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Macabros 088: Die flüsternden Pyramiden

Macabros 088: Die flüsternden Pyramiden

Titel: Macabros 088: Die flüsternden Pyramiden
Autoren: Dan Shocker
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durchsichtig. Deutlich war der Verlauf
von Muskeln, Sehnen und blutführenden Bahnen zu sehen. Die
elastischen Wirbelsäulen ließen sich biegen wie ein
Gummiband.
    Die meisten Dämonen hatten einen spitzen, dünnen
Schwanz, der in einer Quaste oder einem knöchernen Widerhaken
auslief. Die Münder waren meistens rot, als hätten sie
gerade wie ein Vampir Blut getrunken, statt zwei gab es häufig
drei oder gar vier Augen in den flachen Gesichtern.
    Alle diese Eindrücke gewann Brenda Millan in
Sekundenschnelle.
    Mehr Zeit blieb ihr nicht.
    Dann tauchten sie schon – in sie hinein…
    Durch den offenen Mund, durch die Nase glitten die unheimlichen
Dämonen in ihren Körper und ergriffen Besitz von ihr!
    »Nun bin ich bei dir«, wisperte es kichernd in ihr.
»Ganz nahe bei dir, wie du dir es so lange gewünscht
hast!«
     
    *
     
    Der dunkelhaarige Mann mit den graumelierten Schläfen, machte
einen müden und zerschlagenen Eindruck.
    Philip Millan saß in einem kleinen Gasthaus im Seebad
Brighton und unterhielt sich angeregt mit dem Mann, den er
schließlich nach einer wahren Odyssee getroffen hatte.
    Am Nachmittag noch war er mehr als hundertfünfzig Meilen von
seinem Heimatort entfernt gewesen. Da hatte er sich in Frankreich
aufgehalten. In einem gottverlassenen Nest südlich von Le
Havre war das Treffen ursprünglich vereinbart worden. Ein
Trödler- und Antiquitätenhändler aus dem Süden
Frankreichs unterhielt dort eine Zweigstelle, einen kleinen Laden,
der hauptsächlich von deutschen und englischen Touristen besucht
wurde.
    Monsieur Mouselle hatte Millan lange warten lassen, da angeblich
längere Geschäfte ihn in Anspruch nahmen, die er zuvor
nicht genau einkalkuliert hatte.
    Stundenlang war Philip Millan in der Gegend herumgefahren, hatte
in einem Gasthaus gut gegessen und sich dann kurzerhand auf einer
abseits gelegenen Wiese niedergelassen, um in der herrlichen
Nachmittagssonne zu schlafen.
    Ursprünglich spielte er da schon mit dem Gedanken, seine Frau
anzurufen und ihr mitzuteilen, daß sein Vorhaben doch nicht so
planmäßig verlief.
    Eigentlich hatte er gehofft, vor Mitternacht wieder zu Hause zu
sein. Aber das Verhalten Monsieur Mouselles machte ihm einen Strich
durch die Rechnung.
    Stundenlang wartete er in dem französischen Dorf auf die
Übergabe eines handgefertigten Pergaments, das angeblich noch
älter als die Abschrift jener Seiten aus dem »Buch der
Totenpriester« sein sollte, die er bereits besaß.
    Als Mouselle es endlich für angebracht hielt, seinen Gast aus
England zu empfangen, war es bereits Abend.
    Doch wenn Millan glaubte, das Geschäft endlich
abschließen zu können, irrte er sich.
    Mouselle zeigte sich plötzlich unschlüssig.
    Er hatte Angst, das Pergament zu übergeben.
    Mouselle war einer jener Händler, die genau wußten,
welche Ware sie besaßen, hinter welchen Dingen Dynamit steckte,
welche Bücher und Texte Menschen gefährlich werden
konnten.
    Mouselle war einer der wenigen, die von Rha-Ta-N’my
gehört hatten, die daran glaubten, daß es Mächte gab,
die aus der Finsternis kamen und das Böse auf der Erde
verbreiten wollten.
    In seinem Haus, so ließ er Millan wissen, dürfe die
Übergabe nicht erfolgen. Er wollte sich gewisse
›Repressalien‹ vom Leib halten. Was er damit genau meinte,
wußte Philip Millan bis zur Stunde nicht. Aber der dicke Mann
mit dem schwarzen Schnauzbart und der Angewohnheit, ständig
seine Zigarre anzuzünden, einen Zug zu machen und dann auf dem
erkalteten Mundstück herumzukauen, war schon ein eigenwilliger,
schwieriger Mensch.
    Auf fremdem Boden wäre er bereit, den Text zu
übergeben.
    Philip Millan, der weniger Skrupel und Angst hatte, im Kontakt mit
Kräften, die man oft nicht sah, einen Fehler zu machen,
erklärte sich auch dazu bereit. So war es gekommen, daß er
und der Händler im Seebad Brighton landeten und hier ihre
Verhandlungen fortsetzten.
    Mouselle hatte gespürt, daß es Millan viel bedeutete,
das Pergament in seinen Besitz zu bekommen. Das veranlaßte ihn,
ungerechtfertigterweise den Preis in die Höhe zu treiben.
    Millan leerte sein Bierglas und griff nach der Brieftasche. In dem
Lokal waren nur noch eine Handvoll Gäste. Es roch nach kaltem
Fett, abgestandenem Rauch und Schweiß. Der Wirt hinter der
Theke polierte deren Chrombeschläge.
    »Dann sind wir uns ja wohl einig«, nickte Millan und
nahm die Geldscheine mit spitzen Fingern aus dem Fach.
    Mouselle seufzte und setzte seine Zigarre erneut in Brand.
»Sie sind ein
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