Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Luzifers Kathedrale

Luzifers Kathedrale

Titel: Luzifers Kathedrale
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
der Kirchendecke entgegen. Es war so schnell wie ein Vogel, auch wenn der Körper ziemlich kompakt aussah.
    McBell war aus seiner Starre erwacht. Jetzt legte er den Kopf in den Nacken und verfolgte den Weg der Bestie.
    Sie näherte sich der Decke, aber sie stieß nicht dagegen, sondern huschte darüber hinweg und stieß grelle, spitze Schreie aus, die das Gehör des Schäfers malträtierten.
    Hau ab!, peitschte ihn eine innere Stimme an. Du musst abhauen, bevor es zu spät ist!
    Er wollte nicht mehr sehen, was mit dem Wesen geschah, das über die Decke hinweghuschte und noch immer seine spitzen Schreie ausstieß. Die Tür war so nahe, nur ein paar Schritte entfernt.
    Er rannte los.
    Plötzlich begann die Umgebung vor seinen Augen zu tanzen. Er hatte das Gefühl, zu spät zu kommen, und hörte plötzlich hinter seinem Rücken die schrillen Schreie.
    Die Angst verlieh ihm Flügel.
    Er prallte gegen die Tür, was ein Fehler war. Er hätte zuvor stoppen sollen. Jetzt war es zu spät, und mit einer Hand schlug er auf die gebogene raue Eisenklinge.
    Er riss die Tür auf.
    Im gleichen Augenblick malträtierte das heftige Kreischen sein Trommelfell. Der fliegende Killer war so verdammt nahe an ihn herangekommen, und McBell zog den Kopf ein, als er sich nach vorn warf, durch die endlich offene Tür und hinein in den Sturm und den heranpeitschenden Regen. Der Schäfer war so weit, dass er das Unwetter als Erlösung empfand und nicht als tobende Hölle.
    Er rannte weg. Seine Füße hämmerten in Pfützen. Sie schleiften durch das Wasser, und er bewegte seine Beine vor und zurück wie durch auf dem Boden liegenden Seifenschaum.
    McBell rannte. Er hielt den Kopf nach oben gerichtet. Das Wasser klatschte in sein Gesicht. Er spürte die Tropfen wie Eiskörner auf seiner Haut.
    Er musste weg, nur weg!
    Es kam wie es kommen musste. Er stolperte zweimal. Einmal über einen Stein, der als Hindernis aus dem Boden ragte, und zum zweiten Mal über die eigenen Füße.
    Er schrie im Fallen.
    Bäuchlings landete er auf dem nassen, glatten Boden und wurde durch den eigenen Schwung noch ein Stück weitergetrieben. Wasser und feuchtes Gras klatschten in sein Gesicht. Das alles nahm er hin, wenn er der Verfolgung des Monsters entwischen konnte.
    Der Schäfer wälzte sich auf den Rücken, setzte sich auf. Der Regen klatschte auch weiterhin gegen seinen Körper. Er hatte die Haut des Gesichts schon eiskalt werden lassen, aber das war jetzt nicht wichtig. So gut wie möglich suchte er seine Umgebung ab und ihm fiel ein Stein vom Herzen, als er keinen Verfolger sah.
    Geschafft?
    Ja, das musste so sein, denn niemand hinderte ihn daran, auf die Füße zu kommen. Er stand nicht gerade, denn immer wieder schlug der Wind gegen ihn, aber er gab nicht auf und kämpfte dagegen an. Da musste er durch. Das würde er auch schaffen. Es ging um sein Leben, und da war er in der Lage, gewaltige Kräfte zu mobilisieren.
    Julian McBell schrie in das Tosen des Sturms hinein, als er wie eine Flattergestalt seinen Weg fortsetzte. Die Welt um ihn herum war aschgrau geworden und wurde nur von den langen Fäden des Regens geteilt. Irgendwann erreichte der Schäfer eine höher gelegene Stelle, auf der er anhielt und sich drehte.
    In den nächsten Sekunden kam er sich vor, als hätte jemand im Hintergrund Regie geführt. Die graue Dunkelheit riss auf. Der Vorhang verschwand für einen Moment vor seinen Augen, und ein ungewöhnlich gelblich-blauer Lichtschein breitete sich am Himmel aus, und zwar genau an der Stelle, die hoch über der Kirche lag.
    Er fiel so weit nach unten, dass er auch die Kathedrale beleuchtete, die McBell wie einen Scherenschnitt sah. Die kleinen Türme auf dem Dach, die Spitzen, das hohe Kreuz, das ihm jetzt wie der reine Hohn vorkam.
    Das war es nicht, was ihn entsetzte. Es gab etwas anderes, das viel schlimmer war.
    Am Himmel und über der Kathedrale malte sich ein riesiges, bläulich schimmerndes Gesicht mit zerfetzter Haut und toten Augen ab. Um den offenen Mund herum hatte sich das Blut wie verlaufene Schminke gelegt und rann an der Vorderseite dem Kinn entgegen.
    Das Gesicht war wirklich nur für einen kurzen Moment zu sehen, aber dem Schäfer hatte es ausgereicht, um alle Eindrücke in sich aufnehmen zu können.
    Er selbst stand wie eine nasse Vogelscheuche im Regen, umtost von den Sturmböen, die etwas an Kraft verloren hatte.
    Der Schäfer schaute auf das Gesicht!
    Grausam sah es aus. Auch alt und zerrissen. So etwas konnte keinem lebendigen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher