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Madam Baeurin

Madam Baeurin

Titel: Madam Baeurin
Autoren: Lena Christ
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an diesem Tag hält sie's kaum aus an ihrem Fensterplatz.
    Schon früh um vier Uhr schlurft die Barbara in den Hühnerstall und hinüber zu den Gänsen.
    Ein kurzes, aufgeregtes Geschrei und Gegacker – dann kommt die Tochter wieder zum Vorschein. In der einen Hand zwei Hühner mit durchschnittenen Hälsen, in der andern eine schwere Gans.
    Und dann tritt der Schiermoser aus dem Haus, gefolgt von seinem Sohn, dem Franz, und Rosalie, deren werktätige Hilfe sich der Bauer für das Fest erbeten hatte.
    Die Tenne wird geöffnet, ein großer Tisch, der Backtrog voll heißen Wassers und eine Schüssel voll Pech stehen bereit. – Der Schiermoser zieht die quieksende, schreiende Kirchweihsau aus dem Stall.
    Die Schiermoserin zerrt und reißt an ihrem Schürzenband – an dem Vorhang – an ihrem Rosenkranz.
    »Was? Dees Weibsbild derf statt meiner mithelfa beim Abstecha? Sie derf 's Bluat rührn vom Schiermoser seiner Kirtasau? Naa, i halts nimma aus ... i muaß abe ...«
    Schon ist sie an der Tür.
    Aber da dringt schon der kurze Schrei des Tieres, der dumpfe Schlag des Holzschlegels und das Rufen des Schiermosers an ihr Ohr.
    Und die Alte kommt eben in dem Augenblick die Stiege herab und sagt: »Hast es gsehgn, Rosina! Sie muaß mithelfa! Dees kinnan guate Kirtawürscht werdn, bals dee Stadtgoaß macht. Macht nix. Die sollns nur einkenna, was a rechte Bäuerin is und was koane.«
    Jawohl. Recht hat sie, die Großmutter. Die sollen's nur einsehen! Jetzt, heut und morgen wird sich's ja zeigen, was sie taugt auf einem Bauernhof, die Städterin.
    Und sie setzt sich mit wildklopfendem Herzen wieder an ihren Platz.
    Aber drüben auf dem Hof geht alles seinen Gang.
    Das Schwein wird geschlachtet, gebrüht, geputzt und zerteilt; es hängt, schön mit leinenen Tüchern bedeckt gegen die Fliegen, luftig in der Tenne, und die Mägde sind schon beim Putzen und Zurichten der Ingeweide.
    Und nach diesem werden die Leberwürste und die Leberknödel, der Blutpressack und die Milzwurst bereitet, und schließlich geht's an das große Putzen und Aufwaschen.
    Denn nun heißt's, die Kirtanudeln und Krapfen backen, und dazu muß die Kuchel rein und sauber sein.
    Den Nudelteig hat inzwischen schon des Schiermosers zweite Tochter, die Mariedl, abgeschlagen und als kleine Kräpflein auf die mehlbestäubten Bretter gereiht.
    Nun schürt sie das Feuer zur lustigen Flamme, die Barbara schleppt die großen Nudelpfannen und Schmalzhäfen herbei, und Rosalie stellt die bemalten Schüsseln, in denen die Krapfen auf den Tisch kommen, zurecht.
    Es geht wirklich und wahrhaftig, ohne daß eins aus dem Haus herüberkäme zu ihr, der Schiermoserin, und bittet: »Geh, Bäuerin, hilf uns; Kirta is!«
    Sie werden wirklich fertig ohne Bäuerin.
    Ein unendlicher Grimm und eine trostlose Bitterkeit kriecht in der Schiermoserin herauf. Es würgt in ihrem Hals und schüttelt sie in hartem Weinen.
    Und drüben im Hof geht der Tag seinen Gang in hurtigem Schaffen, gewürzt mit Lachen und Scherzen, mit Essen und Trinken.
    Denn Franz hat bereits das erste Faß mit Kirtabier im Hausflöz auf die Bank gestellt und angezapft.
    Und nachmittags um drei, da ringsum die Kirchenglocken das Fest einläuten, da tönt aus dem Haus der erste Juchschrei, die Zither erklingt, und ein lustiges Singen und Jodeln hebt an.
    Und dann hört man das Stampfen der tanzenden Burschen und das Lachen der Dirnen.
    Gegen Abend kommen dann die jüngeren Leute aus der Nachbarschaft in den Heimgarten.
    Der Schiermoser trägt die beiden Hälften der Kirchweihsau in die Kuchel, und Franz richtet in der Tenne die große »Kettenhutsche« her.
    Dazu schleppen die Nachbarburschen eine Menge schwerer Kuhglocken herbei. Diese werden schaukelartig an den mächtigen Querbalken der Tenne befestigt; die eine beim vorderen Tor und die andere beim rückwärtigen. Und diese beiden Kettenschaukeln werden nun verbunden durch zwei aufeinandergelegte, leichtlich sieben bis acht Meter lange Bretterladen aus gutem Eichenholz.
    Das Aufmachen der Kirchweihhutsche ist eine Ehrensache bei den Bauernburschen; denn da oft bis zu fünfzehn Personen auf dieser sitzen und schaukeln, muß sie sehr gewissenhaft gekettet und befestigt sein.
    Nach dem feierlichen Abendessen wird dann die Hutsche ausprobiert von sämtlichen Burschen und Mädchen des Hofs.
    Und so kommt es, daß die Schiermoserin und ihre Mutter noch spät abends das Rasseln der Ketten und das Knarren der Bretter, das Scherzen der Burschen und das Kreischen der
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