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Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten
Autoren: Marian Keyes
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Stelle. »Tut mir leid, Kinder«, sagte sie noch einmal. »Entschuldigt bitte.«
    Sie räusperte sich und setzte sich aufrecht hin, ein Hinweis darauf, daß die Sache für sie erledigt war. Das Thema ›Dick der Langweiler‹ eignete sich nicht dazu, vor aller Welt durchgehechelt zu werden.
    Eigentlich schade. Schon immer hatte ich Genaueres über ihn wissen wollen. Ehrlich gesagt, schien er über alle Maßen langweilig zu sein. Das allerdings galt, und ich meine das auf die denkbar wohlwollendste Weise, auch für Hetty selbst.
    Munter fragte sie mich nun: »Und was hat Mrs. Nolan dir vorhergesagt?« Auf diese Weise lenkte sie die letzten verbleibenden Reste von Aufmerksamkeit von sich ab.
    »Mir?« fragte ich gedehnt. »Sie hat gesagt, daß ich heirate.«
    Wieder trat Schweigen ein. Wieder waren alle wie vor den Kopf geschlagen.
    Megans, Meredias und Hettys Ungläubigkeit ließ sich beinahe mit Händen greifen. Es war so, als befände sich eine fünfte Person im Wagen. Wenn sie nicht aufpaßte, würde sie sich noch an den Benzinkosten beteiligen müssen.
    »Tatsächlich?« fragte Hetty. Aus ihrem Munde klang das Wort so, als hätte es sechzehn Silben.
    »Du sollst heiraten?« rief Megan aus. »Das hat sie gesagt?«
    »Ja«, sagte ich trotzig. »Was ist daran so erstaunlich?«
    »Eigentlich nichts«, meinte Meredia freundlich, »abgesehen davon, daß du bei Männern bisher nicht gerade großes Glück hattest.«
    »Was natürlich nicht deine Schuld war«, beeilte sich Hetty taktvoll hinzuzufügen. In Taktfragen machte ihr so schnell niemand etwas vor.
    »Jedenfalls hat sie das gesagt«, entgegnete ich mürrisch.
    So recht fiel ihnen nichts darauf ein, und die Unterhaltung kam erst wieder in Gang, als wir erneut zivilisierte Gefilde erreichten. Ich stieg als erste aus, weil ich nahe dem Hyde Park wohnte, in Ladbroke Grove. Bevor die Tür des Wagens ins Schloß fiel, hörte ich noch, daß Meredia den anderen erklärte, Mrs. Nolan habe gesagt, ihr stehe eine Reise über das Wasser bevor und sie sei selbst übersinnlich begabt.

5
    I ch teilte mir die Wohnung mit zwei anderen jungen Frauen. Karen war achtundzwanzig, Charlotte dreiundzwanzig, und ich sechsundzwanzig. Wir alle waren einander ein schlechtes Vorbild und brachten viel Zeit damit zu, angebrochene Weinflaschen auszutrinken und das Bad nicht gründlich zu putzen.
    Als ich hereinkam, schliefen die beiden schon. Gewöhnlich gingen wir montagabends früh ins Bett, um uns von den Exzessen des Wochenendes zu erholen.
    Karen hatte für mich einen Zettel auf den Küchentisch gelegt, auf dem stand, daß Daniel angerufen hatte. Daniel war ein guter Freund, doch ich hätte mich auch dann nicht näher mit ihm eingelassen, wenn der Fortbestand der Menschheit davon abhängig gewesen wäre. Das vermittelt einen ungefähren Eindruck von der Rolle, die Männer in meinem Leben spielten.
    Sie kamen darin nur in kleinen Dosen vor, sozusagen als Männer light.
    Daniel war wirklich großartig. In meinem Leben kamen und gingen Männer (und wie sie gingen), aber ich konnte mich stets darauf verlassen, daß Daniel da war und mir mit Macho-Sprüchen von der Art auf die Nerven ging, daß ihm ein kürzerer und engerer Rock lieber wäre.
    Er sah auch gar nicht schlecht aus. Jedenfalls hörte ich das von den anderen, eigentlich von all meinen Freundinnen. Sogar mein Freund Dennis, der schwul war, sagte, er würde Daniel nicht einmal dann aus dem Bett werfen, wenn er dort Kartoffelchips futtern würde. Wenn Karen ans Telefon ging und er am Apparat war, machte sie immer ein Gesicht, als hätte sie einen Orgasmus. Manchmal kam Daniel zu uns in die Wohnung. Dann legten sich, sobald er gegangen war, Karen und Charlotte an die Stelle des Sofas, auf der er gesessen hatte, wälzten sich hin und her und gaben ekstatische Laute von sich.
    Ich verstand nicht, was das ganze Getue sollte. Weil Daniel und mein Bruder Chris Freunde waren, kannten wir uns sozusagen aus dem Sandkasten. Ich kannte ihn einfach viel zu gut, als daß ich etwas hätte mit ihm anfangen wollen. Das galt auch umgekehrt, ganz nebenbei.
    Schon möglich, daß es früher einmal eine Zeit gegeben hatte, in der Daniel und ich uns bei einer Platte von Duran Duran verlegen angelächelt und erwogen hatten, miteinander zu knutschen. Das mußte aber ein paar tausend Lichtjahre her sein. Es war aber auch möglich, daß es nicht so war. Jedenfalls konnte ich mich nicht erinnern, je etwas in dieser Richtung für ihn empfunden zu haben. Ich habe
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