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Lux Domini - Thomas, A: Lux Domini

Titel: Lux Domini - Thomas, A: Lux Domini
Autoren: Alex Thomas
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an, als eine der
    Türen aufging und eine Frau in weißem Laborkittel mit einem Jungen in
    den Gang trat. Die Schülerin fand, dass der Junge etwas Zerbrechliches
    an sich hatte. Irgendwo hatte sie sein Gesicht schon einmal gesehen.
    Pater Darius winkte ihn herbei. »Ben! – Ben, komm doch bitte mal her.
    Ich möchte dir jemanden vorstellen.«
    Der Gerufene kam zögernd näher und blieb dann vor Catherine und
    Darius stehen.
    »Ben, das ist Catherine. Catherine, das ist Ben.«
    »Freut mich, dich kennenzulernen, Ben.« Sie reichte ihm die Hand.
    Doch Ben starrte sie einfach nur an, bis Darius ihm einen Klaps auf die
    Schulter gab und mit einem Grinsen sagte: »Mit ihren blonden Haaren
    und ihren himmelblauen Augen sieht sie zwar wie ein Engel aus, aber
    glaube mir, sie kann eine ganz schöne Teufelin sein.«
    Catherine begriff in diesem Augenblick etwas ganz anderes. »Du bist der
    Junge mit dem Kreuz auf dem Rücken.«
    Ben nickte, ohne auch nur ein Wort herauszubringen, denn vor ihm stand
    seine Lebensretterin.

7.

    Gegenwart, Oberbayern, Berg über der Abtei Rottach

    Der Regen hatte etwas nachgelassen, nicht jedoch der kalte Wind, der
    Ben unablässig ins Gesicht fegte. Sein Begleiter, Bruder Andreas, stapfte vor ihm her, als wäre er die Witterung von Kindesbeinen an gewohnt.
    Ben warf einen Blick zurück auf die Abtei, die auf ihn eher bedrohlich
    als schön wirkte. Seit wie vielen Jahren hatte Darius hier gelebt? Seit
    dreien? Wenn er es genauer bedachte, konnte er sich gar nicht vorstellen, dass sein Mentor den gesamten Rest seines Lebens hier hatte verbringen
    wollen. Fernab von jeder wissenschaftlichen Forschung, fernab vom
    Vatikan und Rom. Ob Ciban deshalb mutmaßte, dass es sich bei Darius’
    Tod auch nicht um einen Unfall handeln könnte?
    »Dort drüben habe ich Bruder Darius gefunden.« Andreas deutete auf
    einen breiteren Felsvorsprung weit unterhalb des Gipfels. »Er lag gleich hier, zwischen dem Geröll. Wären die Krähen nicht gewesen, ich hätte
    ihn gar nicht gesehen.«
    Vorsichtig kletterte Ben an die Stelle, um Genaueres zu erkennen. Es
    war unwahrscheinlich, dass er nach all dem Regen noch eine Spur finden
    würde, dennoch konnte die Besichtigung des Fundortes ihm Aufschluss
    darüber geben, ob der Pater durch einen Unfall oder Mord ums Leben
    gekommen war. Nachdem er Fundort und Aufschlagpunkt ausgiebig
    begutachtet hatte, legte er den Kopf in den Nacken und blickte zu der
    Stelle hinauf, von der Darius vermutlich hinuntergestürzt war. Etwas
    weiter oben gab es einen weiteren Felsvorsprung. Ben starrte fast eine
    Minute darauf.
    Wie hoch mochte die Absturzstelle über diesem anderen Felsvorsprung
    liegen? Fünfzig oder sechzig Meter? Ben war sich sicher, dass Darius bei einem Unfall nie an diesem Vorsprung vorbeigestürzt wäre.
    Die Sonne brach durch die Wolkendecke, und es war Ben, als ob er nach
    wochenlangem Regen das erste Mal wieder einen Sonnenstrahl sah. Bei
    Gott, er war dieses unwirtliche Wetter einfach nicht mehr gewohnt.
    Andreas und er stiegen den Berg weiter hinauf, stapften durch Schlamm
    und Geröll bis zum Gipfel, als sich auch schon vor ihnen ein
    eindrucksvolles Gebilde vom Himmel abhob. Ein riesiges weißes Kreuz
    mit einem ebenso eindrucksvollen Betonsockel als Fundament. Ben
    schätzte das Ganze etwa fünfzehn Meter hoch.
    »Hier hat Bruder Darius oft meditiert«, erklärte Andreas mit einem
    ehrfürchtigen Rundblick. »Ich glaube, er hat sich unter Menschen nie
    wirklich wohl gefühlt.«
    Ben entgegnete nichts. Er wusste, dass der Mönch nicht falscher hätte
    mit seiner Annahme liegen können. Darius hatte die Menschen geliebt,
    selbst die schlechten. Für nicht wenige war er durch die Hölle gegangen.
    So auch für Catherine und ihn. Doch letztendlich hatte jede Gabe ihren
    Preis.
    Vorsichtig trat er an die Stelle, die der Absturzpunkt sein musste, blickte über das Tal und dann hoch hinauf zur Wolkendecke. Für einen
    Augenblick hatte er das Gefühl, einfach davonzuschweben. Er begann zu
    begreifen, was den Pater an diesem Ort hoch über der Welt so fasziniert
    hatte.
    »Seien Sie vorsichtig«, warnte Andreas. »Bruder Darius war ein
    erfahrener Wanderer – und nun …« Der Mönch brach ab.
    Aber genau das ist es, dachte Ben, ohne es seinem Begleiter zu sagen.
    Darius war gesundheitlich fit. Er war ein erfahrener Wanderer und
    Kletterer – und nun war er tot. Das ergab einfach keinen Sinn.
    Er trat zu einem ungefährlichen Punkt und spähte direkt in die
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