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Lux Domini - Thomas, A: Lux Domini

Titel: Lux Domini - Thomas, A: Lux Domini
Autoren: Alex Thomas
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aus?«
    »Unterschiedlich. Rot, blau, grün, schwarz oder weiß … Manchmal
    kommen die Bilder aus den Farben heraus. Manchmal ist es umgekehrt.«
    »Hast du diese Bilder ständig vor Augen? Oder nur ab und zu?«, fragte
    Pater Darius.
    Catherine runzelte die Stirn, überlegte. »Ständig ab und zu.«
    Pater Darius lachte, doch dann wurde er wieder ernst. »Du hast Ben mit
    deiner Gabe das Leben gerettet, mein Kind. Erzähle uns etwas mehr
    davon.«
    Catherine blickte unsicher zu Dr. Florena. »Deine Mum wartet draußen«,
    sagte die Lehrerin. »Wenn du möchtest, hole ich sie herein.«
    »Nein. Bitte nicht.« Sie schüttelte heftig den Kopf. »Meine Mum mag es
    nicht, wenn ich darüber rede. Sie hat – Angst.«
    »Angst?« Pater Darius ging in die Hocke, damit er mit Catherine auf
    Augenhöhe war.
    »Angst vor mir.«
    Einige Sekunden lang war es ruhig. Dann sagte der Pater: »Glaub mir,
    sie wird ihre Angst verlieren, mit der Zeit.« Catherine schwieg, worauf
    er mit einem aufmunternden Lächeln meinte: »Schau mich an. Ich habe
    auch eine Gabe. Und was ist aus mir geworden …?« Er deutete auf sich.
    Die Schülerin grinste. »Ein einfacher Priester …« Sie deutete auf den
    Ring. »Und Sie arbeiten für diese Organisation.«
    Pater Darius nickte. »Die Menschen dort sind sehr nett und sehr klug. Sie haben mir geholfen, mit meiner Gabe zu leben.«
    »Das verstehe ich nicht«, sagte Catherine nachdenklich.
    »Du würdest es verstehen, wenn du diese Menschen kennenlernst.
    Möchtest du mich dorthin begleiten?«
    »Nein«, antwortete Catherine spontan.
    »Warum nicht?«, fragte der Pater. Er war kein bisschen verärgert, aber er schien ein klein wenig enttäuscht.
    »Sie haben helle Gedanken. Und wenn alle Menschen dort helle
    Gedanken haben, dann wirke ich dunkel.«

5.

    Gegenwart, Oberbayern, Abtei Rottach

    Der heftige Regen setzte ein, als Monsignore Benjamin Hawlett die
    Abtei fast schon erreicht hatte. Das Grau in Grau des Himmels über der
    felsigen, mit Fichten und Kiefern bewaldeten Berglandschaft passte
    genau zu seiner Stimmung. Im Grunde spiegelte die spätherbstliche
    Atmosphäre dieses unwirklichen Ortes seine Gemütsverfassung wider.
    Die Abtei lag so weit ab von der Welt, dass er einen Geländewagen hatte
    mieten müssen, und bei genauerer Betrachtung erstaunte es ihn gar nicht
    mehr, dass sein einstiger Mentor diesen Ort als sein letztes Refugium
    auserkoren hatte.
    Pater Darius … Ben holte tief Luft. Er hatte den Pater seit über einem
    Vierteljahrhundert gekannt und ihn seit beinahe einem Jahrzehnt nicht
    mehr gesehen. Das erste Mal war er Darius als Kind im KIMH, dem
    Katholischen Institut für Medial Hochbegabte in Chicago, begegnet. Von
    Anfang an war er von den blauen, eigentümlich hellsichtig wirkenden
    Augen des Mannes fasziniert gewesen, ebenso von der humorvollen und
    ernsthaften Art, mit der Darius den Menschen begegnet war. Später dann
    hatte er den Pater hin und wieder in Rom getroffen, im Vatikan. Die
    Begegnungen waren jedes Mal herzlich verlaufen, so als hätte es die
    dazwischenliegenden Unterbrechungen niemals gegeben.
    Und jetzt …
    Ben holte tief Luft. Er konnte es noch immer nicht fassen, dass das
    Schicksal ihn ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt wieder mit jenen beiden
    Menschen verband, die einmal wie eine Familie für ihn gewesen waren.
    Und nun war einer von ihnen tot, vermutlich ermordet, und der andere
    litt unter den Ressentiments der modernen Inquisition.
    Du musst dich wieder beruhigen, ermahnte er sich, während er den
    Geländewagen über den steinigen, unebenen Boden lenkte. Er war hier
    als Ermittler und nicht als trauernder Angehöriger, deshalb konnte er
    sich keine Sentimentalität leisten. Er musste einen klaren Kopf
    bewahren, wenn er bei der Untersuchung nichts übersehen wollte.
    Als er die Abtei endlich erreichte und im Innenhof aus dem
    Geländewagen stieg, wehte ihm ein schneidender Wind ins Gesicht.
    Nicht einmal die hohen Mauern und Berge, die Rottach umgaben,
    vermochten den peitschenden, wirbelnden Wind auf ein milderes Maß zu
    brechen. Es war Vormittag, doch dem trüben Licht nach hätte es genauso
    gut später Nachmittag sein können.
    Der Abt selbst nahm ihn in Empfang, begleitet von einem seiner
    Mitbrüder, dessen Regenschirm der Wind fast zerfetzt hätte. Ben wusste,
    Abt Dominikus gingen wenigstens zwei Fragen durch den Kopf. Wie
    hatte Rom von Pater Darius’ Unfall so rasch erfahren? Und was war
    daran so außergewöhnlich, dass man
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