Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lügen in Kriegszeiten

Lügen in Kriegszeiten

Titel: Lügen in Kriegszeiten
Autoren: Arthur Ponsonby
Vom Netzwerk:
vielleicht nur einem kleinen Kreise bekannt wird, die aber, wenn anschaulich und malerisch dargestellt, aufgegriffen und verbreitet werden kann, und dann haben wir die hysterische Sinnestäuschung schwachsinniger Personen.
    Dann gibt es die Lüge, die gehört und trotz fehlender Beweise nicht widerlegt und hieraus wiederholt oder in Umlauf gesetzt wird.
    Dann gibt es die falsche Übersetzung, die manchmal einem wirklichen Mißverstehen entstammt, häufig aber absichtlich ist. Es seien hier zwei geringfügigere Beispiele hiervon gegeben:
     
    Times (Seufzerspalte), 9. Juli 1915:
     
    Jack F. G. – If you are not in khaki by the 20th, I shall cut you dead . – Ethel M. – (Wenn du bis zum 20. nicht in Khaki bist, werde ich dich unbedingt schneiden.)
     
    Der Berliner Korrespondent der Kölnischen Zeitung übersetzte dies folgendermaßen:
     
    Wenn du bis zum 20. nicht in Khaki bist, hacke ich dich zu Tode .
     
    Während der Blockade Deutschlands hieß es, daß die Krankheit, an der Kinder litten, die englische Krankheit genannt werde, um damit die englische Unmenschlichkeit auf immer zu brandmarken. In Wahrheit wird und wurde die Rachitis in Deutschland immer die englische Krankheit genannt.
    Es gibt dann die allgemeine Wahnvorstellung, die durch ein Gerücht entsteht, durch Wiederholung gesteigert und durch Hysterie vollendet wird und die sich schließlich alle zu eigen machen.
    Dann gibt es die absichtliche Fälschung, die mit großer Sorgfalt ausgeführt werden muß, die aber im Augenblick ihren Zweck erfüllt, wenn sie auch schließlich bloßgestellt wird.
    Dann haben wir die Weglassung von Stellen aus amtlichen Schriftstücken, wovon von den vielen Beispielen nur einige angeführt sind 2 ; und die „Richtigkeit“ von Wörtern und Kommas in parlamentarischen Antworten, die Abweichungen von der Wahrheit verbergen.
    Es gibt die absichtliche Übertreibung, wie, zum Beispiel, die Berichte von der Zerstörung Löwens: „Die geistige Metropole der Niederlande seit dem fünfzehnten Jahrhundert ist jetzt nur mehr ein Aschenhaufen“ ( Pressebüro, 29. August 1914 ) „Löwen existiert nicht mehr“ ( „Times“, 29. August 1914 ). Tatsächlich hatte der Schätzung nach nur ungefähr ein Achtel der Stadt Schaden gelitten.
    Dann gibt es die Verheimlichung der Wahrheit, auf die man sich verlegen muß, damit der Allgemeinheit nichts Günstiges über den Feind zu Ohren kommt. Ein Kriegsberichterstatter, der einen ritterlichen Dienst erwähnte, den ein Deutscher einem Engländer erwiesen hatte, erhielt von seiner Zeitung ein zurechtweisendes Telegramm: „Wollen von guten Deutschen nichts hören“; und Sir Philip Gibbs schreibt in Realities of War : „Am Schlusse des Tages handelten die Deutschen sehr ritterlich, was ich seinerzeit nicht erzählen durfte.“
    Dann gibt es die gefälschten Photographien („die Kamera kann nicht lügen “) 3 . Diese waren in Frankreich volkstümlicher als hier. In Wien stellte eine unternehmende Firma Greuelphotographien mit leerem Raum für die Überschriften her, so daß sie von jeder Seite für Propagandazwecke benützt werden konnten.
    Auch das Kino spielte eine sehr wichtige Rolle, besonders in neutralen Ländern, und trug viel dazu bei, daß die öffentliche Meinung in Amerika sich für die Teilnahme am Kriege auf seiten der Alliierten entschied. Noch heutzutage wird in diesem Lande versucht, mittels Filmvorstellungen die Wunde offenzuhalten.
    Dann haben wir den „Russischen Skandal“, von dem eigentümlicherweise das Gerücht von dem Durchzug russischer Truppen durch Großbritannien das beste Beispiel liefert 4 . Irgendeine belanglose und schlecht verstandene Äußerung wird durch beständige Wiederholung von Mund zu Mund ins Ungeheuere übertrieben.
    Greuellügen waren die volkstümlichsten von allen, besonders in diesem Lande und in Amerika; kein Krieg kann sie entbehren. Die Verleumdung des Feindes gilt als eine vaterländische Pflicht. Ein englischer Soldat schrieb ( „Times“, 15. September 1914 ): „Die Geschichten in unseren Zeitungen sind nur Ausnahmen. Es gibt solche Leute in jedem Heere.“ Aber Geschichten über die schlechte Behandlung von Gefangenen müssen baldmöglichst geflissentlich verbreitet werden, damit der Soldat sich nicht leicht ergibt. Dies geschieht selbstverständlich aus beiden Seiten. In Wirklichkeit jedoch versucht jede Seite ihre Gefangenen so gut wie möglich zu behandeln, um weitere anzulocken.
    Durch Wiederholung und Übertreibung kann ein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher