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Macabros 035: Mirakel, Mann der Geheimnisse

Macabros 035: Mirakel, Mann der Geheimnisse

Titel: Macabros 035: Mirakel, Mann der Geheimnisse
Autoren: Dan Shocker
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die anderen gegangen? Warum waren sie verschwunden?
Das hatte nichts mehr mit dem natürlichen Ablauf der kosmischen
Katastrophe zu tun, die diesen Teil des Universums heimgesucht
hatte.
    Eine Idee wühlte sich in sein fieberndes Gehirn.
    Sie hatten zu guter Letzt doch noch eine Möglichkeit
gefunden, Tala-Mar zu verlassen. Sie hatten auf ihn gewartet, aber er
war zu spät gekommen, und nun wußte er nicht, wohin sie
sich begeben hatten.
    Er schwebte vor einem der Ovalfenster. Es war nur angelehnt, und
er konnte es ohne Schwierigkeiten aufdrücken. Ozonangereicherte
Luft hätte ihm normalerweise jetzt entgegenschlagen müssen.
Die Luft aber war stickig und verbraucht und sauerstoffarm.
    Die Pflanzen in den bernsteinfarbenen Kübeln ließen,
das verdörrte Blattwerk hängen und standen krank und tot in
den Wohnräumen.
    Mirakel bewegte sich vorsichtig von einer Tür zur anderen und
warf einen Blick in jedes der Zimmer, die in verhaltenen Farben
glühten und denen eine angenehme Atmosphäre anhaftete.
    Da hielt der Eindringling den Atem an.
    Ein leises Geräusch drang an sein Ohr.
    Die Laute kamen aus den Wänden, dem Boden, der Decke und
schwollen an. Die Wände ringsum erbebten, und das Licht begann
im Rhythmus der Schallwellen zu vibrieren.
    Mirakel warf ruckartig den Kopf herum.
    Der Raum wankte. Der Boden zu seinen Füßen wogte wie
unter einer heftigen Wellenbewegung hin und her.
    Gefahr! durchzuckte der Gedanke das Hirn des einsamen
Heimkehrers.
    Unwillkürlich warf er sich dem offenstehenden Fenstern
entgegen und versuchte sich mit Schwung in die Freiheit
hinauszukatapultieren.
    Er kam nur einen mühsamen Schritt vorwärts.
    Er hatte das Gefühl, als würden Zentnergewichte an
seinen Armen und Beinen hängen.
    Er taumelte, fing sich und stürzte nicht, aber seine Beine
klebten am Boden.
    Es kreischte. Der Lärm aus allen Wänden wuchs zu einem
ohrenbetäubenden Crescendo an.
    Risse und Sprünge zeigten sich in der Decke. Die Wände
platzten auf wie Eierschalen, gewaltige Brocken lösten sich
über ihm aus der Decke, während gleichzeitig der Boden
unter seinen Füßen aufriß. Eine gähnende Leere
breitete sich unter ihm aus, in die er brüllend, wild um sich
schlagend und nach einem Halt suchend, stürzte.
    Mit Donnergetöse stürzte die Kuppel über ihm ein,
und er verschwand unter den Schollen, die sich berghoch über ihm
türmten wie ein Grabhügel.
    Er war eingeschlossen und lag still in der Finsternis.
    Die Luft wurde knapp. Er befand sich in einem winzigen Luftloch,
das eng war wie ein Sarg, in dem er sich nicht mehr rühren
konnte.
    Er schrie und versuchte vergebens die massigen Wände, die
sich über ihm türmten, zurückzudrängen. Ebensogut
hätte er versuchen können, einen Berg zu verschieben.
    Mirakel brachte es nicht fertig, die Hände in die Höhe
zu bringen und an seine Ohren zu pressen, um sich vor den schrecklich
dröhnenden Lauten zu schützen.
    Es rasselte und klirrte, und die Töne erreichten eine solche
Stärke, daß sich alles in ihm wehrte. Und Mirakel
wußte: wenn die Lautstärke zunahm, dann war er
verloren.
    Was er befürchtete, geschah.
    Risse zeigten sich in seiner rubinroten Kleidung und in seinen
goldfarbenen Stulpenhandschuhen. Die Spalten erweiterten sich
schnell, und dann zeigten sich die Risse auf seiner Haut.
    Er würde unter den mörderischen Geräuschen
zerbröckeln wie die Kuppel, in die er sich wie in eine Falle
begeben hatte.
    Es schien, als würden hundert glühende Messer
gleichzeitig auf ihn herabsausen. Tiefe Schlitze bildeten sich in
seinem Leib, der auseinanderfiel wie ein Puzzlespiel…
     
    *
     
    »Neeeiiinnn!«
    Er schrie gellend auf, riß die Hände empor und vernahm
das nervenzerfetzende Rasseln.
    »Nei…« Halb im Schrei hielt er inne und schlug die
Augen auf. Sein Körper dampfte. Er war in Schweiß
gebadet.
    Der Wecker rasselte.
    Das Geräusch kam ihm noch immer sehr laut vor, und mit der
Rechten griff er auf den Nachttisch und stellte den Wecker ab.
    Ein Alptraum! Aber was für einer. Frank Morell atmete tief
durch. Der Neunundzwanzigjährige konnte sich nicht daran
erinnern, jemals so intensiv und schrecklich geträumt zu haben.
Es gab da zwar viele seltsame Träume in seinem Leben, aber
keiner hatte ihn jemals so mitgenommen.
    Er knipste Licht an.
    Draußen auf der Straße rauschte schon der Verkehr. Es
war sechs Uhr morgens. Der unablässige Strom der Autos, der auch
nachts in der Großstadt nie versiegte, erhielt nun
Verstärkung durch die
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