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Lügen in Kriegszeiten

Lügen in Kriegszeiten

Titel: Lügen in Kriegszeiten
Autoren: Arthur Ponsonby
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ist freilich sehr gelinde, und wenn Leute sich so über alle Maßen gemein, niederträchtig und heimtückisch benehmen würden, so hätte dies keine besonders schrecklichen Folgen, ausgenommen, daß sie aus jeder anständigen Gesellschaft ausgeschlossen würden.
    Wenn es sich aber um Nationen handelt, wo die Folgen von größter Bedeutung sind, wo das Schicksal von Ländern und Provinzen auf dem Spiele steht, wo das Leben und das Glück von Millionen davon berührt und die Zivilisation selbst bedroht wird, da sind die rechtschaffensten Männer der ehrlichen Überzeugung, daß keine Falschheit zu gemein ist, zu der sie sich nicht rechtmäßig herablassen dürfen. Sie müssen so handeln. Die Sache kann ohne die Hilfe von Lügen nicht bewerkstelligt werden.
    Es soll hier nicht gegen den Gebrauch von Lügen in Kriegszeiten Einspruch erhoben, sondern vielmehr dargelegt werden, wie Lügen in Kriegszeiten gebraucht werden müssen . Würde von Anfang an die Wahrheit gesagt, so gäbe es weder einen Kriegsgrund noch einen Kriegswillen.
    Würde jemand die Wahrheit erklären und sagen: „Ob ihr nun recht oder unrecht habt, ob ihr gewinnt oder verliert, in keinem Falle kann der Krieg euch oder eurem Lande dienlich sein“, so würde er schleunigst ins Gefängnis wandern. In Kriegszeiten ist das Versäumnis zu lügen eine Nachlässigkeit, das Bezweifeln einer Lüge ein Vergehen und die Erklärung der Wahrheit ein Verbrechen.
    In zukünftigen Kriegen haben wir ein neues und noch viel wirksameres Propagandawerkzeug zu gewärtigen – die Regierungskontrolle des Radio. Die Lügen können dann allgemein, auf wissenschaftliche und autoritative Weise verbreitet werden.
    Viele von den in dieser Sammlung angeführten Beispielen sind international, einige davon aber ausschließlich britisch, da diese leichter zu finden und zu prüfen waren und da letzten Endes unsere eigene Regierung und Pressemethoden und unsere nationale Ehre von größerem Interesse für uns sind als die Doppelzüngigkeit anderer Regierungen.
    Lügen, die in anderen Ländern erzählt wurden, sind in den Fällen behandelt worden, wo es möglich war, genügend Daten zu sammeln. Ohne spezielle Nachforschung an Ort und Stelle kann der Werdegang besonderer Lügen nicht dargelegt werden.
    Wenn die Bevölkerung eines Landes versteht, wie die Bevölkerung eines anderen Landes, gleich ihr, in der Kriegszeit betrogen wurde, dann wird sie eher geneigt sein, sie als Opfer zu bemitleiden, denn als Verbrecher zu verurteilen, weil sie verstehen wird, daß ihr Verbrechen nur darin bestand, daß sie den Vorschriften ihrer Obrigkeit Gehorsam leistete und dem, was ihre Regierung und ihre Presse als Wahrheit hinstellten, Glauben schenkte.
    Der hier behandelte Zeitabschnitt umfaßt ungefähr die vier Kriegsjahre. Nach 1918 ließ das Lügen an Schärfe etwas nach, obwohl im Zusammenhange mit anderen unserer internationalen Beziehungen neue Lügen auftauchten. Das Unheil, das mit dem trügerischen Schlagwort „Laßt Deutschland zahlen“ angerichtet wurde, währte noch nach dem Jahre 1918 fort und führte, besonders in Frankreich, zu hohen Erwartungen und daraus folgender Enttäuschung, als offenkundig wurde, daß die Leute, die diesen Ruf erhoben, die ganze Zeit wußten, daß er eine phantastische Unmöglichkeit bedeutete. Viele der alten Lügen erhielten sich noch mehrere Jahre am Leben, und einige sind heute noch nicht ausgestorben.
    Diese Seiten enthalten keine sensationellen Enthüllungen. Alle angeführten Fälle sind jenen, die an der Spitze standen, wohlbekannt, weniger wohlbekannt denen, die sie in erster Linie berührten und den Millionen Gefallener leider unbekannt. Obgleich diese Ausführungen sich nur über einen kleinen Teil des ausgedehnten Lügenfeldes erstrecken, so genügen sie doch, um darzutun, wie die arglose Einfalt der Massen in allen Ländern erbarmungslos und planmäßig ausgebeutet wurde.
    Es gibt Leute, die gegen den Krieg sind, weil sie ihn als unsittlich erachten; andere schrecken wegen der gesteigerten Grausamkeit und Roheit vor der Entscheidung durch Waffen zurück; eine immer zunehmende Anzahl von Leuten protestiert gegen diese von vornherein als erfolglos erkannte Methode, Streitigkeiten zu schlichten, weil sie sie für dumm und nutzlos hält. Aber in keinem Lande gibt es auch nur einen einzigen Menschen, der es nicht bitter empfindet, wenn mittels Verheimlichungen, Ausflüchten, Betrug, Falschheit, Kunstkniffen und absichtlichen Lügen seitens jener, in die
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