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Mach's falsch, und du machst es richtig

Mach's falsch, und du machst es richtig

Titel: Mach's falsch, und du machst es richtig
Autoren: Christian Ankowitsch
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sie einwirken). Dort will ich mich – unserer Gewohnheit zur Vereinfachung folgend – auf die Frage konzentrieren: Wie kann es kommen, daß uns jene einfachen Annahmen und Regeln, die wir über Gott und die Welt entwickelt haben, uns einerseits die besten Dienste leisten, andererseits aber das genaue Gegenteil des Geplanten bescheren? Um das zu verstehen, wäre es natürlich besser, Sie hätten das entsprechende Kapitel bereits gelesen. Daher mache ich Ihnen an dieser Stelle einen ungewohnten Vorschlag: Blättern Sie auf die Seite 178 , lesen Sie bis Seite 224 , und kehren Sie anschließend an diese Stelle zurück. Einverstanden? Bis später dann!

Die gewonnenen Erkenntnisse über die Macht einfacher Regeln lassen sich auch im eigenen Interesse einsetzen. Wir sollten dabei freilich auf die konkreten Zusammenhänge achten.
    Verstoßen Sie bewußt gegen Regeln: Hier ist sie endlich, die Auflösung der Einstiegsgeschichte. Sie erinnern sich: Die Sache mit den «Worstsellern», also den am schlechtesten verkauften Diogenes-Büchern des Jahres 2005 . Der Kniff von Verlagschef Daniel Keel bestand darin, eine einfache, weit verbreitete Regel bewußt umzukehren. Also
vorsätzlich
das Gegenteil des Üblichen zu tun. Normalerweise überbieten die Verlage einander ja mit Jubelmeldungen. Die simple Regel dahinter: Zeige den Menschen, daß du erfolgreiche Bücher machst, und es werden noch mehr kommen, um sie zu kaufen – und gleich alle anderen Bücher mit. Wer hingegen verlauten läßt, er gebe Bücher heraus, die exakt drei Käufer in einem Jahr gefunden haben (Frank O’Connor), der riskiert, daß man ihn für unfähig hält, und die Autoren ebenfalls. Aber wie wir gesehen haben, muß das nicht unbedingt so kommen. Vielmehr zeigt das Beispiel des Diogenes Verlags, daß auch das Schlechte in etwas Gutes umschlagen kann: indem man erst die Aufmerksamkeit der Menschen erregt und sie dazu bringt, sich die Sache genauer anzusehen. Im konkreten Fall mit durchschlagendem Erfolg, verzeichneten die Verkäufe des O’Connor-Bandes doch gigantische Steigerungsraten (+  1   000  %!). Nun gut, die Auflage betrug, in absoluten Zahlen gemessen, immer noch bescheidene 288 Exemplare, aber was soll’s – die Regel hat sich bewährt.
    Neigen Sie zu Einfallslosigkeit, blättern Sie ein wenig in der Weltliteratur der Regelverletzer – und Sie werden Ihren Weg finden: Lange Zeit mußten nur Menschen wie Künstler oder Journalisten um die Aufmerksamkeit der anderen buhlen, damit sie ihr Werk verkaufen konnten. Spätestens seit Beginn des Internetzeitalters müssen das auch alle anderen, um voranzukommen: wegen eines Jobs, einer Beziehung, ihres Selbstwertgefühls. Wer das Spiel in Echtzeit erleben will, der muß sich nur ein paar Tage in einem sozialen Netzwerk herumtreiben. Oder auf der Video-Plattform YouTube umsehen. Ein klassisches Mittel, dabei schnell voranzukommen, besteht darin, gegen eine einfache Regel zu verstoßen. Denn wir Menschen haben die entwicklungsgeschichtlich sinnvolle Angewohnheit, nicht weiter auf die vertraute Basisausstattung unseres Lebens zu achten (auf die sanft wogenden Wiesen, das Vogelgezwitscher, das Rauschen der Klimaanlage, das Schnurren des Automotors, das geschäftige Treiben der Kollegen, brave Kinder). Ungleich stärker reagieren wir auf die Ausnahmen von den einfachen Regeln. Jene könnten uns nämlich gefährlich werden oder dazu zwingen, unsere Annahmen zu modifizieren.
    Es hängt von Ihrem persönlichen Geschmack und von Ihren Zielen ab, wo Sie sich Anregungen für Ihre Regelverletzungen holen könnten. Die einen werden sie im «Guinness Buch der Rekorde» finden ( 1000 Hamburger in einer Minute hinunterschlingen), die anderen bei «Wetten, daß …» (mit einem Bagger eine Uhr reparieren) oder in der Literatur (bei dem amerikanischen Schriftsteller Ernest Vincent Wright, der 1939 die Novelle «Gadsby» veröffentlicht hat, in der es kein einziges «e» gibt) oder in der Kunstgeschichte (bei dem Künstler Marcel Duchamp, der 1917 einen trivialen Alltagsgegenstand für eine Kunstausstellung einreichte, ein Urinal, das er «Fountain» nannte). Und wieder andere werden sich an Werbeagenturen orientieren, die sich neben den Künstlern wohl am besten mit den «So brechen Sie erfolgreich die Regeln»-Regeln auskennen. Ein Meilenstein dieser Art ist eine Kampagne aus dem Jahr 1966 . Damals ließ die Deutsche Bundesbahn Plakate aufhängen, auf denen man nicht lesen konnte, was sie
tat
, sondern was
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