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M: Ein Tabor Süden Roman (German Edition)

M: Ein Tabor Süden Roman (German Edition)

Titel: M: Ein Tabor Süden Roman (German Edition)
Autoren: Friedrich Ani
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Mitarbeitern schadete. Also erweiterte sie ihr Spektrum um die klassischen Aufgaben einer Detektei: Observationen von Personen im Zusammenhang mit Unterhaltsrecht oder Betrugsaffären; Ermittlungen im Umfeld untergetauchter Schuldner oder zwielichtiger Mitarbeiter von Firmen.
    Wie Leonhard Kreutzer – nach eigener Aussage »grauester Schattenschleicher« der Stadt – nach wenigen Wochen feststellen musste, unterschieden sich die Auftraggeber oft in einem wesentlichen Aspekt von der Zielperson: Sie waren die größeren Arschgeigen.
    Was vor diesem Hintergrund Ermittlungen in Privatsachen betraf, so hatte Kreutzer nicht nur einmal einen Kunden angelogen und ihm erklärt, er habe die gesuchte Ehefrau oder Lebensgefährtin nicht aufgespürt, weil er sie in dem Frauenhaus, wohin sie sich geflüchtet hatte, wesentlich besser aufgehoben fand als zu Hause. Seine Chefin betrachtete diese eigenmächtigen Entscheidungen mit Skepsis, hielt sie für grenzwertig und fast unseriös, unterband sie bisher aber nicht. Dafür verlor Kreutzer kein Wort über den Anblick ihres auf Kunden möglicherweise abschreckend wirkenden Schreibtischs. In seinem Schreibwarenladen, dessen war er sich sicher, wäre eine solche Unordnung schlecht fürs Geschäft gewesen.
    Da lagen unzählige Blöcke in diversen Formaten, Akten, Klarsichtfolien, Briefmarken, Kuverts und Muscheln kreuz und quer durcheinander; dazwischen Kastanien, Streichholzschachteln und eine Unmenge von Stiften aller Art, USB-Sticks, Post-it-Aufkleber in bunten Farben, zwei Taschenkalender. In der Mitte ein Laptop, dahinter, mit der Hand schwer zu erreichen, ein rotes Telefon. Und an dem einen Rand des Holztisches stand ein antiker Globus, ebenfalls aus Holz, am anderen Rand eine Bankierslampe aus poliertem Messing mit grünem Glasschirm und quadratischem Fuß – zwei Schmuckstücke in einer absolut unangemessenen Umgebung.
    Jedes Mal, wenn die Chefin für längere Zeit außer Haus war oder frei hatte, durfte Kreutzer sich an ihren Tisch setzen und Aufträge annehmen. Voraussetzung war, dass er versprach, allenfalls den einen oder anderen Block, einen Stift, den Laptop und das Telefon zu benutzen und ansonsten die Dinge keinen Millimeter zu verrücken.

    Die Detektei befand sich im fünften Stock eines im Jahr 1913 erbauten Hauses an der Ostseite des Sendlinger-Tor-Platzes, über einer Gaststätte und im selben Gebäudekomplex wie die Sendlinger-Tor-Lichtspiele, das älteste Kino der Stadt. Von gegenüber drangen die Glocken der Bischofskirche St. Matthäus herüber, von der sechsspurigen Sonnenstraße das Brummen und Rauschen der Autos und Straßenbahnen.
    Ihre Besprechungen hielten die Detektive an einem rechteckigen Tisch vor der Fensterfront ab, der auch zum Schreiben und Recherchieren diente. Dafür standen Kreutzer, Süden und Patrizia Roos zwei weitere Laptops und zwei schnurlose Telefone zur Verfügung. Die vierunddreißgjährige Patrizia mit der akkurat geschnittenen und knapp über den Augenbrauen endenden Ponyfrisur arbeitete zusätzlich drei Tage in einer Szenebar in der Müllerstraße, nicht weit von der Detektei entfernt. Ihr und auch Edith Liebergesells Ziel war, dass sie den Job hinterm Tresen auf maximal zwei Tage in der Woche reduzierte und ansonsten ihr Geld auf Stundenlohnbasis von der Detektei erhielt, wie Leonhard Kreutzer. Für Süden hatte die Chefin ein monatliches Honorar von zweitausend Euro netto festgelegt, plus Bonuszahlungen bei besonders aufwendigen und erfolgreich abgeschlossenen Ermittlungen.
    Als ehemaligem Hauptkommissar, Besoldungsgruppe A11, räumte sie ihm diesen Sonderstatus ein, der sich zudem auf seine Tätigkeit bezog: Er kümmerte sich ausschließlich um Vermisste und Verschwundene und durfte, wann immer er es für richtig hielt, von zu Hause aus arbeiten und brauchte nicht an den täglichen Besprechungen teilzunehmen. Er war, wie Edith Liebergesell sagte, »für die Straße und die Zimmer zuständig«. Ihre Süden-Planung hatte sie mit Patrizia und Leo abgesprochen, und beide waren einverstanden gewesen.
    Seit Süden regelmäßig in der Detektei auftauchte, hatte Patrizia zu ihrer Überraschung und dann zu ihrem Vergnügen eine Flirtlaune entwickelt, die ihr als ständig beglühter Barfrau leicht vergangen war und nun offensichtlich zu neuer Blüte heranreifte – vor allem, wenn Patrizia Süden dabei erwischte, wie seine Blicke über ihren durchaus dekolletierten und grobmaschig gestrickten Pullover wuselten. Sie hatte eine
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