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Mach sie fertig

Mach sie fertig

Titel: Mach sie fertig
Autoren: Jens Lapidus
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Schnee. Zurück in ihre eigenen Spuren.
    Das Loch im Zaun. Sie krochen hindurch. Mahmud vorsichtig, so dass er kein Beweismaterial an den Schnittenden des Drahtes hinterließ.
    Durch den Schnee auf die andere Seite des Zauns.
    Runter auf den Weg. Mahmud fingerte nach dem Walkie-Talkie in seiner Tasche.
    Bekam es zu fassen.
    Lief weiter. Schrie Robert und Javier förmlich zu: »Es ist Zeit abzuhauen. Wir haben die Sachen, aber es ist in die Hose gegangen, fucked up.«
    Papa sah ihn an. »Woran denkst du?«
    »Ich überleg, wie ich Jamila helfen kann, das Solarium zu kaufen. Hab in der letzten Zeit eine Menge verdient.«
    »Ich hoffe nur, auf legalem Weg.«
    »Diejenigen, die es getroffen hat, sind nicht unschuldig, Papa. Ich schwöre.«
    Beshar sagte nichts. Schüttelte lediglich den Kopf.
    Sie tranken Kaffee. Wie es die Schweden auch immer taten. Mahmud fand den Kaffee zu süß, sagte aber nichts, Papa würde es persönlich nehmen. Beshar erwähnte, dass er überlegte, ob er für ein paar Wochen in den Irak fahren sollte, um Verwandte zu besuchen. Sie unterhielten sich darüber. Vielleicht würde Mahmud mitfahren können. Nur ein paar Wochen.
    Mahmud stand auf. »Ich hab was für dich, Papa, warte hier.«
    Er ging ins Schlafzimmer.
    Hockte sich hin. Guckte unters Bett. Streckte sich.
    Schob einige Papiertüten zur Seite. Betrachtete sie. Erkannte sie wieder. Es waren die Tüten, die er aus diesem Keller mitgenommen hatte, als er nach Spuren gesucht hatte, die ihn zu Wisam Jibril führen würden. Sie enthielten lediglich eine Menge Papiere. Lauter Finanzsachen, wie es aussah. Er wusste nicht mal, warum er sie aufgehoben hatte. Scheiß drauf – irgendwann, wenn er’s schaffte, würde er aufräumen. All den Mist wegschmeißen.
    Er schob sich weiter unters Bett. Fand, wonach er gesucht hatte – die kleine grüne Schachtel, die er auf einer Auktionsseite im Netz erstanden hatte. In silbernen Lettern: Santos, Cartier.
    Es war ein Geschenk für Papa.
    Die Uhr würde wie neu aussehen, wenn er sie ihm in der Originalverpackung überreichte.
    Er hielt sie einige Sekunden in der Hand.
    Papas Idee war gar nicht so dumm – für einige Zeit in sein Heimatland zu verschwinden wäre eine gute Idee.
    * * *
    Der Waldfriedhof war riesig. Catharina Brogren war zu früh gekommen, so früh, dass die Kapelle noch nicht einmal offen war; also machte sie einen Spaziergang.
    So viele Gräber. Namen von Menschen und Familien, die ihr Leben bereits gelebt hatten. Manche vielleicht im Chaos, aber die meisten in relativer Ruhe. Sie trugen keine schrecklichen Geheimnisse mit sich herum. Nicht wie Niklas. Nicht wie sie selbst.
    Der Himmel war grau, aber hinter den Wolken konnte man die Sonne erahnen – wie einen hellen Fleck auf einem abgenutzten Sofabezug. Sie wusste nicht, ob jemand kommen würde. Wahrscheinlich Viveca und Eva von der Arbeit. Vielleicht die Cousins: Johan und Carl-Fredrik mit ihren Frauen. Möglicherweise irgendein anderer Verwandter. Oder Niklas’ alter Klassenkamerad, Benjamin. Aber sie hatte nichts für hinterher organisiert. Dafür reichte das Geld nicht.
    Sie dachte an die Zeit, die sie zusammen gehabt hatten, nachdem er nach Hause gekommen war. Auch wenn die Stimmung vor einigen Monaten recht eigenartig geworden war, war sie dennoch froh, dass er nicht dort unten gestorben war, im Sandkasten, wie er zu sagen pflegte.
    Warum war im Leben eines Menschen eigentlich der Tod am meisten gefürchtet? Diejenigen, die jemals in ihrer Situation gewesen waren, wussten, dass das falsch war. Zu leben – überleben – war viel schlimmer. Besonders, wenn es einem vorkam, als sei man an der Situation selber schuld.
    Es war immer noch unklar, wie sich das Ganze abgespielt hatte. Ein Polizist, Stig H. Ronander hieß er, war zu ihr nach Hause gekommen. Hatte versucht, ihr darzulegen, dass Niklas eine Art Einbruch verübt hatte und dabei erschossen worden war, höchstwahrscheinlich von seinen Kumpels. Der Polizist erklärte auch, dass Niklas mit großer Sicherheit für den Mord an Claes Rantzell verurteilt worden wäre. Er sprach ihr sein Beileid aus, in mehrfacher Hinsicht.
    In ihrem Inneren hatte sie immer gewusst, dass es einmal gewaltsam enden würde.
     
    Catharina näherte sich der Kapelle. Schon von weitem erkannte sie Viveca und Eva. Schön, dass wenigstens sie gekommen waren. Sie richtete ihren Mantel. Es war kalt, und es würde ihr guttun, ins Warme zu kommen.
    Einige Meter von ihren Arbeitskolleginnen entfernt
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