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Machtrausch

Machtrausch

Titel: Machtrausch
Autoren: Rainer C. Koppitz
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ohnehin in etwa zwanzig Meter Tiefe. Nach ungefähr vierzig Minuten wollten sie dann langsam auf das Riffdach tauchen, um den Tauchgang dort gemütlich ausklingen zu lassen. Es gab dort eine Menge Rotfeuerfische, die mit ihrem tiefroten Gefieder zu den schönsten und eigentümlichsten Fischen der Tropen zählten. Die Berührung mit ihren Stacheln war hochgiftig. Kurt nickte. Er hatte bereits über vierhundert Tauchgänge in den unterschiedlichsten Gewässern hinter sich gebracht, viele davon an Riffen, die den Green Caves stark ähnelten. Danach zog sich Ahmed wieder in den hinteren Teil des Bootes zurück, um sich mit dem Bootsführer zu unterhalten. Beide lachten häufig. Kurt schlürfte langsam den heißen Instantkaffee und, wie leider viel zu oft, schweiften seine Gedanken in Richtung der Firma ab. Die Schuegraf AG, deren Chef er war, war weltweit aktiv und machte ordentlich Gewinn. Bisher immer ausreichend. Doch neuerdings gehörte die Mehrheit der Firma nicht mehr der ursprünglichen Gründerfamilie Schuegraf, sondern einer Gruppe englischer Investoren. Jenen schien die Dividende plötzlich zu niedrig zu sein, und über ihre Vertreter im Aufsichtsrat verliehen sie immer stärker der Meinung Ausdruck, man müsse größere Anstrengungen unternehmen, das in der Firma schlummernde Potential auszuschöpfen. Dies war die positive Umschreibung von: Trennung von renditeschwachen Unternehmensteilen, Aussortieren von Lieferanten, die nicht jährlich ihre Preise im zweistelligen Prozentbereich reduzieren konnten und, womit er am meisten haderte, radikale Verlagerung von Fertigungskapazitäten aus Deutschland in Länder mit niedrigeren Löhnen. Bislang hatte er sich dem widersetzen können, hätten die geforderten Schritte doch eine klare Abkehr von seinem Prinzip bedeutet, einen ausgewogenen Kurs zwischen den Interessen von Kunden, Aktionären, Lieferanten und den über dreißigtausend Mitarbeitern zu fahren. Er fragte sich, wie lange er diese anscheinend aus der Mode gekommene Linie noch weiterverfolgen konnte, ohne dass es zum offenen Dissens zwischen ihm und den neuen Eignern kommen würde. Der Versuch, diese Gedanken zurückzudrängen und sich auf die friedfertige Stimmung des Indischen Ozeans und das gleichmäßige Motorgeräusch des Schiffsdiesels zu konzentrieren, gelang ihm nicht völlig.
    Nach fast neunzig Minuten geruhsamer Fahrt, bei der sie lediglich zwei kleinen Fischerbooten begegnet waren, verlangsamte der Bootsführer das Schiff. Mitten im offenen Meer, in der Ferne war das Sandweiß und Palmengrün der nächstgelegenen kleinen Inselchen zu erkennen, blieb das Dhoni schließlich bewegungslos auf der glatten Wasserfläche liegen. Hier, direkt unter ihnen, mussten die Green Caves liegen, ein Riff, das so tief unter der Wasseroberfläche endete, dass Kurt Beckendorf von oben mit seinen ungeübten Augen annähernd nichts sah – außer Wasser. Ahmed bedeutete ihm, er solle sich tauchfertig machen. Daraufhin begab er sich zu seiner Tasche, montierte mit geübten Griffen Tauchjacket und Atemgerät auf die bereitstehende 12- kg-Aluflasche und zog sich mühsam den drei Millimeter dicken Neoprenanzug sowie die Füßlinge an. Um das Anlaufen im Wasser zu verhindern, verteilte er etwas Spucke in seiner Taucherbrille und wusch sie mit einem Schluck aus der Süßwasserflasche wieder aus. Dann legte er Bleigürtel und die quietschorangen Flossen an, bevor ihm Ahmed in das Jacket mit der Flasche hinein half. Abschließend reichte ihm der Tauchguide einen Leihcomputer in der Größe einer dicken Armbanduhr, den er am linken Handgelenk befestigte. Ahmed selbst brauchte keine zwei Minuten, um sich ebenfalls bereit zu machen. Sie griffen nach den schweren Tauchlampen und setzten die Masken auf.
    Der Sprung vom Boot ins kristallklare Wasser war mit das Schönste beim Tauchen, fand Kurt. An der Wasser-oberfläche gaben sich Ahmed und er kurz das OK-Zeichen, ein mit Daumen und Zeigefinger gebildeter Kreis, worauf sie sich durch den abwärts gerichteten Daumen bedeuteten, jetzt gemeinsam abzutauchen. Beide drückten an ihrem Inflatorschlauch den Auslassknopf, der die Luft langsam aus dem Jacket entweichen ließ. Die Schwerkraft und der Bleigürtel taten ihre Arbeit, die beiden Taucher sanken langsam unter die Wasseroberfläche. Sofort wurde es still, und sie hörten nur noch das Blubbern des eigenen Luftausatmens. Kurt hielt sich mit der rechten Hand die Nasenlöcher durch die Silikonmaske hindurch zu und blies Luft in die Nase,
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