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Lügen in Kriegszeiten

Lügen in Kriegszeiten

Titel: Lügen in Kriegszeiten
Autoren: Arthur Ponsonby
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er gelehrt worden war, Vertrauen zu setzen und die zu achten ihm eingeschärft wurde, seine Leidenschaften aufgepeitscht, seine Entrüstung entflammt, seine Vaterlandsliebe ausgebeutet und seine höchsten Ideale entweiht werden.
    Keiner von den Helden, die bereit waren, zu leiden und sich zu opfern, keiner von der gemeinen Herde, die bereit war, zu dienen und zu gehorchen, wird geneigt sein, dem Rufe seines Landes zu folgen, wenn er die schmutzigen Quellen entdeckt, aus denen dieser Ruf erschallt und den scheußlichen Finger der Falschheit erkennt, der ihm zum Schlachtfelde winkt.

 
    1
    Die Bindung an Frankreich
     
    Unser sofortiger Eintritt in den Weltkrieg im Jahre 1914 war durch unsere Bindung an Frankreich bedingt. Von dieser Bindung wußte das Volk nichts; sie war auch dem Parlament nicht bekannt; nicht einmal alle Mitglieder des Kabinetts hatten Kenntnis davon. Ja, es wurde sogar das Bestehen einer solchen Bindung geleugnet. Wie bindend die moralische Verpflichtung war, wurde jedoch bald offenkundig. Der Umstand, daß es kein unterzeichneter Vertrag war, hatte mit der bindenden Natur einer Vereinbarung, zu der man als dem Ergebnis jahrelang geführter militärischer und maritimer Besprechungen gelangt war, nicht das geringste zu tun. Sie wurde nicht nur als eine „Ehrenverpflichtung“ (Lord Lansdowne), „Ein Pakt“ (Mr. Lloyd George), „Eine ehrenhafte Erwartung“ (Sir Eyre Crowe), „die engsten Verhandlungen und Vereinbarungen zwischen den zwei Regierungen“ (Mr. Austen Chamberlain) bezeichnet, sondern Lord Grey gab selbst zu, daß er, wenn wir nicht auf seiten Frankreichs in den Krieg eingetreten wären (ganz abgesehen von der Verletzung der belgischen Neutralität), sein Amt niedergelegt hätte. Sein Vorgeben, daß wir nicht gebunden seien, hat sogar seine wärmsten Verehrer mit Erstaunen erfüllt, die Geheimhaltung der Vereinbarung ist von Staatsmännern aller Parteien scharf kritisiert worden. Von allen wesentlichen Punkten ragt dieser in der ganzen Diplomatie der Vorkriegszeit hervor, und die bloße Aufzählung der Ableugnungen, Umgehungen und Ausflüchte bildet eine tragische Illustration des niedrigen Standpunktes der nationalen Ehre in Kriegszeiten, der von Staatsmännern eingenommen wird, deren persönliche Ehre über jeden Vorwurf erhaben ist.
    Man wird sich erinnern, daß die Besprechungen, welche enge Beratungen zwischen den Militär- und Marinestäben in sich schlossen, vor 1906 ihren Ansang nahmen. Die erste ausdrückliche Ableugnung erfolgte im Jahre 1911. Die nachstehenden Auszüge bedürfen wenig weiteren Kommentars.
     
    Mr. Jowett stellte an den Staatssekretär des Auswärtigen Amtes die Anfrage, ob während seiner Amtszeit Frankreich irgendein Versprechen gegeben, oder irgendeine Vereinbarung mit diesem Lande getroffen worden sei, dahinlautend, daß in gewissen möglichen Fällen britische Truppen entsandt würden, um die Operationen des französischen Heeres zu unterstützen.
    Mr. McKinnon Wood (Unterstaatssekretär für Auswärtige Angelegenheiten): Die Antwort lautet Nein.
    Unterhaus, 8. März, 1911.
     
    Sir E. Grey: Vor allem lassen Sie mich versuchen, mit einigen der Verdächtigungen in bezug auf Verheimlichung aufzuräumen – Verdächtigungen, mit denen manche Leute sich selbst zu quälen scheinen und sicherlich andere beunruhigen. Wir haben dem Hause die Geheimartikel des Abkommens mit Frankreich vom Jahre 1904 vorgelegt. Es gibt keine anderen geheimen Vereinbarungen. Die letzte Regierung schloß jenes Abkommen im Jahre 1904. Sie hielt diese Artikel geheim, und ich glaube, jedermann wird den Grund hierfür einsehen. Die Bekanntgabe dieser Artikel hätte wahrscheinlich böses Blut gemacht. Nach meinem Dafürhalten war sie zur Geheimhaltung dieser Artikel vollauf berechtigt, da es keine Artikel waren, die dem Hause ernstliche Verpflichtungen auferlegten. Ich sah, daß vor einigen Tagen, als diese Artikel veröffentlicht wurden, die Bemerkung fiel, daß, wenn eine Regierung kleine Dinge geheimhalte, sie, a fortiori, wichtige Dinge geheimhalten würde. Das ist durchaus falsch. Es gibt Gründe, warum eine Regierung derartige geheime Abmachungen treffen soll, wenn sie nicht Dinge von erster Bedeutung sind, wenn sie Dinge von großer Bedeutung unterstützen. Aber gerade aus diesem Grunde sollte die britische Regierung keine geheimen Abmachungen eingehen, die dem Parlament Kriegsverpflichtungen auferlegen. Das wäre töricht. Keine britische Regierung könnte sich auf einen
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