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Lügen haben rote Haare

Lügen haben rote Haare

Titel: Lügen haben rote Haare
Autoren: Anne-Marie Käfer
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einem Stück. Und einen Rucksack werde ich ebenfalls für eine Weile nicht aufsetzen können.«
    Ich genieße die »Oh Gott«- und »Autsch«-Rufe sowie die Bewunderung, dass ich mit derartig schweren Verletzungen überhaupt noch wandern konnte.
    Paul schlüpft in die Rolle des Bergdoktors. Er salbt und pflastert wie ein Profi. Hanni und Nanni bestehen darauf, dass am Ende einige Kinderpflaster mit süßen kleinen Prinzessinnenmotiven über die Erwachsenenpflaster geklebt werden. Weil es dadurch besser ›zuwunden‹ würde. Danach lassen sie förmlich die Flügel hängen. Fast einschlafend, hocken sie auf zwei Klappliegen, die Vroni auf die große Wiese gestellt hat. Conny freut sich, dass das Gondelfahren sowie die Tobereien die Kinder außer Gefecht gesetzt haben. Mir zwinkert sie ständig zu, weil sie überglücklich ist, dass Anton als geheilt eingestuft werden kann.
    Ich schmiege mich an Paul und kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal so müde gewesen bin. Selbst die MMS, die ich an meine Freunde senden wollte, müssen warten. Morgen bin ich wieder in Sülldorf und werde Bruni telefonisch Bericht erstatten.
    Ich höre, wie Paul begeistert von unserer Tour berichtet, dass ich die Höhenangst überwunden hätte und wie zügig ich gelaufen wäre. Halt wie eine waschechte Allgäuerin. Er ist so nett und verschweigt, dass das nur wegen der kleinen grünen Pillen funktioniert hat.
    Vroni lacht glücklich. Meine Mutter meint, dass die van Gochs von Natur aus harte Brocken seien. Paul erklärt daraufhin, dass er den harten Brocken in mir längst entdeckt hat.
    Connys gemeine Ader bricht durch.
    »Also, diese kleine Bergtour war ja nun wirklich keine Glanzleistung. Ich gehe jede Wette ein, dass Karo die Buchsen bis zum Gummizug voll hatte!«
    »Du irrst, Conny, du hast eine wundervoll mutige Schwester!«
    Danke, Paul! Später, beim Einkuscheln, werde ich ihm sagen, dass ich ihn sehr, sehr liebe und ihm glaube, dass mit Frau Schneider außer Spesen nichts gewesen ist. Ich schließe die Augen.

40. Ich zähle bis fünf …
    Als ich die Augen wieder öffne, ist es Sonntagmorgen. Mir ist es noch nie passiert, dass ich nicht weiß, wie ich ins Bett gekommen bin. Ich strecke meine schmerzenden Glieder in alle Himmelsrichtungen. Das Bett neben mir ist leer, auf Pauls Kopfkissen liegt ein Zettel.
    Guten Morgen Langschläferin,
bin beim Arzt, habe einen Bandscheibenvorfall. Ich habe dich gestern Abend ins Bett tragen müssen. Ich weiß, was du jetzt denkst, und es stimmt nicht. Du bist federleicht, zumal Bert mitgeholfen hat. Darum bin ich auch nicht beim Doktor, sondern mit meinem Bruder auf dem Weg zum Spieser. Wir wollen einen Tandemflug machen. Ruh dich schön aus, gegen Mittag sind wir zurück.
Könnten wir uns danach bitte, bitte wieder vertragen?
Ich liebe dich!
    Paul
P. S.: Weißt du, dass du schnarchst? Ich liebe dich trotzdem!
    Ich muss lachen und schiele auf die Uhr. Kurz vor acht. Aus der Küche höre ich gedämpftes Klappern, die gute Vroni ist schon längst am Werkeln. Wegen der verarzteten Füße lasse ich die Dusche ausfallen, begnüge mich mit dem Waschbecken. Eine gut gelaunte Vroni begrüßt mich; ich staune, denn die Zwillinge sind ebenfalls schon aktiv. Sie sitzen in stiller Eintracht am Küchentisch und binden einen Blumenkranz, den sie Anton heute Abend schenken wollen.
    Die Vorstellung, wie Anton mit dem Kranz auf dem Kopf herumstolziert, reizt mein Zwerchfell.
    »Die Männer sind schon um 7 Uhr los, ich soll dich grüßen, Karo. Denk dir, die Kinder haben sogar den Tisch für Paul und Bert gedeckt.«
    Hanni und Nanni nicken eifrig. »Jahaaa, wir waren schon recht fleißig! Paul hat einen tollen Rucksack. Der ist soooo grooß!« Hanni macht eine ausladende Bewegung mit den Armen. Dann kichern sie, kleine Hände flechten weiter an dem Geschenk.
    Vroni grinst. »Das ist kein Rucksack, Kinder, das ist ein Paragleiter. Wisst ihr, die großen Schirme, die ihr gestern am Himmel beobachtet habt.«
    Als Vroni mich bedienen will, deute ich ihr an, sitzen zu bleiben. »Lass nur, ich kenne mich mittlerweile in deinem Reich aus.« Ich gieße mir einen Kaffee ein und setze mich neben die Kinder, die sehr geschickt im Blumenbinden sind.
    »Ist das Paragleiten nicht gefährlich? Ich meine, machst du dir keine Sorgen, wenn Paul und Bert diesen Sport betreiben?«
    »Ach, solange der Gleiter in Ordnung ist, habe ich keine Bedenken. Die beiden springen nur ab, wenn die Wetterbedingungen optimal sind.
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