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Madam Baeurin

Madam Baeurin

Titel: Madam Baeurin
Autoren: Lena Christ
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Maidln hören müssen und keine Ruhe finden und keinen Schlaf bis tief in die Nacht.

    Kirchweihsonntag.
    Der dämmernde Morgen wird begrüßt von dem festlichen Geläute der Glocken ringsum; es rufen die alten, tiefen der großen Pfarrkirchen ernst und feierlich, und es klingen die kleinen Glöcklein der Kapellen hell und silbern hinaus in die Täler und hinauf an den Hügeln, schwingen und singen droben auf den Höhen und erfüllen die Luft mit ihrem vom Windhauch getragenen Ton wie ein Lied vom Himmel.
    Droben auf den Bergen ringsum stehen die Böller und schicken krachend und donnernd ihren Ruf hinaus ins Gau: »Auf! Kirchweih ist!«
    Und ihr Krachen bricht sich an den Wäldern und Höhen, wird zum rollenden Donner und erzittert endlich als vielstimmiges Echo an den Fenstern der Bauernhöfe ringsumher. Da wirds lebendig in den Häusern.
    Der Bauer bindet das buntseidene Halstüchl sorgfältiger, zieht das samtene Gilet mit den silbernen Knöpfen an und bürstet lange an dem schweren wattierten Kirchenrock herum.
    Die Bäuerin prangt im seidenen Gewand mit perlenbesetztem Fürtuch; sie hat das Haar gestrählt und pomadisiert und trägt eine feierlich-andächtige Miene zur Schau.
    Der alte Großvater nimmt den langen tuchernen Festtagsrock aus dem Kasten, zieht die glänzenden Kanonenstiefel über die engen Lederhosen und zählt die Kreuzer zum Biergeld in seinem altmodischen Zugbeutel.
    Die Burschen und Knechte stehen lachend und stänkernd in der kurzen Wichs unter der Haustür, richten den Flaum am Hut, horchen auf die Sackuhr, ob sie geht, und probieren die Schärfe des Messers, ehe sie es im hinteren Hosensack verschwinden lassen.
    Die Töchter und Mägde aber schwatzen und kichern, richten zum drittenmal das Haarnest und zum viertenmal die Halsbarbe, zupfen an den Röcken und glätten die Schürzen, behängen den Hals mit Ketten und bestecken den Spenzer mit Broschen und Nadeln.
    Und endlich versammeln sich alle drinnen in der großen Stube; die Bäuerin breitet das schwere linnene Festtagstafeltuch auf dem Eßtisch aus, die Tochter oder die Oberdirn stellt die Krapfenschüssel drauf, und die Kucheldirn trägt die Kaffeesuppe herein.
    Der Bauer betet den Morgengruß und bittet den himmlischen Vater um seinen Segen für Speis' und Trank, und dann beginnt die Kirchweih: zum Morgenimbiß Krapfen, Kücheln und Kirchweihbrot mit Kaffee, Brennsuppe und Leberwürsten.
    Nach der Kirche beim Postwirt oder beim Oberwirt, beim Unter- oder beim alten Wirt die Kirtamaß für den Heimweg. Und daheim der Festtagsschmaus!
    Die Mannsbilder ziehen schon vor dem Essen die Joppe aus und setzen sich hemdärmelig um den Tisch.
    Dann gehts in schöner Ordnung und nach altem Brauch und Herkommen: erst kommt die Schüssel mit dem Kraut und den Blutwürsten; dann das Voressen. Darnach die Fleischsuppe mit den Leberknödeln, das Rindfleisch und die roten Rannen. Nun füllt der Hausvater die Bierkrüge. Die Bäuerin aber trägt weiter auf: den schweinernen Braten und die Kirchweihgans, die gebackene Milzwurst und den gedämpften Gockel.
    Die Weiberleut beginnen langsam zu seufzen, und die Mannsbilder knöpfen bedächtig die Knöpfe des Gilets und der Hose auf.
    Aber der Hausherr hilft abermals nach mit frischem, gutem Trunk.
    Und so geht das Essen seinen Gang weiter: nach dem Gockel kommt das Kälberne auf den Tisch und nach diesem die Apfelküchel, die roggernen Schmalznudeln und die weizernen Kirchweihkrapfen.
    Den Dankgott betet die Bäuerin meistens für sich allein. Denn die anderen Glieder des Hauses sind ernst und schweigend hinausgegangen – in den Stall – in den Hof – hinter das Haus.
    Eine gute Kaffeesuppe aber bringt wieder Munterkeit und wirkt befreiend. Man lacht wieder, scherzt, stänkert und ist endlich in der Stimmung, die zum Kirtatag gehört.
    Der eine nimmt die Zither zur Hand und der ander die Harmonika, der Oberknecht faßt die Unterdirn um die Mitte, hebt sie juchzend in die Höh, und bald ist alles im Wirbel des Tanzes und im Trubel der Lust des Tags.
    Und was nicht Essen und Trinken, nicht Tanzen und Singen zuweg brachten, das erreicht die Hutsche.
    Kreischend und lachend sitzen die Weiberleut auf dem langen Brett; ein paar stämmige Burschen stehen an den Enden der Hutsche auf dem äußersten Rand und umklammern mit ihren Fäusten die langen Ketten.
    Der Musikantenlippel spielt auf der Ziehharmonika einen Marsch, und die Burschen beginnen langsam die Schaukel zu treten.
    Erst ganz bedächtig, die
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