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Macabros 088: Die flüsternden Pyramiden

Macabros 088: Die flüsternden Pyramiden

Titel: Macabros 088: Die flüsternden Pyramiden
Autoren: Dan Shocker
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fest.
    In den drei Tagen seit Philips Abfahrt hatte sie das Haus nicht
mehr verlassen. Sie hatte viel geschlafen und noch mehr gelesen. Im
»Buch der Totenpriester«, obwohl ihr Mann sie
ausdrücklich davor gewarnt hatte. Er hatte entdeckt, daß
es eine Formel gab, die vor der Anrufung Rha-Ta-N’mys direkt
gesprochen werden mußte. Auf diese Weise wurde eine
unberechenbare Macht, wie der ehemalige Besitzer der Textabschrift
mit seinem Blut niedergeschrieben hatte, zwar nicht kontrollierbar,
aber doch einigermaßen lenkbar.
    Brenda Millan faßte sich an die Stirn.
    Ihr schwindelte, und der Druck in ihrem Kopf nahm zu.
    Seltsam…
    Die ganze Zeit über versuchte sie schon, mit ihren Gedanken
davon abzukommen… es gelang ihr nicht… die unheimlichen
Worte und Sätze drehten sich wie ein Karussell ständig in
ihrem Bewußtsein.
    Sie hatte sich noch davor gehütet, sie laut auszusprechen und
richtig herauszuschreien… immer und immer wieder hatte sie sie
jedoch gelesen, und nun kannte sie den Text auswendig, der in den
Worten endete:
    »Komm aus der Tiefe, aus der Unendlichkeit zu mir, komm zu
mir, wo auch immer du sein magst, wenn mein Ruf dich erreicht. Wie
der Schatten aus dem Nichts werde ich zu dir eilen – wie ein
Stein, ein Koloß die Barrieren niederwalzen, die uns
voneinander trennen…«
    Brenda Millan schluckte trocken. Dieser zweite Abschnitt der
Beschwörungsformel, die wie ein Dialog aufgebaut war, schien von
einer fremden, wispernden Stimme in ihrem Innern gesprochen zu
werden…
    Dabei wollte sie diese Stimme gar nicht hören.
    »Als es noch das Nichts gab, existierte ich
schon…«
    … ging es gegen ihren Willen in ihrem Kopf weiter.
    »Die Schwingen des Vogels werden dich streifen, auch wenn du
meinen Namen nicht mehr aussprechen kannst…«
    Diese letzten drei Zeilen beschäftigten sie am meisten.
    War damit – der Tod gemeint?
    Aber dann stimmte all das andere nicht, was sie inzwischen
erfahren hatte.
    Rha-Ta-N’my hatte die Macht, über den normalen Tod
hinaus den Menschen am Leben zu erhalten, der bereit war, ihr zu
dienen. Molochos – so stand in dem vergilbten Pergament
geschrieben – sei der erste Mensch gewesen, dem diese
Beschwörung zum erstenmal gelang. Das lag mehr als
zwanzigtausend Jahre zurück.
    Brenda Millan fuhr zusammen, es lief ihr eiskalt über den
Rücken.
    Mit leisem Aufschrei warf sie den Kopf herum.
    Was war das?
    Es dröhnte so laut durch das Haus, dieses massive,
gebieterische Klopfen, als stünde unten vor der Tür kein
Mensch, der Einlaß begehrte, sondern ein Titan, der imstande
war, beim nächsten Klopfen die Tür aus den Angeln zu
heben…
     
    *
     
    Sekundenlang verharrte die Frau, als wäre sie zur
Salzsäule erstarrt.
    Das Klopfen dröhnte erneut durch das Haus.
    »Philipp« fragte sie irritiert.
    Plötzlich war die Angst da, und Brenda spürte zum
erstenmal, seit sie hier wohnte, die Einsamkeit mit unbeschreiblicher
Macht.
    Wer konnte das sein? Wer begehrte mit einer solchen Heftigkeit
Einlaß?
    Die Engländerin faßte Mut.
    Das Leben hier brachte es mit sich, daß sie vor Dieben und
Einbrechern gewisse Vorsichtsmaßnahmen ergriffen hatten.
    In den beiden Schlaf räumen und im Wohnzimmer lagen in jedem
Nachttisch und in der verschlossenen Vitrine im Wohnzimmer je ein
geladener Revolver.
    Brenda Millan handelte nach dem ersten Schreck ganz
mechanisch.
    Sie zog die Waffe aus dem Nachttisch, lief zur Tür, und schon
zuckte ihre Hand zum Lichtschalter.
    Nein! Der Gedanke beherrschte sie in letzter Sekunde.
    Keine Helligkeit!
    In der Dunkelheit war sie sicherer, falls es jemand wagte, ins
Haus einzudringen.
    Noch immer prasselte der Regen in wahren Sturzbächen vom
Himmel. Das Donnergrollen klang schon entfernter. Um so lauter und
unheimlicher dagegen wirkten die Schläge gegen die Tür.
    Die einsame Frau in dem abseits stehenden Haus wirkte mit einem
Mal gefaßt, als sie die Treppe nach unten schlich. Sie
stieß nirgends an. Jeder Fußbreit Boden, jeder
Mauervorsprung, der Standort jedes Möbelstückes war ihr
vertraut.
    Die Schläge gegen die Tür wurden wilder,
fordernder…
    Brenda Millan blieb im finsteren Flur stehen.
    Obwohl sie die ganze Zeit über am Fenster in die Nacht
hinausgeblickt hatte, war ihr nichts aufgefallen, das auf die
Annäherung eines Besuchers hätte schließen
lassen.
    Kein Auto… kein Scheinwerferlicht… Und daß jemand
zu Fuß auf den Hügel kam, war bei diesem Hundewetter
völlig ausgeschlossen. Wer immer auf diese Idee
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