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Lügen mit Zahlen: Wie wir mit Statistiken manipuliert werden (German Edition)

Lügen mit Zahlen: Wie wir mit Statistiken manipuliert werden (German Edition)

Titel: Lügen mit Zahlen: Wie wir mit Statistiken manipuliert werden (German Edition)
Autoren: Gerd Bosbach , Jens Jürgen Korff
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den Methodenkapiteln kennengelernt haben. In den Kapiteln »Der Sack der Rosstäuscher« und »Die Dummen und die Bösen« haben wir weitere Beispiele zusammengetragen, die den Rahmen der übrigen Kapitel gesprengt hätten – wobei uns im Kapitel »Die Dummen und die Bösen« die Grundfrage interessiert: Wird da aus Dummheit oder aus böser Absicht getäuscht? Die Kapitel »Resigniert wird nicht!« und »Übung macht den Meister« liefern Ihnen praktische Tipps und Übungen, um selber Täuschungen entlarven zu können.
    Wir wünschen Ihnen so manches Aha-Erlebnis bei der Lektüre und viel Spaß beim Lachen über Prozentisten und Sachzwangsneurotiker!
    1
    Laut heute.de Magazin, 10.1.2010, kamen 2009 in der Vatikanstadt auf 490 Einwohner 446 Strafverfahren; umgerechnet also 910 Strafverfahren pro 1000 Einwohner.
    2
    Stern Review on the Economics of Climate Change, vorgelegt von Nicholas Stern am 30.10.2006 (Wikipedia: Stern-Report).

Kapitel 1
Yang ohne Yin
    Auch Sie haben wahrscheinlich eine Schokoladenseite. Wenn Sie sich an Ihr letztes Rendezvous oder Date (für die jüngeren Leser) erinnern, fällt Ihnen wahrscheinlich ein, dass Sie Ihrem Gegenüber ein nicht ganz vollständiges Bild von Ihrer Persönlichkeit präsentiert haben; die positiven Aspekte werden deutlich überwogen haben. Manchmal gibt es auch Menschen, die genau das Gegenteil tun und uns stets ihre Schattenseite zeigen. Aber eine von zwei Seiten fehlt oft vollständig.

Die vergessene zweite Seite
    Bei der Auswahl von Passfotos ist es ähnlich; die meisten greifen zu denen, die dem vorherrschenden Schönheitsideal am nächsten kommen, und vernichten die anderen. Der Schwarzwald, das Sauerland, der Harz, das Allgäu, auch die Balearen, Kanaren und Seychellen haben eines gemeinsam: Die Bilder, die man im Internet oder Prospekt zuerst von ihnen zu sehen bekommt, zeigen immer einen blauen Himmel und fröhliche Menschen. Die andere Seite der Medaille würde Leute abschrecken und wird deshalb gerne versteckt. Allerdings gibt es auch die entgegengesetzte Verzerrung: Bilder von Afrika, die das deutsche Fernsehen präsentiert, zeigen – wenn dort nicht
gerade die Fußballweltmeisterschaft stattfindet – fast immer traurige oder verzweifelte Menschen. Afrika interessiert deutsche Journalisten merkwürdigerweise nur dort, wo es gerade Krieg oder eine Katastrophe gibt.
    Wir nennen diese Praxis hier »Yang ohne Yin«.
    Das Symbol für Yin und Yang. © Vadim Cebaniuc – Fotolia.com
    Die Idee von Yin und Yang stammt aus der altchinesischen Naturphilosophie. Sie besagt, dass die Welt von zwei entgegengesetzten kosmischen Grundkräften beherrscht werde: dem weiblichen Yin, dem die Erde und die gerade Zahl entsprechen, und dem männlichen Yang, mit dem der Himmel und die ungerade Zahl verbunden werden. Eine ganzheitliche Sicht der Welt muss stets beide Grundkräfte im Blick behalten.
    So zu verfahren wie die Flirtenden oder die Bewerber im Vorstellungsgespräch ist menschlich, und niemand würde deshalb von Lüge sprechen. Dass Politiker genauso vorgehen,
ist zwar nicht ehrlich, aber auch nicht verwunderlich. Allerdings sollten wir den Effekt, den sie damit erzielen, ernst nehmen. Auf einer Kundgebung zum 1. Mai in Köln sprach einmal der damalige Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen – nennen wir ihn Herrn Yang. Da in jenem Jahr Wahlen waren, nahm das Lob für die eigene, die Regierungspartei, einen großen Raum ein. Zum Schluss dann sein gewichtigstes Argument: sein persönlicher Einsatz für mehr Bildung. Er beschrieb unter Beifall, wie wichtig Bildung für den Arbeitsmarkt und die Zukunft sei, aber ebenso für die Entwicklung einer eigenen Persönlichkeit. Wer mochte ihm da widersprechen? Und deshalb verkündete er auch ganz stolz: »Im letzten Jahr haben wir an den öffentlichen Schulen unseres Landes 2200 vollzeitbeschäftigte Lehrer neu eingestellt.« Großer Beifall. Einer plötzlichen Eingebung folgend fragte ich laut: »Und wie viele sind pensioniert worden?« Damit zog ich mir sofort den Unmut einiger Umstehender zu: »So ein Unsinn! Natürlich hat der die vorher abgezogen.« Doch genau das hatte Herr Yang bewusst unterlassen, wie ich anderntags bei einer kurzen Recherche feststellte. Das Land NRW hatte im Jahr davor in der Tat 2200 neue Vollzeitkräfte eingestellt, aber im gleichen Jahr waren 2500 ausgeschieden. Es ist also ratsam, das Eigenlob von Politikern auch dann zu überprüfen, wenn sie scheinbar unwiderlegbare Zahlen
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