!« Einen Augenblick später hielt er ihr den guten Rührkuchen unter die Nase. »Hier. Davon isst du jetzt ein Stück. Und
keinen Widerspruch! Als Medicus solltest du wissen, dass der Körper Nervennahrung braucht.«
    »Ich bin kein Medicus.«
    »Kein Widerspruch, habe ich gesagt.«
    Mit zitternden Fingern nahm Helena den Kuchen, und schon nach dem ersten Bissen fühlte sie sich besser.
    Borginino nickte zufrieden, als sie aufgegessen hatte. »Wir sollten uns jetzt dennoch ein wenig beeilen, meine ich.«
    »He, ihr zwei, was treibt ihr da?«
    Helena rappelte sich gerade noch vom Boden auf, als die beiden Diener, denen sie die Kiste abgenommen hatten, mit voll beladenen Tellern vor ihnen standen. Offensichtlich hatten sie ein ruhiges Plätzchen gesucht, um sich ungestört ihr Essen einzuverleiben, doch ihre brisante Entdeckung schien ihnen zu gefallen. Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, malten sie sich bereits die königliche Belohnung ihres Dienstherrn aus.
    Es hatte keinen Sinn, irgendetwas zu leugnen. Die Situation war zu eindeutig, und auch Borginino leistete keinen Widerstand. Wie versteinert hielt er einen edelsteinbesetzten Elfenbeinkamm in Händen.
    Prompt giftete ihn der alte Diener an: »Was grinst du so dämlich, du elender Dieb? Da hört sich doch alles auf! Ich werde dem Herrn Huldigungskommissär sofort Meldung erstatten!« Mit einer barschen Kopfbewegung gab er seinem Enkel Anweisung loszulaufen.
    »Das ist doch alles nur eine Täuschung!«, platzte Helena heraus.
    Der junge Diener hielt inne. »Eine Täuschung?«, höhnte er. »Dafür sieht es ziemlich echt aus, was ihr da treibt. Und es wird den Grafen sicherlich sehr interessieren.«

    »Macht euch doch nicht lächerlich!«, rief Helena aus. »Wahrscheinlich hat euch der Graf nur nicht in seine Pläne eingeweiht, weil ihr so einfältig seid!«
    »Was erlaubst du dir, du unverschämtes Weib?«, knurrte der alte Mann.
    Helena versuchte die Aufregung in ihrer Stimme zu verbergen. »Habt ihr wirklich geglaubt, dass der Huldigungskommissär das Essen aus reiner Güte und Wohltätigkeit verteilen lässt?«
    Die beiden sahen sich verdutzt an.
    »Das Ganze dient doch nur dazu, das Volk bei Laune zu halten und es abzulenken! In Wirklichkeit haben wir Befehl, leere Essenskisten in die Schatzkammer zu tragen und die ganzen Kirchenschätze einzusammeln.«
    »Aber das Inventarverzeichnis …«, hob der junge Diener an.
    »Natürlich weiß ich von den Plänen des Herrn Huldigungskommissärs«, fuhr ihm der bucklige Alte über den Mund. »Schließlich bin ich schon seit Jahrzehnten in königlichen Diensten.«
    Sein Enkel funkelte ihn an. »Ich wollte auch nur den Wunsch des Grafen bestätigen, dass nicht alles im Inventar auftauchen soll, was es zu holen gibt.«
    »Der Herr Huldigungskommissär hat dich eingeweiht?« Ungläubig musterte er den Jungen.
    »So ist es.« Selbstzufrieden verschränkte dieser die Arme vor der Brust.
    »Ich nehme an, ihr wisst demnach auch von dem bühnenreifen Schauspiel, das der Graf morgen früh vollführen wird, weil kaum mehr etwas von den Kostbarkeiten da sein wird?«

    »Gewiss, gewiss«, beeilte sich der alte Diener zu sagen.
    »Und wir werden gekonnt mitspielen!«, setzte sein Enkel hinzu.
    Helena atmete erleichtert aus. »Sehr gut. Sodann dürfte euch die Vorgehensweise bekannt sein. Die kostbare Ladung muss vor das Kirchenportal gebracht werden, als seien es leere Essenstruhen. Dort lasst ihr sie stehen. Sie werden von ein paar weiteren Dienern abtransportiert.«
    »Du brauchst uns keine langen Erklärungen abzugeben. Wir wissen längst Bescheid.«
    »Vielleicht bekommen wir sogar eine Belohnung vom Herrn Huldigungskommissär!«, sagte der junge Diener voller Begeisterung.
    Helena schüttelte bedauernd den Kopf. »Hinsichtlich der Belohnung wendet euch bitte an die ehemalige Fürstäbtissin des Stifts. Der Herr Huldigungskommissär hat Anweisung gegeben, dass alle Diener, die sich besonders verdient gemacht haben, eine hohe Sonderzahlung von ihr erhalten. Im Übrigen solltet ihr Stillschweigen bewahren … wegen des Neides … Ihr wisst schon!«
    »Eine hohe
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