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Madam Baeurin

Madam Baeurin

Titel: Madam Baeurin
Autoren: Lena Christ
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die Höhe.
    Draußen vor dem Tor steht der Assessor mit seinem Freunde.
    »Indianerfreuden!« sagt dieser mitleidig. »Sie sind doch noch Wilde, diese Bauern!«
    Der Assessor will antworten.
    Da erkennt er Rosalie.
    Sieht, wie Franz Schiermoser sie in den Armen hält, küßt, mit ihr tanzt, sie wegführt!
    Da wendet er sich schweigend ab und folgt dem Freunde.
    Etliche Tage später empfängt Rosalie einen Brief, der weiter nichts enthält als die Worte: »Ich betrachte unsere Verlobung als gelöst, von Rödern.«
    »Na also!« sagt Tante Adele. »Es geht doch alles, wie es gehen soll. Morgen fahren wir zurück in die Stadt und rüsten den Brautwagen!«

19

    Franz Schiermoser ist also Hochzeiter und ist sehr zufrieden und glücklich darüber.
    Denn er sagt sich, daß er mit Rosalie niemals verspielt haben wird.
    Und was die Leut' sagen werden, das bekümmert ihn nicht. Er mischt sich auch nirgends drein.
    Sollte aber wirklich einer den Mund allzu weit auftun über die Sache, so würde er ihm den schon schließen auf eine Art und Weise, daß er eine Zeitlang auf Gott und die Welt vergißt.
    Und so beginnt er gemeinsam mit seinem Vater und dem Alten das Haus für die neue Bäuerin zu richten und zu verjüngen.
    Denn alte Wänd' und morsche Böden taugen nicht für ein junges Leut' und ein frisches Blut.
    Rosalie aber sitzt derweilen drinnen in der Stadt und näht und stickt und probiert dies und das, läuft mit Tante Adele von Laden zu Laden und treibt die Handwerksleute zur Eile an.
    Ihre Mutter, die Rätin, ist mit Sack und Pack abgereist zu einer von ihren verheirateten Töchtern, um sich dort auszuweinen über die unglaubliche Kränkung, die ihr durch Rosalies Heirat zugefügt wurde.
    Sie tut wirklich, als wollte sie jedes Band zwischen sich und ihrer Tochter zerreißen.
    Tante Adele freilich meint, das geschehe alles bloß, um nach außen hin »Eindruck zu schinden« als unglückliche Mutter; im Innern sei sie ganz gewiß zu Tod froh, daß ihre Tochter einen Bauernhof im Wert von mindestens achtzigtausend Mark und leichtlich an die zwanzigtausend Mark bares Geld erheiratet.
    Und sie ärgert sich bei dem Gedanken, daß es die Rätin doch nun so gut haben könnte, wenn sie nicht so ein hochmütiges Frauenzimmer wär'!
    Sie selber opfert willig ihre ganzen Ersparnisse, ihre Zeit und ihre Ruhe für das Bräutl; »denn«, meint sie, »wenn ich mich nicht kümmere um das Mädl, wer soll's denn tun? – Sie wird ihre alte Tante schon nicht vergessen, die Rosl.« Das hat Rosalie auch gar nicht im Sinn.
    Vielmehr hat sie sich bereits von ihrem Hochzeiter ausgebeten, daß Adele jeden Sommer als Gast auf dem Schiermoserhof weilen darf.
    Und Franz fand nichts Unbilliges an der Bitte und meinte: »Dees kannst halten, wie d' magst, Roserl.«
    Also wird fröhlich der Tag genützt und die Stunde, auf daß alles gut und recht wird zur Hochzeit.

20

    Schon seit Menschengedenken pflegen die Bauersleute den Brauch, daß sie um die stille Zeit des Advents keine laute Hochzeit machen.
    Ja, manche sagen sogar, man solle zwischen Kathrein und Heiligdreikönig überhaupt nicht heiraten, denn die um dieselbige Zeit geschlossenen Ehen schlügen gar oft zum Unglück aus.
    Ob der Volksglaube dabei an das Walten böser und unholder Mächte gemahnt, oder ob er dem Unsegen religiöse Ursachen und Wirkungen zugrunde legt, darüber denkt kaum einer nach; aber tatsächlich müssen schon zwingende Beweggründe vorhanden sein, daß sich ein versprochenes Paar in den Wochen des Advents einsegnen läßt.
    So etwa, daß die Hochzeiterin nicht mehr weit hin hat, bis sie eine Wiege neben das Ehebett stellen muß.
    Oder daß ein Hochzeiter gar geschwind ein goldenes Bremsscheit braucht, um den rollenden Bankerottskarren noch schnell aufzuhalten, ehe er ihm sein ganzes Heimatl über den Haufen fährt.
    Aber daß einer bloß um der Ehe selber willen in der stillen Zeit heiratet, das ist gegen Brauch und Herkommen und fordert das Gerede der Leute heraus. Und so darf es Franz Schiermoser nicht wundernehmen, wenn heut, am dritten Sonntag im Advent, ganz Berganger und die Leute der umliegenden Orte des Kirchspiels von ihm reden, die Köpfe schütteln und ihren Unkenruf ertönen lassen.
    Denn heute hat nach der sonntäglichen Predigt der hochwürdige Herr gewiß und wahrhaftig ganz laut und deutlich von der Kanzel herab verkündigt: »Zum heiligen Stand der Ehe haben sich versprochen der ehr- und tugendsame Jüngling Franz Schiermoser, Schiermoserbauernsohn
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