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Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins

Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins

Titel: Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins
Autoren: Michaela Seul
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charakterlich ein feiner Kerl, aber eben ohne Abitur. Großes Herz, aber bloß Volksschule. Oder intelligent, aber nicht sozialverträglich. So oder ähnlich werde ich wohl gedacht haben, denke ich mir heute, obwohl ich einige Intellektuelle mit einer Affenliebe für Hunde und Katzen kannte, aber ich kannte auch eine Menge höchst gebildeter Männer, die am liebsten über Fußball sprachen.
    Hin und wieder wurde ich Zeugin, wie sich Tierhalter mit ihren Vierbeinern unterhielten, oder hörte, was sie in sie hineininterpretierten. Womöglich sparte das die Kosten für eine Psychoanalyse? Man redet ständig und bekommt keine Antwort, die man sich dann selber gibt und damit das Therapieziel erreicht.
    »Ja, gell, das ist schade, dass das Gassi schon vorbei ist.«
    Neurotische Fixierung auf Vergangenes.
    »Aber wir sind ja gleich daheim beim Papa.«
    Kastration des Ehemannes.
    »Und da darfst du dann ein schönes Schlafi machen.«
    Suggestivrhetorik zur Manipulation.
    »Aber vorher kriegst du noch ein feines Fressi.«
    Orale Triebbefriedigung.
    Unterm Strich hat sich die Krankenkasse dieses Frauchens mehrere tausend Euro gespart, denn sie hat ihre Vergangenheitsfixierung erfolgreich in die Gegenwart transformiert, sich mit der Beziehung zu ihrem Mann arrangiert, indem sie das Beste daran lösungsorientiert in den Fokus ihrer Aufmerksamkeit stellte, ist insgesamt gelassener geworden und hat ihre Essstörung in den Griff bekommen. Der Unterhalt von Haustieren sollte von Krankenkassen übernommen werden, zumal die gesundheitsfördernden Begleiterscheinungen auf der physischen Ebene dokumentiert sind: Das Leben mit einem Hund regt den Kreislauf an, senkt hohen Blutdruck, der Körper schüttet Glückshormone aus. Gassi an der frischen Luft gleicht den Kortisonspiegel aus. Schulkinder, in deren Haushalt ein Hund lebt, können sich besser konzentrieren, sind ausgeglichener und kontaktfreudiger. Auch steuerlich sollte ein Hund absetzbar sein. Dass Bürohunde das Betriebsklima positiv beeinflussen, ist bekannt. Wer Stress hat, geht eine Runde knuddeln, und danach stimmt die Bilanz.
    Nein, ich wollte keinen Hund, um ein Manko auszugleichen, sondern um mir einen Traum zu erfüllen. Selbstverständlich würde ich keine so durchgeknallte Hundebesitzerin werden wie viele andere, die ich als abschreckende Beispiele kennengelernt hatte. Selbstverständlich waren viele meiner Freundinnen genau solche Mütter geworden, wie sie es niemals hat ten werden wollen und auch geschworen hatten. Aber dann kommt das Kind, und alles ist anders. Später ist man immer klüger. Wie soll man auch etwas beurteilen können, das einem so fremd ist wie die Vorliebe für Pferdeäpfel und tote Mäuse?
    Ich wurde gnadenlos davor gewarnt, mit offenen Augen in mein Unglück zu laufen: Mit einem Hund legst du dich an die Kette. Du bist dann kein freier Mensch mehr. Eine Freundin fragte mich entsetzt, als hätte ich angekündigt, eine Scheinehe einzugehen, drei Dinge. Erstens: Wie viel be trägt die Hundesteuer im Jahr? Zweitens: Hast du dich schon nach einem wirklich guten Tierarzt erkundigt? Drittens: Auf welche Deckungssumme beläuft sich die Hundehaft pflichtversicherung?
    »Diese Fragen habe ich alle geklärt«, erwiderte ich.
    Sie gab nicht auf, bohrte weiter und landete schließlich einen Treffer im Tempel meiner Kreativität. Mit tief besorgtem Gesichtsausdruck wies sie in mein Arbeitszimmer und fragte, ob der Teppich geklebt oder gelegt sei.
    »Denn wenn du beabsichtigst, den Hund dort reinzulassen, wäre es besser, der Teppich wäre gelegt.«
    Fragend schaute ich sie an.
    »So kannst du ihn besser reinigen lassen.«
    Ich lachte. »Das ist mein Arbeitszimmer. Da kommt kein Hund rein.«
    Sie lächelte mit falscher Milde. »Ob der Hund das akzeptiert?«, und setzte einen überlegenen Gesichtsausdruck auf, als wäre sie mit Hunden groß geworden, in Wirklichkeit war sie klein geblieben. Aber sie kannte andere Leute, die Hunde hatten. Meine Freundin kannte immer welche, die das hatten, was sie wollte, weshalb sie Gründe dafür fand, warum sie es nicht brauchte und die anderen Fehler begingen.
    Später setzten wir uns nach oben, und sie zeigte auf die Steine, die in einem Glasregal lagen: »Das räumt der Hund ab.«
    »Der Hund hat im ersten Stock nichts zu suchen«, sagte ich.
    Wieder dieses milde Lächeln. Womit speiste sie es eigentlich? Und wieso gab sie mir dauernd das Gefühl, ich würde einen schwerwiegenden Fehler machen? Sie war sich offenbar sicher,
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