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Lykandras Krieger 3 - Wolfskriegerin (German Edition)

Lykandras Krieger 3 - Wolfskriegerin (German Edition)

Titel: Lykandras Krieger 3 - Wolfskriegerin (German Edition)
Autoren: Kerstin Dirks
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sehen konnte.
    „Wohin gehen wir, edler Herr?“, fragte sie leise und blickte zu ihm hoch. Die feinen Gesichtszüge schimmerten silbern im Mondlicht. Ihr fiel auf, wie makellos seine Haut war. Sicherlich gab er viel für die Pflege aus. Umso weniger konnte sie sich vorstellen, dass jemand wie er in dieser Gegend, in der sonst nurder Abschaum der Gesellschaft verkehrte, ein Gasthaus bezog. Doch wo war seine Kutsche, die sie rasch von hier fortbrachte? Oder zumindest eine Leibwache, die ihn schützte? Dieses Viertel war gefährlich. Ganz besonders für hohe Herren, die allein unterwegs waren, und bei denen sich ein Raubzug lohnte.
    „Hier entlang“, sagte er und deutete mit der feingliedrigen Hand den Weg hinunter. Suchend blickte er sich um. Offenbar hatte er gar kein Ziel. Keiras anfängliches Vertrauen schwankte und ihr war nicht wohl zumute. Der Geruch von Alkohol stieg ihnen aus jeder Ecke entgegen. Widerlich. Aber ihr Begleiter ignorierte den Gestank und ging weiter, unbeeindruckt von den angetrunkenen Matrosen und Hafenarbeitern, die ihnen entgegenkamen. Sie grölten, suchten offenbar Streit und tatsächlich hielt einer der Männer ihren Freier an der Schulter fest. Keiras Herz klopfte zum Zerspringen, als sie zu dem deutlich größeren Mann hochsah, der ein übles Grinsen im Gesicht hatte. Fauliger Atem stieg ihm aus dem geöffneten Mund.
    „Ahoi du Landratte“, lallte er. „Schöne Nacht für einen … Nachtspaziergang.“
    „Lassen Sie mich los“, bat ihr Begleiter höflich, noch immer gänzlich unbeeindruckt. Im Gegensatz zu Keira brachte ihn die Situation nicht aus der Ruhe.
    „Und was für ein süßes Püppchen … du … da hast.“
    Er wollte ihr an die Wäsche gehen, da schlug ihm ihr Freier die Hand weg, ganz wie es ein Gentleman tat. Sie wich erschrocken zurück, versteckte sich hinter ihm, lugte vorsichtig über seine Schulter und beobachtete voller Unruhe, wie sich das Gesicht des Matrosen zu einer grimmigen Grimasse verzerrte und ihm die Zornesröte in die Wangen stieg.
    „Gehen Sie uns aus dem Weg“, forderte ihr Begleiter. „Oder ich muss zu härteren Mitteln greifen. Das würde Ihnen gewiss nicht gefallen, mein Herr.“
    „Zu … härteren Mitteln?“
    Plötzlich fing der Matrose an zu lachen und seine Freunde, die zuerst weitergegangen, dann aber einige Schritte entfernt stehen geblieben waren und alles beobachteten, stimmten mit ein. Sie lachten lauthals, dass es durch die Nacht schallte und der Mann vor ihnen klopfte sich auf die Oberschenkel, als hätte jemand einen besonders guten Scherz gemacht.
    „Du … halbe Portion … härtere Mittel?“ Er konnte nicht aufhören zu lachen. Halbe Portion war arg untertrieben. Ihr Begleiter wirkte durchaus wie ein Mann, der sich zu verteidigen wusste. Nur gegen einen solchen Grobian wie den Matrosen hatte er wohl kaum eine Chance.
    „Ich bitte Sie, lassen Sie uns gehen“, flüsterte sie in sein Ohr. Das war ihre Chance. Fliehen, solange der Kerl sich den Bauch vor Lachen hielt.
    „Keine Sorge, Mademoiselle, ich habe alles unter Kon-trolle.“
    Allmählich hielt sie ihn für verrückt. Wenn er sein Leben aufs Spiel setzen wollte, bitte schön, sie hatte nicht vor, in die Hände dieses aggressiven Seefahrers zu geraten. Sie konnte sich vorstellen, was einer wie der mit ihr anstellen würde. Ein Schauder jagte über ihren Rücken. Nein, dieser Gefahr wollte sie sich nicht aussetzen. Sie spielte mit dem Gedanken, zu verschwinden, da griff ihr Freier plötzlich nach ihrer Hand und hielt sie fest. Fast so, als hätte er ihre Gedanken gelesen. Das Lachen verklang.
    „Haben Sie und Ihre Kumpanen sich gut amüsiert?“, hakte er nach, offenbar in der Absicht, den Matrosen zu reizen.
    „Treib’s nicht zu bunt, Landratte. Jetzt ist der Spaß zu Ende.“
    „Ganz recht.“
    Irgendetwas geschah, das sich ihrer Aufmerksamkeit entzog. Eine Veränderung ging im Gesicht des Matrosen vor sich. Wo zuerst Überheblichkeit und Aggression waren, traten nun Verwirrung und Angst zutage. Seine Augen weiteten sich, die Mundwinkel zuckten und sein Gesicht wurde so bleich, als hätte er soeben seine tote Urgroßmutter gesehen. Keira konnte sich die Wandlung nicht erklären. Wahrscheinlich war es nur der Blick ihres Begleiters, der den Matrosen derart beunruhigt hatte. Es musste ein Blick von solcher Willenskraft, Entschlossenheit und Stärke sein, dass er zur Seite wich. Der Schrecken stand dem Matrosen ins Gesicht geschrieben und er wagte nicht länger, den
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